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Wiegand, Theodor
Bericht ueber die Ausgrabungen in Pergamon 1927 — Berlin, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.1028#0004
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Am 9. September 1878 begannen Carl Humann und Alexander Conze für die Berliner
Museen die Ausgrabungen zu Pergamon, die alsbald zur Entdeckung der großen Reliefs
des Zeusaltars führten. Mit der Klärung des Altarbaues verbanden die Ausgrabungsleiter
die Freilegung der wichtigsten Teile der ganzen Oberburg: des Athenaheiligtums mit der
berühmten Bibliothek, des oberen Marktes und Theaters, des Dionysostempels und des
Trajaneums. Dazu kamen palastartige Wohnbauten mit kostbaren Mosaiken. Die Bergung
der Altertümer, die Aufnahmen der Architekturstücke, der Skulpturen und Inschriften
dauerten an Ort und Stelle bis 1886; im Anschluß daran erfolgten die auch heute noch
fortdauernden Publikationsarbeiten1. Dann wandten sich die Berliner Museen anderen großen
Ausgrabungen zu: Magnesia a. M., Priene, Milet und Samos.

Man hätte danach annehmen können, daß die Aufgabe in Pergamon erschöpft sei.
Das war keineswegs der Fall. Conze drängte immer von neuem auf die Wiederaufnahme
der Grabung. »Unmerklich«, sagte er in seinem Vortrag 'Pro Pergamo' am Winckelmanns-
tag 18972, »scheint sich die "Vorstellung einschleichen zu wollen, als sei das Ziel erreicht.
Dem ist nicht so. Es ginge sonst leicht wie bei Statuenfunden: man nimmt, als das
Ansprechendste, den Kopf und läßt die Körperteile liegen. So sollte es mit Pergamon
nicht gehen.«

Erst im Jahre 1900 gelangte Conze zu seinem Ziel. Das Auswärtige Amt stellte ihm
von da ab für jedes Jahr bis zu seinem im Jahre 1914 erfolgten Tode einen Betrag zur
Verfügung, mit dem er, unterstützt durch Wilhelm Doerpfelds leitende Teilnahme, den
Architekten Dr. Paul Schazmann und viele jüngere Hilfskräfte, immer in der Zeit vom
September bis Anfang Dezember graben konnte.

Die damit beginnende zweite große Epoche pergamenischer Forschung setzte nicht
mehr auf der Hochburg ein, sondern am Fuße des Berges, anfangend mit der Freilegung
des tiefstgelegenen Stadttors und der Aufklärung des Eumenischen Mauergürtels sowie
des unteren Marktes, dann emporsteigend zu dem gewaltigen, auf drei übereinanderliegenden
Terrassen erbauten Gymnasion, dem Demeterheiligtum und dem Heratempel3. Der Verlauf
der vom Madarasgebirge kommenden imposanten Hochdruckleitung und ihr Aufstieg zur
Hochburg wurde völlig geklärt4.

War die Grabung auf der Hochburg der Kopf des Ganzen, so waren nun gewisser-
maßen die Füße gefunden. Es fehlt aber der Mittelkörper. Denn zwischen Carl Humanns
Grabung auf dem Scheitel der Burg und der Grabung Conze-Doerpfelds am unteren Süd-
abhang liegt heute noch ein großes, völlig unerforschtes Gebiet, das sich von Höhe 250
bis zu Höhe 70 m herabsenkt. Nicht einmal der Verlauf der Straßen ist da bekannt. Auch
die ganze nachattalische Stadt in der Ebene mit ihren gewaltigen Römerbauten muß dureh-

1 Es fehlt noch Band V 2 der »Altertümer von Pergamon« (Die Paläste), der in Vorbereitung ist.

2 Gehalten in der Berliner Archäologischen Gesellschaft am 9. Dezember 1897. Sonderdruck: Berlin,
Georg Reimer 1898; Archäol. Anz. 1897, S. 170*?.

3 Alle Ergebnisse wurden sogleich in den Athenischen Mitteilungen bekanntgemacht: 1900/1901 = AM 1902,
1902/03 = AM 1904, 1904/05 = AM 1907, 1906/07 = AM 1908, 1907/08 = AM 1908, 1908/09 = AM 1910,
1910/11 = AM 1912.

4 F. Graeber, Altertümer von Pergamon I 3, Textband, S. 368 ff.
 
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