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Winckelmann, Johann Joachim; Borbein, Adolf Heinrich [Editor]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Editor]; Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Winckelmann-Gesellschaft [Editor]; Balensiefen, Lilian [Contr.]
Schriften und Nachlaß (Band 6,2): Monumenti antichi inediti spiegati ed illustrati: Roma 1767; Kommentar — [Darmstadt]: von Zabern, 2014

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Volume Secondo: Parte Prima della Mitologia sacra. Sezione II. della Deità in particolare. Kommentar
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https://doi.org/10.11588/diglit.58930#0280
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Kommentare zu S. 150-292

Hier ist er nun gleichsam laurend, mit einem Knie zur Erde, und mit einem Helm in den Händen; vielleicht in Bezug auf sein
unruhiges Naturell, und um jenen andern Amor, der Anteros hieß, und für einen Sohn des Mars gehalten ward (Cicero de nat. deor.
III, c. 23.), vorzustellen.
Auch liesse sich auf diese Abbildung an wenden, was Platon (Sympos. p. 182 l. 3.) sagt: daß von den beiden Amors der böse die
Unordnungen der Jahreszeiten und der Witterungen verursache, wodurch die Früchte der Erde und die Arbeiten ihrer Bebauer zerstört
würden. Gleichwol heisst er bey einem ungenanten Dichter Rure natus (Pervigil. Vener. v. 138.), und Tibull sagt:
- inter agros interque armenta Cupido.
Eleg. II, l. V. 67.
201,17-18 gemma alNum. 34: MITextS. 198 Abb. 34; Gemme mit Amor und Psyche, nicht nachgewiesen. Da W. keinen
Besitzer nennt, kannte er das Stück wohl nur aus der Abbildung. Diese gibt entweder eine Fälschung nach einem mißverstan-
denen antiken Vorbild wieder oder sie selbst entstellt das Vorbild grob. Als Vorbild diente wohl eine Sardonyx-Gemme in St.
Petersburg, Ermitage, die zeigt, wie der kniende Amor Psyche eine Fußfessel anlegt, während diese sich auf eine Hacke stützt.
Ähnlich ist auch der antike Glaskameo in Berlin, Antikensammlung FG 11172.
Lit.: Furtwängler, Antike Gemmen S. 260-261 Nr. 12Taf. 57,12 (mit Bezug aufW.); LIMC VII (1994) S. 578Nr. 113 (Gemme St. Petersburg) Taf. 453
s.v. Psyche (Noelle Icard-Gianolio); Furtwängler, Antiquarium S. 348 Nr. 11172 (Glaskameo Berlin).
201,20 mit Anm. 1 secondo Musonio appresso Stobeo: In der 11. Diatribe, die sich der Frage widmet, welche Art des
Lebensunterhaltes für einen Philosophen angemessen sei, kommt der sog. ,Römische Sokrates1 Gaius Musonius Rufus (um
30-100 n. Chr.), der in griech. Sprache schrieb, zu dem Schluß, die landwirtschaftlichen Arbeiten gefielen ihm am besten,
da sie der Seele am meisten Muße für Studium und Fragen der ,paideia‘ (d. h. der ethischen Erziehung und Bildung) ließen
(Muson. 11; C. Musoni Rufi reliquiae, hrsg. von Otto Hense, Leipzig 1905 S. 58; Armand Jagu [Hrsg.], Gaius Musonius
Rufus. Entretiens et fragments, introd., trad. et commentaire, Hildesheim, New York 1979 S. 58 [frz. Übers.]). Eine ganz
ähnliche Auffassung vertritt auch Cicero (Cic. off. 1,151 [42]).
201.22- 23 mit Anm. 2 Dopo il Caos... nacque insieme con la Terra, l’Amore: In den „Vögeln” des Aristophanes (Aristoph.
Av. 697-704) erzählt der Chor die ,Theogonie der Vögef. Die dort vorgetragene Version vom Ursprung der Götter und der
Welt dürfte dem Publikum aus Hesiods „Theogonie“ vertraut gewesen sein. In Aristoph. Av. 697-698 wird erzählt: Am Anfang
brütete die Nacht das uranfängliche Windei, „und diesem entkroch in der Zeit Umlauf der verlangenentzündende Eros / An
den Schultern von goldenen Flügeln umstrahlt und behend wie die wirbelnde Windsbraut.“ In der folgenden Passage (Aristoph.
Av. 700-702) hat der Chor die letzten Stufen der Theogonie erreicht und kann beweisen, daß die Vögel die ältesten Götter
sind: „Noch war das Geschlecht der Unsterblichen nicht, bis er [sc. Eros] / alles in Liebe vermischte. / Wie sich eins mit dem
andern dann paarte, da ward der / Okeanos, Himmel und Erde.“ (Übers.: Ludwig Seeger). Aus dem von Eros produzierten
Gemisch, das W ,Chaos‘ nennt, entstehen der ganze Kosmos und danach die Götter. Diese Version von Eros als kreativer Kraft,
die alles in einem Wirbel (δίνη) zusammenmischt, aus dem die Welt ensteht, ist der Kosmogonie des Empedokles (Emp. fr.
B 35; Diels - Kranz I S. 326-328) entlehnt.
201.23- 25 mit Anm. 3-4 il quäle ... eportato a suscitar turbolenze ... descrive Aristofane: In der Suda s.v. Δίκελλα (ed.
Adler II S. 96, nicht s. v. Σαπφώ) wird die zweizinkige Hacke, auf die sich in MITextS. 198 Abb. 34 Psyche stützt, den friedlich
pflügenden Ochsen zugewiesen und den Schwertern der Reiterei entgegengesetzt. Während Psyche also als friedlich charakterisiert
wird, wird Eros/Amor im Gegensatz dazu von bei Aristophanes (Aristoph. Av. 702) mit Turbulenzen in Verbindung gebracht;
s. hierzu Komm, zu 201,22-23. Tibull (Tib. 1,3,64) schildert ihn unter Verwendung von kriegerischem Vokabular; s. Komm,
zu 201,26-27.
201,26-27 et assiduepraelia miscet amor: „[...] und Amor dabei ständig Gefechte besteht“ heißt es bei Tibull (Tib. 1,3,64;
Übers: Wilhelm Willige).
Lit.: Tibullus I. A commentary on the First Book of the Elegies of Albius Tibullus, hrsg. von Paul Murgatroyd, Pietermaritzburg 1980 S. 119 (mit Erläu-
terung und Parallelstellen zum militärischen Vokabular).
201,28-29 mit Anm. 5 sua natura inquieta... Anterote ...figlio di Marte: Cicero (Cic. nat. deor. 3,60 [23]) unterscheidet
drei Eroten: „Der erste Cupido wird als der Sohn des Merkur und der ersten Diana angesehen; der zweite als der Sohn des
Merkur und der zweiten Venus, der dritte, der mit Anteros identisch ist, als Sohn des Mars und der dritten Venus.“ (Übers.:
Wolfgang Gerlach, Karl Bayer). Anteros entwickelte sich von einer abstrakten philosophischen Konzeption (z.B. bei Plat. Phaidr.
255d) zunehmend zu einer personalisierten, eigenständigen Gottheit, für die Altäre errichtet wurden (Paus. 1,30,1; 6,23,3).

202 Num. 35: s. Komm, zu 203,16.
 
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