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Kriüfche oder genetische Methode?

Seit Kant in der Kritik der reinen Vernunft, welche
bekanntlich nicht sowohl ein System der Philosophie als
vielmehr ein „Traktat von der Methode" sein wollte, dem
Psychologismus seiner Zeitgenossen eine neue Aufsassung
von der Aufgabe und der Erkenntnisweise der Philosophie
entgegenzustellen suchte, ist die Frage nach dem Wesen ihrer
Methode nicht wieder von der Tagesordnung der Philo-
sophie verschwunden, und es ist dies um so mehr begreif-
lich, als die Entscheidung dieser Frage zugleich diejenige
über die Stellung ist, welche man in der Philosophie oder
ihr gegennber einnimmt.

Jm Jnteresse dieser Entscheidung ist es zu beklagen,
daß Kant's eigene Lehre mit der ganzen Schwierigkeit
ihrer Probleme, mit der großen Elastizität ihrer Dar-
stellung, mit der äußerst komplizierten Verarbeitung man-
nigfacher, zum Teil antagonistischer Gedankengänge, mit
der Unsicherheit ihrer im Werden begriffenen Terminologie
nicht so eindeutig und scharf bestimmt aufgetreten ist,
daß der Begriff der kritischen Methode, die er zu schaffen
beabsichtigte, mit selbstverständlicher Klarheit gegen jedes
Mißverständnis geschützt gewesen und als historische Tat-
sache zweifellos hinzustellen wäre. Das Neue, das er
brachte, war in das Alte eingewickelt; es war nicht aus-
geschlossen, daß man in seine Lehre einerseits den alten
Empirismus und andererseits den alten Rationalismus
hineindeutete, und daß so sein neues Prinzip zwischcn zwei
Stühle geriet.

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