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Wilpert, Joseph
Die gottgeweihten Jungfrauen in den ersten Jahrhunderten der Kirche: nach den patristischen Quellen und den Grabdenkmälern dargestellt — Freiburg /​ Brsg., 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.19587#0036
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Erster Theil. Stand der gottgeweihten Jungfrauen.

die mitra dasselbe, was bei anderen das velum, bedeutet. Die letzten Worte zeigen
indes, dass die mitra eine von dem Schleier der Verheirateten verschiedene Form
hatte; worin diese Yerschiedenheit aber bestand, ist nicht ersichtlich.
Die eben angeführte Stelle ist noch aus anderen Gründen sehr bemerkens-
werth. Wir erfahren aus ihr, dass man die mitra mit Purpur zu verzieren
pflegte. Aehnlich geschmückte Schleier werden uns häufig auf den Monu-
menten der Katakomben begegnen. Die Purpurverzierung besteht in der Regel
aus zwei Streifen oder gleich vielen Kreisornamenten (calliculae), welche an den
beiden Enden des Schleiers angebracht sind. — Optatus sagt uns sodann, dass
die virgines Bei mit aufgelöstem Haar die mitra (den Schleier) in Empfang
nahmen. Diese Sitte scheint sich nur auf seine Heimat beschränkt zu haben; bei
Ambrosius und den übrigen gleichzeitigen Schriftstellern Italiens findet sich von
ihr keine Spur. Aber selbst in Afrika war sie wohl nicht überall, sicher nicht
immer im Gebrauch; denn Tertullian kennt sie nicht, ja zu seiner Zeit wurde
dort in einigen Gegenden die Gelübdeablegung der Jungfrauen ohne Uebergäbe
des Schleiers vorgenommen, gingen letztere unverschleiert einher. Gerade an
diese Sitte knüpft sich die Veranlassung, der wir den Uber de velandis virginibus
verdanken. Es fielen nämlich irgendwo Misshelligkeiten und Reibungen zwischen
den Verschleierten und Unverschleierten vor. Um durch Gleichförmigkeit im äussern
Erscheinen für die Zukunft jeder Klage vorzubeugen, scheint der Bischof des be-
treffenden Districtes den Jungfrauen das Tragen des Schleiers untersagt zu haben..
Gegen diesen erhebt sich Tertullian, sucht die absolute Notwendigkeit des Schleiers
zu beweisen und bekämpft die gegentheilige Gewohnheit in seinem montanistischen
Rigorismus bis zur Lächerlichkeit; diejenigen, welche den Schleier trugen, nennt er
unter anderem: virgines bonae, virgines Bei; die Unverschleierten dagegen: virgines
malae, virgines hominum, capita nundinaticia; er geht sogar so weit, dass er nur
die Wahl zwischen dem Schleier und der Schande lässt: „aut tegi aut prostitui'M 1
per vos exacta est seeunda professio ? quis est alter spiritalis sponsus cui Herum nuberent . . . ? nudastis
denuo capita iam velata, de quibus professionis detraxistis indicia, quae contra raptores aut petitores
videntur inventa. Die Kopfbinde kam erst mit dem Abschneiden der Haare auf; erst da gingen die Jung-
frauen ligato pariter et velato capite (Hieron., Ep. 147 col. 1199).
1 Tertull., De vel. virgg. c. III col. 892: Ambiunt virgines hominum adversus virgines Dei, nuda
plane fronte in temerariam audaciam excitatae. . . Scandalizamur, inquiunt, quia aliter aliae incedunt: et
malunt scandalizari quam provocari. Scandalum, nisi fallor, non bonae rei, sed malae exemplum est,
aedificans ad delictum. Bonae res neminem scandalizant, nisi malam mentem. . . Cur non magis hae
querantur scandalo sibi esse petulantiam, impudentiam ostentatitiae virginitatis ? Propter eiusmodi igitur
capita nundinatitia, trahantur virgines sanctae in Ecclesiam, erubescentea quod cognoscantur in medio,
paventes quod detegantur. . . O sacrilegae manus, quae dicatum Deo habitum detrahere potuerunt! Quid
peius aliquis persecutor fecisset, si hoc a virgine electum cognovisset? Denudasti puellam a capite, et
tota iam virgo sibi non est: alia est facta. Exsurge igitur, veritas, exsurge, et quasi de patientia erumpe:
nullam volo consuetudinem defendas. . . Te esse demonstra quae virgines tegis. Die von Tertullian in
 
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