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WINCKELMANNS KLEINE SCHRIFTEN

Bethlehem natürlicherweise sein muß, eine schöne
Ordnung, ohne Verwirrung zu beobachten.
Es läßt sich auch außer der Kunst sehr viel bei
diesem Werke denken. Wut und Mitleiden, Liebe
und Verzweifelung streiten in den Gesichtern der
Mörder und der Mütter. Dieses Stück ist eins der
größten auf der Galerie.

Seine Madonna mit dem Kinde, dem Joseph und
vielen spielenden Engeln verdienet unter die ersten
Stücke gesetzet zu werden. Es ist groß und mit einer
herrlichen Landschaft gezieret.
Man hat zu bemerken bei dieser Landschaft, in
Vergleichung mit denjenigen, welche von alten
welschen Malern in ihren Werken angebracht
sind, wie die Kunst in diesem Stücke gestiegen. Man
kann diesen Vorzug einer mehreren Aufmerksamkeit
auf die Natur in neuern Zeiten — ich rede nicht von
den alten Griechen und Römern —zuschreiben, wie
Claude Lorrain der Landschaftmaler getan, der
seine Gegenden von Anbruch des Tages bis am
Abend betrachtet. Vornehmlich aber ist die Kunst
in diesem Teile vollkommener worden, nachdem
teils die Schönheiten anderer Länder den Welschen
bekannter zu werden angefangen, teils aber nachdem
durch Vermischung der Geschlechter von Tieren
vollkommenere Arten hervorgebracht worden.
Es ist bekannt und auch begreiflich, daß in warmen
Ländern die Bäume nicht so häufiges und schönes
Laub haben, als in mäßigen Gegenden. Die welschen
Maler haben also aus den Landschaften der nieder-
ländischen Maler . . .
 
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