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Winckelmann, Johann Joachim; Borbein, Adolf Heinrich [Editor]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Editor]; Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Winckelmann-Gesellschaft [Editor]; Balensiefen, Lilian [Contr.]
Schriften und Nachlaß (Band 6,2): Monumenti antichi inediti spiegati ed illustrati: Roma 1767; Kommentar — [Darmstadt]: von Zabern, 2014

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Volume Primo: A sua Emmineza, Indicazione. Prefazione, Trattato preliminare. Kommentar
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https://doi.org/10.11588/diglit.58930#0055
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Prefazione [Vorrede des Verfassers] · Kommentar

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aufeiner Andern eben dieses Kaisers den Horatius Codes, wie er über die Tiber schwimmt (Venuti num. Alb. Vatic. tab. 23.). Aus
eben diesem Grunde und wegen des Wunderbaren, welches in der Erzählung von dem Schiffe liegt, in welchem das Bildnißder Cybele
von Pessinus nach Ostia gebracht wurde und welches, da es auf keine Art und Weise in die Mündung des Flusses einlaufen konnte,
um nach Rom gebracht zu werden, von der Vestalin Claudia mit ihrem Gürtel hinein gezogen wurde; wegen dieses Wunderbaren,
sage ich, und wegen des mythologischen Bildes muß man glauben, daß diese Begebenheit auf einer Schaumünze der Faustina, der
Gemahlin des Antoninus Pius (Venuti tab. 27) undaufzweyen Marmorwerken abgebildet sey, wovon das Eine im Pallaste Colonna,
das Andere im Museo capitolino, befindlich ist. Ich kann mich daher nicht überzeugen, daß eine andere Schaumünze, die weder ich
selbst, noch Derjenige, der uns Nachricht davon giebt, gesehen hat (Vaillant. I. c. p. 133.), eine Arbeit älterer Zeiten sey. Diesem
Schrifisteller zufolge war aufder Rückseite derselben aufder einen Hälfe das Bildniß des Marcus Coriolanus an der Spize der Arme
und im Begriff, gegen sein eignes Vaterland zu fechten; auf der andern Hälfe aber seine Mutter und Gattin, die ihm mit ihren
Kindern entgegen kamen; so wie es auch in einem Gruppo in der Villa Borghese Niemand, der ihn gesehen hat, den eben erwähnten
berühmten Römer, von seiner Gattin begleitet, erkennen wird, wie Jakob Gronovius darin zu sehen glaubt (Thesaur. antiquitat.
graecar. tab. 78.). Auch beweiset das alte GemähIde gegen meine Meinung Nichts, das sich in den Bädern des Titus erhalten hat und
auf welchem man dieselbe Geschichte, wie auf der eben genannten Schaumünze, vorgestellt zu seyn glaubt (Bartoli admir. ant. tab.
83). Denn ausserdem, daß der Kupferstich ganz von dem Gemälde verschieden ist, findet sich auf diesem eine Begebenheit abgebildet,
die in einem eingeschlossenen Orte vorgefallen ist, welches doch bey der Unterredung des Coriolanus mit seiner Mutter und Gattin,
die auf offenem Felde gehalten wurde, nicht statt finden kann. Man muß daher dieses Gemälde vielmehr aufden Hector und die
Andromache beziehen, umsomehr, da die weibliche Figur, welche mit dem angeblichen Coriolanus spricht, nicht bejahrt, wie sie auf
dem Kupferstiche erscheint, sondern noch jung ist.
Weit größer ist die Anzahl der geschnittenen Steine, als die der Münzen, auf welch en Gegenstände aus der römischen Geschichte
eingeschnitten sind. Allein auch diese beschäfiigen sich bloß mit der allerältesten Geschichte, die, wie ich schon gesagt habe, mit der
Fabellehre zusammen hängt, und sind folglich meinem Systeme ebenfalls nicht zuwider; wohin unter Andern auch Diejenigen gehören,
auf welchen Mucius Scävola erscheint, wie er die rechte Hand ins Feuer hält (Descript. des pierr. grav. du cab. de Stosch p. 433.)
wiewohl ich übrigens bemerkt habe, daß die geschnittenen Steine, auf welch en man die eben erwähnte Geschichte vorgestellt sieht und
welche man für die Bessern ausgiebt (Mus. Flor, gern T. 2), Arbeiten unserer Zeiten und, um Andere damit zu betrügen, gemacht
sind; welche Bedenklichkeit uns überdem bey so vielen andern geschnittenen Steinen aus dieser Classe aufstoßen kann.
Noch könnte man gegen meine Meinung zwey Schilde anführen, die man für Angelobte ausgiebt und die zu denen gehören,
welche man auf einigen Münzen der Kaiser geprägt sieht. AufBey den soll die Enthaltsamkeit des Scipo ausgedrückt seyn. Allein
wenigstens der Eine, den Dodwell so sehr empfiehlt (Dodwelli deparma equestri Woodward; disspertatio.), ist neu, welches auch
schon andere Kenner vor mir bemerkt haben (De Boze dans le dissertat. de Melot an la prise de Romepar les Gaulois, p. 26). Der
Zweyte, der im Kabinette des Königs von Frankreich befindlich und noch berühmter als der Erste ist, ist unstreitig wirklich alt.
Allein wer steht denn dafür, daß auf demselben auch in der That die Enthaltsamkeit des Scipio vorgestellt und er zu den Zeiten
des Scipio selbst verfertigt worden sey, wie Spon (Spon. recherch. d’ antiq. diss. I.) und Viele nach ihm, behaupten (Histoire de
l’Academie des inscript. T. 9. p. 154.)? Die Hauptfigur, die darauf erhoben gearbeitet ist, ist zur Hälfe von oben nackend, ein
anderer Krieger aber ganz nackend. Das Ganze ist so angeordnet, daß, wenn ich nicht irre, man weit schicklicher annehmen
kann, daß aufdiesem Werke statt des Scipio, Briseis abgebildet ist, wie sie dem Achilles wieder zugestellt wird und dieser sich mit
dem Agamemnon wieder aussöhnt.
Ohne indessen noch mehrere Bey spiele anzuführen, erstreckt sich der Nutzen dieses Grundsatzes auch auf die Allegorie, welche
nach der von mir angegebenen Methode mit vielen Bildern bereichert [XIV] werden würde. Ich will darunter nur Dasjenige an-
führen, wodurch die brüderliche Liebe und zugleich die Übereinstimmung des Charakters unter Blutsverwandten angedeutet wird.
Das Symbol der Idee dieser Eigenschafi sieht man auf einer sehr seltenen Schaumünze der Stadt Philadelphia mit dem Bildnisse
des Kaisers Trajanus Decius (Vaillant num. mus. de Camps, p. 37.). Es befinden sich nemlich drey Figuren darauf, wovon die Eine
die Iphigenia vorstellt, welche das Bildnißder Diana aus dem Tempel der Göttin, der ebenfalls darauf angedeutet ist, wegträgt; die
beyden andern Figuren aber sind Orestes und Pylades. Das Bild selbst wird auf eben dieser Münze durch die Inschrift: ΟΜΟΝΟΙΑ,
Concordia, d. i. Uebereinstimmung der Gedanken und des Willens, erklärt. Es spielt auf den Namen der Philadelphia an, welcher
Liebe zwischen Brüdern und Schwestern bedeutet. Diese Rückseite der gedachten Münze ist übrigens, soviel ich weiß, noch von
Niemanden erklärt worden, selbst von Demjenigen nicht, der sie bekannt gemacht hat.
Ich verlange indessen nicht, daß man blos wegen dessen, was ich hier gesagt habe, mein System annehme; sondern ich verweise
meine Leserauch auf Dasjenige, was ich bey Gelegenheit der Erklärung der Denkmähler, die ich in diesem Werke vorlege, darüber
noch bey bringen werde. Nachdem ich nun Dasjenige vorangeschickt habe, was ich für nothwendig hielt, um den Leser von meinen
Beweggründen zur Herausgabe dieses Werkes, von den darin enthaltenen Denkmählern und von meiner Methode bey Erklärung
 
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