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GEDANKEN ÜBER DIE NACHAHMUNG
DER GRIECHISCHEN WERKE IN DER
MALEREI UND BILDHAUERKUNST

DER gute Geschmack, welcher sich mehr und
mehr durch die Welt ausbreitet, hat sich an-
gefangen zuerst unter dem griechischen Himmel zu
bilden. Alle Erfindungen fremder Völker kamen
gleichsam nur als der erste Same nach Griechenland
und nahmen eine andere Natur und Gestalt an in
dem Lande, welches Minerva, sagt man, vor allen
Ländern, wegen der gemäßigten Jahreszeiten, die sie
hier angetroffen, den Griechen zur Wohnung ange-
wiesen, als ein Land, welches kluge Köpfe hervor-
bringen würde.

Der Geschmack, den diese Nation ihren Werken
gegeben hat, ist ihr eigen geblieben; er hat sich sel-
ten weit von Griechenland entfernt, ohne etwas zu
verlieren, und unter entlegenen Himmelsstrichen ist
er spät bekannt geworden. Er war ohne Zweifel
ganz und gar fremd unter einem nordischen Him-
mel, zu der Zeit, da die beiden Künste, deren große
Lehrer die Griechen sind, wenig Verehrer fanden;
zu der Zeit, da die verehrungswürdigsten Stücke des
Correggio im königlichen Stalle zu Stockholm vor die
Fenster, zur Bedeckung derselben, gehängt waren.
Und man muß gestehen, daß die Regierung des gro-
ßen August der eigentliche glückliche Zeitpunkt
ist, in welchem die Künste, als eine fremde Kolonie,
in Sachsen eingeführt worden. Unter seinem Nach-
folger, dem deutschen Titus, sind dieselben diesem

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