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Wilpert, Joseph [Editor]
Die Malereien der Katakomben Roms (Text): Die Malereien der Katakomben Roms — Freiburg i.Br., 1903

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https://doi.org/10.11588/diglit.1340#0155
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Die Chronologie der Katakombenmalereien. i 3 5

Jahre oder Jahrzehnte älter sind, so enthalten sie doch schon viele Elemente, welche
die Werke des 5. und 6. Jahrhunderts kennzeichnen. Die Figur des Liberius zumal
zeigt in der Behandlung- der Haare mit den Heiligengestalten aus Ponziano eine solche
Verwandschaft, dass ihr nur der Nimbus fehlt, um in das vorgeschrittene 5. oder in
das 6. Jahrhundert verwiesen zu werden.

Die in diesem Kapitel niedergelegten Ausführungen zeigen, mit welchen Mitteln
es mir möglich wurde, die Chronologie der Katakombengemälde auf einer festen Grund-
lage aufzubauen. Schwierigkeiten fand ich nur bei Werken, die dem ausgehenden
3. und der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts angehören und kein ausgesprochen sicheres
Merkmal an sich tragen. Die Unbeholfenheit der nach Gallienus (253-268) geprägten
Münzen und der Reliefs des konstantinischen Triumphbogens, welche einen Schluss auf
den Stand der übrigen Kunstzweige jener Zeit erlaubt, wird es begreiflich machen,
warum ich, vornehmlich aus lokalen Rücksichten, einige sehr unvollkommene Bilder
in die zweite Hälfte oder das Ende des 3. Jahrhunderts hinaufgerückt habe. In An-
betracht der grossen Zahl von Malereien, die in das 4. Jahrhundert verwiesen wurden,
war ich versucht, noch einige andere in das Ende des 3. Jahrhunderts zu datiren. Da
es aber auch möglich ist, dass dieselben der konstantinischen Periode angehören, so
habe ich die Wahl zwischen den beiden Zeitangaben offen gelassen. Von dieser
Ungewissheit und jenen Schwierigkeiten abgesehen, standen sonst so viele Kriterien zu
Gebote, dass die Datirung mit aller Sicherheit vorgenommen werden konnte.

Die unverhältnissmässig grosse Zahl der dem 4. Jahrhundert zugefallenen Ma-
lereien erklärt sich übrigens, wie schon oben (S. 13) gesagt wurde, sowohl aus dem
ungewöhnlichen Zuwachs, den das Christenthum in Rom nach seinem Triumph über
die Staatsreligion erhielt, als auch aus der vermehrten Zahl der Künstler, welche eine
naturgemässe Folge der von dem Kaiser Konstantin den Kunstjüngern in Aussicht
gestellten Vergünstigungen war. Wenn das numerische Missverhältniss der den ein-
zelnen Jahrhunderten zugeschriebenen Malereien noch irgend welchen Zweifel an der
Richtigkeit der von mir aufgestellten Chronologie erregen sollte, so wird derselbe durch
eine Prüfung der Domitillakatakombe, die durch ihren Reichthum an Fresken alle
andern übertrifft, vollständig beseitigt. Hier befinden sich die aus dem 1., 2. und
3. Jahrhundert stammenden Theile vornehmlich in dem zweiten Stockwerk; das erste
Stockwerk wurde, mit Ausnahme der Ampliatusgruft und der zu dieser führenden Haupt-
gallerie mit ihren benachbarten Monumenten, im 4. Jahrhundert angelegt. Während
man nun in den älteren Regionen lange Strecken durchwandern muss, bis man einem
Gemälde begegnet, sind in den der Friedensperiode angehörigen Theilen die mit Ma-
lereien ausgestatteten Monumente an zwei Stellen zu Gruppen von zehn vereinigt.
Daher begreift es sich, dass in dieser Nekropole die Fresken des 4. Jahrhunderts die-
jenigen der vorausgehenden Zeit wenigstens um das Dreifache überragen Mehr oder
minder ähnlich gestaltet sich das Verhältniss auch in den übrigen Katakomben; am
günstigsten ist es in Prätextat und Priscilla, wo die Malereien aus den drei ersten
Jahrhunderten ebenso zahlreich wie diejenigen aus der Periode des Friendens sind.
 
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