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Windelband, Wilhelm
Geschichte und Naturwissenschaft: Rede zum Antritt des Rectorats der Kaiser-Wilhelms-Universität Strassburg, geh. am 1. Mai 1894 — Strassburg, 1894

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https://doi.org/10.11588/diglit.20767#0009
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Es ist ein wertvolles Vorrecht des Rektors, dass er am
Stiftungsfeste der Universität das Ohr ihrer Gäste und ihrer
Mitglieder für einen Gegenstand aus dem Umkreise der von
ihm vertretenen Wissenschaft in Anspruch nehmen darf:
die Pflicht aber, welche diesem Recht entspricht, verwickelt,
den Philosophen in ganz besondere Bedenken. Freilich
ist es für ihn verhältnismässig leicht ein Thema zu finden,
das mit Sicherheit auf allgemeines Interesse rechnen kann.
Aber dieser Vorteil wird bedeutend durch die Schwierig-
keiten überwogen, welche die Eigenart der philosophischen
Untersuchungsweise mit sich bringt. Alle wissenschaftliche
Arbeit ist darauf gerichtet, ihren besonderen Gegenstand in
einen weiteren Kreis zu rücken und die einzelne Frage aus
-allgemeineren Gesichtspunkten zu entscheiden. Soweit steht
es mit der Philosophie nicht anders als mit den übrigen
Wissenschaften: aber während die letzteren mit einer für
die Spezialforschung genügenden Zuverlässigkeit solche Prin-
zipien als fest und gegeben behandeln dürfen, ist es für die
Philosophie wesentlich, dass ihr eigentliches Untersuchungs-
objekt eben die Prinzipien selbst sind, dass sie also ihre
Entscheidungen nicht aus einem Allgemeineren ableiten kann,
sondern jedesmal im Allgemeinsten selber zu bestimmen hat.
Für die Philosophie gibt es streng genommen überhaupt
keine Spezialuntersuchung; jedes ihrer Sonderprobleme dehnt
seine Linien von selbst in die höchsten und letzten Fragen
 
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