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GOETHE:

SCHILDERUNG WIN C K EL M A N N S

einmal lebhaft und vertraulich zu freuen: solche
Lockungen tönten in seinem Herzen, in seiner Ein-
bildungskraft wider, mit solchen Bildern hatte er sich
lange beschäftigt, lange gespielt, bis er zuletzt un-
glücklicherweise diesem Trieb gelegentlich folgt und
so in seinen Tod geht.

Schon war er mit Leib und Seele dem italienischen
Zustand gewidmet, jeder andere schien ihm uner-
träglich, und wenn ihn der frühere Hineinweg durch
das bergichte und feisichte Tirol interessiert, ja ent-
zückt hatte, so fühlte er sich auf dem Rückwege in
sein Vaterland wie durch eine kimmerische Pforte
hindurchgeschleppt, beängstet und mit der Unmög-
lichkeit, seinen Weg fortzusetzen, behaftet.

HINGANG

So war er denn auf der höchsten Stufe des Glücks,
das er sich nur hätte wünschen dürfen, der Welt ver-
schwunden. Ihn erwartete sein Vaterland, ihm streck-
ten seine Freunde die Arme entgegen, alle Äuße-
rungen der Liebe, deren er so sehr bedurfte, alle Zeug-
nisse der öffentlichen Achtung, auf die er so viel Wert
legte, warteten seiner Erscheinung, um ihn zu über-
häufen. Und in diesem Sinne dürfen wir ihn wohl
glücklich preisen, daß er von dem Gipfel des mensch-
lichen Daseins zu den Seligen emporgestiegen, daß
ein kurzer Schrecken, ein schneller Schmerz ihn von
den Lebendigen hinweggenommen. Die Gebrechen
des Alters, die Abnahme der Geisteskräfte hat er
nicht empfunden, die Zerstreuung der Kunstschätze,

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