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Chrlstophe

Der -Almbauer

Von Kaslmkr Tetmajer
Aus dem polnlschen von Stefanla Goldenrlng

endrzej pazdur ging elnes Abends ln dle Berge, wle er es oft tat,-
denn er lievte es, sein Gehöft während der Nacht zu umschleichen. Er
hatte eine ziemltch ausgedehnte Wirtschafi im Dorfe Ztche, — etwa vker-
zehn Scheffel Acker, anderthalb Morgen Wald, eine Anzahl Kühe und
eln pferd . .. Aber das machte ihm kekne Freude. Ihn fteute eine ganz
andere Wirtschafi, dort oben in den Bergen, he!

Es war auch nicht die kleine Herde Schafe, die dort oben kn Malonke
weidete, nekn, die Berge waren es, der Fichtenwald, das Wasser und das
Krummholz auf den grünen Matten.

Die Leute wunderten sich über ihn und hkelten khn für albern, weil er
wenkg über den Acker und über das Bieh redete, nur immer damkt beschäftigt
war, was in dem Ioworowatal und auf den Bergen droben vorgtng.

Iendrzej ging für sich hin und schaute kn die Welt. Die Nacht war hell,
der Mond stieg htnter derKoszyste auf. Es warVollmond. Er beleuchtete
den Wald bei Zolta-Turnta und ftagte den Bauern: .Weshalb kommst
du noch so spät hierher, Iendrek?"

Und dkeser antwortete: „Wekl ich Almbauer bin."

Er stieg hknauf nach dem Zawrat,
in der Richtung der fünf Seen und
dachte: »Du lkeber, mächtiger Gott,
wie mag dort zur Wtnterszett ohne
mich die Wirtschaft gegangen seln? Ob
wohl das Krummholz bel Woloszyn
gewachsen ist?" Das war sein liebstes
Gehöst. Das duftete und funkelte in
der Sonne, wie golden. . .

Er legte stch einen Augenblick auf
den Boden nieder und schlummerte
ein. 2hm träumte, daß rings um
thn alles, alles grün werde, wle im
Frühling, wenn die Erde sich zu fteuen
beginnt.

Er erwachte. Ein kühler Morgen-
wind streifte ihn. Die Nacht wich lang-
sam zurück, nur in Koscielce unter der
Firm lag noch ein dichter Schatten.

Iendre? stand auf, rieb die Augen mkt
Schnee, haute Stufen Lns Eis auf
dem Wege zur Höhe und langte end-
lich oben an.

Es dämmerte. Er schaute: Die
Bergspttzen drangen durch den Nebel,
und es schimmerte rosig-weiß über dem
Eismeer. Ein Lichtstreifen trat her-
vor, wie der Nand eines weißenHutes.

Und wie Iendrek länger hinsah, schien
sich jenes Licht gleich weißen Wölkchen
zu bewegen. Die Sonne tauchte her-

vor, naßfeucht, als hätte fie fich im Tal beneht,- hinter dem Kamm floß fie
hervor und ftagte: »Warum kamst du so ftüh hierher, Iendrek?'

Und er antwortete ihr: ,Weil ich der Almbauer bkn/

Dann schlug er dle Richtung nach den fünf Seen etn. Er kam
lekchter vorwärts als nach dem Zawrat, denn vom Süden her war
der Schnee schon geschmolzen, nur hier und da lag er noch auf dem
Wege,- behend lief er zu dem Pod-Kolem-See hinab .. . Der war zu-
geftoren.

, Hier habe lch nkchts zu suchen!" dachte Iendrzej. »Mag das Ets
selber wirtschaften, wenn es so dickköpfig ist."

Er schaute weiter aus. He! Zwischen den Felsen dunkelte schwarz der

dunkle See.

.,Du lieber, lteber See!" rief Iendrze), ,Bist du es?"

Und das Wasser rauschte chm zu: »2ch grüße dich, Almbauer! Warst
lange nicht mehr hier!"

»Wie hast du denn geschlummert unter dem Eise?" rief Iendrzej.

Und der See erzählte: »Gut! Mir träumte, daß alles ringsumher ein

grünes Kletd anlegt."

„Ei, auch ich träumte davon I" sagte
Iendrzej. ,Und freust du dtch nkcht, daß
du den Himmel wieder sehen kannst?"

,O, und wie sehrl Das tst ja für
mtch dte allerschönste Blumeft sagte
der See.

So plauderten fie mitetnander.
Iendrzej schaute umher. Es war Tag
geworden, der Htmmel war hell. Und
wie er horchte, ging ekn Rauschen über
das Krummholz. Der Wind wehte
wärmer.

„Schnee wird herunterfallen/
dachte Iendrze).

So seltsam spkelte es vom Grat
herunter, daß Iendrzejs Kehle fich
tmmer ftster zusammenpreßte und Trä-
nen khm !n dte Augen traten.

Er streckte die Arme gen Woloszyn
aus und rief: „He, du mein liebes
Gehöst, du einzig schönesl" Er blickte
auf den großen See, auf den zweiten
davor und wunderte sich wie groß
auch dieser war. Uber thm sauste der
Wasserfall, die Siklawa, dke brau-
send zum Rostakatal dahinstürmte,
die Bäche flossen hurtig von Woloszyn,
ein Singen begleitete sie, wie Glocken-
geläute.

„Wasserhabe ich nungenug/sagteer.

Holzschnitzerei

Lhristophe

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