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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 5.1905/​1906

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Heft 43
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Das Recht des Künstlers
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Von der Darmstädter Künstler-Kolonie
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Eine Münchener Kunstausstellung in Dublin
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https://doi.org/10.11588/diglit.45527#0599

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Die Werkstatt der Kunst.

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7. Ls ist doch klar, daß der Sachverständige unter
allen Umständen sich der größten Unparteilichkeit zu befleißi-
gen, daß er wahrheitsgemäß sein Gutachten abzugeben hat,
daß er nicht persönlich werden darf, wie nun, wenn das
Gegenteil der Fall?
Daß der Sachverständige wahrheitsgemäß sein
Gutachten abgeben muß, ist eine selbstverständliche
Forderung. Ueberschreitet er offensichtlich die Grenzen
der Objektivität, so macht nicht der Richter, sondern
er selbst sich unter Umständen einer strafbaren
Handlung schuldig. Damit würde nämlich der Sach-
verständige gegen den Eid verstoßen, den er vor
Erstattung des Gutachtens zu leisten hat. Hier schwört
der Sachverständige, daß er das von ihm geforderte
Gutachten unparteiisch und nach bestem Missen
und Gewissen abgeben werde, (ß HIO der Z.P.G.;
ßß s5H, s55, s63 des Str.G.B.) Abgesehen von
diesem strafrechtlichen Moment darf man sagen, daß
ein Sachverständiger, der persönlich und ausfallend
wird, dem Künstler eher nützt als schadet. Denn
ein vernünftiger Richter wird ein derartiges „Gut-
achten" nach Gebühr anzuschlagen wissen.
8. Ist ein Wiederaufnahmeverfahren zulässig, wenn
der Sachverständige oder aber auch der Richter sich nach Auf-
fassung des Klägers einer parteilichen Handlungsweise schul-
dig machen?
Die Wiederaufnahme des Verfahrens findet
statt, wenn durch Beeidigung eines Gutachtens, auf
welches das Urteil begründet ist, der Sachverstän-
dige sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Ver-
letzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat. (H 580
Nr. 3 der Z.P.O.) Das Gesetz fordert also Kausal-
zusammenhang zwischen dem Gutachten und dem Ur-
teil. Das heißt: Das Urteil muß auf Grund des
unrichtig abgegebenen Gutachtens erlassen sein: Ist
das Gutachten zwar falsch, stützt sich aber das Ur-
teil auf andere Gründe, z. B. darauf, daß erwiesener-
maßen das Bid ein Geschenk des Künstlers sein
sollte, so ist gleichwohl die Wiederaufnahme unzu-
lässig. Denn in diesem Falle würde das Urteil das-
selbe sein, auch wenn das Gutachten wahrheits-
getreu erstattet worden wäre. Ferner verlangt das
Gesetz, daß der Sachverständige beeidigt vernommen
wurde. Gründet sich das Urteil auf ein unbeeidigtes
Gutachten — etwa weil die Parteien auf die Be-
eidigung des Sachverständigen verzichtet haben (Z flffO
der Z.P.O.) —, so findet die Wiederaufnahme be-
dauerlicherweise nicht statt.
Hat sich der Richter in Beziehung auf den
Rechtsstreit einer Verletzung seinerAmtspflichten gegen
die Partei schuldig gemacht, so findet nach tz 580
Nr. 5 der Z.P.O. die Wiederaufnahme des Ver-
fahrens statt, sofern diese Verletzung mit einer, im
Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhän-
genden, öffentlichen Strafe bedroht ist. Hat sich aber
der Richter nur eines Disziplinarvergehens,
wie Verletzung des Amtsgeheimnisses, schuldig ge-
macht, so ist damit noch kein Grund für die Wieder-
aufnahme des Verfahrens gegeben. Es gehören
hierher namentlich die Fälle der ßtz 33^, 336, 33ß>,

3^8 des Str.G.B., d. i. Bestechung, Rechtsbeugung,
Mißbrauch der Amtsgewalt u. s. w. Andererseits ge-
nügt hier die Tatsache an sich; der Nachweis des
Kausalzusammenhanges ist nicht erforderlich.
Von äerDarmsläclter Künstler-Kolonie.
Im Laufe des Herbstes oder zu Anfang des
Jahres ss)07 werden folgende Künstler als neue Mit-
glieder in die Kolonie eintreten: Der Architekt Albin
Müller, Lehrer an der Kunstgewerbeschule in Magde-
burg — für Raumkunst; Friedrich Wilhelm Klen-
ke ns, Lehrer an der Akademie für graphische Künste
und Buchgewerbe in Leipzig, einer der Begründer
der Steglitzer Werkstatt — für Flächenknnst; endlich
Ernst Riegel (München), dessen Arbeiten in Edel-
metall rühmlichst bekannt sind — für Kleinkunst.
Gleichzeitig wird unter der Benennung: „Groß-
herzogliche Lehrateliers für angewandte
Kunst" eine höhere Lehranstalt errichtet werden,
an der die neu berufenen Mitglieder lehrend wirken
sollen. Die Anstalt ist nur für besonders begabte
Schüler und Schülerinnen gedacht und wird daher
nur eine beschränkte Anzahl von Schülern aufnehmen.
Der Unterricht wird als Atelier-Unterricht erteilt
werden, wobei sich jeder Schüler einen Hauptlehrer
zu wählen hat. Schülern, die in der Keramik unter-
richtet werden wollen, gibt die Großherzogliche Kera-
mische Manufaktur durch die Persönlichkeit ihres
Leiters, I. I. Scharvogel, die Gewähr für eine
umfassende Ausbildung. Für den Unterricht im Akt-
zeichnen wird beabsichtigt, die Schüler bis auf wei-
teres an den Lehrgängen der bekannten Darmstädter
Kunstschule von Adolf Beyer teilnehmen zu lassen.
Das Modellieren nach dein Akt wird der noch zu
gewinnende Plastiker der Kolonie übernehmen.
Eine Münchener Kunstausstellung
in Dublin.
wie jetzt bekannt wird, hat der Direktor der
Guild Hall Gallery in der Lity von London, Mr.
Temple, der zum Präsidenten der nächstjährigen
Internationalen Ausstellung in Dublin ernannt wor-
den ist, nach Schluß der Münchener Ausstellung in
London mit der Galerie Heinemann in München
die Abmachung getroffen, daß eine ganze Reihe der
in den Grafton Galleries ausgestellt gewesenen Bil-
der als Illustration der Münchener Kunst in Dublin
während der dortigen Ausstellung zur Aufstellung
gelangen sollen. Er hat sich des weiteren dahin
ausgesprochen, daß er geneigt sei, in späterer Zeit
auch eine Loan Exhibition, die der Münchener Kunst
gewidmet sein soll, in der Guild Hall zu veranstal-
ten. Das letztere vor allein bedeutet, der „Allg.
Ztg." zufolge, eine bedeutsame, sozusagen offizielle
Anerkennung der Münchener Knifft hier, da diese
Guild Hall Loan Exhibition mit das wichtigste
Kunstereignis jedes Jahres für London darstellt und
 
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