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Wischermann, Heinfried; Feist, Joachim
Romanik in Baden-Württemberg — Stuttgart: Konrad Theiss Verlag, 1987

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https://doi.org/10.11588/diglit.63463#0034
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Schwabens und die Bürger von Ulm Berthold I. (1079-
1090), einen Sohn des päpstlich gesinnten Rudolf von
Rheinfelden, zum Herzog. 1080 kämpfen die Staufer mit
Heinrich IV. gegen Rudolf von Rheinfelden, der nach der
Schlacht an der Elster stirbt.
Die wichtigsten Herren in Ober- und Ostschwaben sind
seit der Zeit Ludwigs des Frommen die Welfen. Ihre ältere
Linie starb 1055 mit Welf III. aus. Welf IV., mit dem die
jüngere Linie beginnt, erhält 1070 das Herzogtum Bayern.
Hauskloster der Familie ist Altdorf bzw. Weingarten.
Welf VI. ist aber auch an der Errichtung der Stiftskirche in
Sindelfingen beteiligt.
Einen ähnlichen Aufstieg wie die Welfen erleben die be-
reits 1218 ausgestorbenen Zähringer, deren Hauskloster
ab 1093 St. Peter im Schwarzwald ist. Vom antikaiser-
lichen Reformadel wird 1092 Berthold II. (1092—1098),
der mit Agnes von Rheinfelden verheiratet war, als Her-
zog von Schwaben anerkannt. Der Besitz der Zähringer
reicht von Weilheim an der Teck, wo vielleicht zunächst
ihre Grablege war, und Urach bis Villingen. Sie sind Gra-
fen im Breisgau und in der Ortenau; ihr Herzogstitel
stammt von Berthold L, der 1061 zum Herzog von Kärn-
ten ernannt worden war, dieses Amt aber nie antrat.
Erst 1098 einigen sich nach Vermittlung Heinrichs IV. die
beiden Schwabenherzöge, der Staufer Friedrich I. und der
Zähringer Berthold II. Der Zähringer verzichtet zugun-
sten des Staufers auf das Herzogtum Schwaben und erhält
dafür vom Kaiser die Herrschaft über die Stadt Zürich und
die Anerkennung seines Zähringer Herzogstitels. Die
Zähringer sind als Kirchenbauer (St. Peter, Freiburg)
ebenso wichtig wie als Städtebauer (Freiburg im Breisgau,
Freiburg im Üechtland, Bern etc.). Die Teilung der Herr-
schaft an zwei Häuser zwang die Staufer zum Ausbau ihres
Besitzes im Umkreis ihrer Stammburg. Ihre Vororte wur-
den der Pfalzort Ulm und Rottweil mit einem Königshof
als Mittelpunkt.
Unter dem starken Kaiser Heinrich V. (1106-1125), der
kinderlos stirbt, wird 1105 der Staufer Friedrich II.
(1105-1147) Nachfolger seines Vaters als Herzog von
Schwaben. Von ihm überliefert Otto von Freising, der die
Vorzüge der Staufer geschickt gegen die Zähringer heraus-
streicht, das Sprichwort, er ziehe am Schweif seines Rosses
stets eine Burg mit sich. Friedrich hat offenbar die Bedeu-
tung von Burgen und Städten für die Sicherung seines Ter-
ritoriums erkannt und sie systematisch angelegt. Sein
Grabkloster wurde St. Walburg im Elsaß.
Auch in der salischen Zeit liegen die frühen Hauptbauten

(Speyer, Limburg an der Haardt) außerhalb unseres Ge-
biets. Doch häufen sich nun die erhaltenen Bauten. Und
nach der Mitte des Jahrhunderts entstehen Bauten wie die
Peter-und-Pauls-Basilika in Hirsau, die mit nahezu allen Abb. 64
Schöpfungen des damaligen Abendlandes konkurrieren
kann.

Ein Bau, bei dem man streiten kann, ob er noch der ottoni-
schen oder schon der salischen Epoche zuzurechnen ist, ist
die merkwürdige Stiftskirche zu Wimpfen im Tal. Ihre S. 26.1
Fassade verdeckte einen Zentralbau, der als Zwölfeck
einen doppelgeschossigen Umgang und ein inneres Sechs-
eck umschloß. Wie in Ottmarsheim im Elsaß wählten hier

die Bauherren die karolingische Pfalzkapelle in Aachen als
Vorbild. Kennzeichnend für die Entstehungszeit ist das
einfache, heute unverputzte Mauerwerk, die glatte Wand. Abb. 88
Lediglich an den Turmaufsätzen erscheinen Säulchen mit
Würfelkapitellen und Blendbogenfelder - die Wand wird
hier erstmals reliefiert -, was eine Datierung oder Vollen-
dung um 1030/40 rechtfertigen mag. Als Zentralbau bleibt
Wimpfen allein, wenn man von der Rotunde am Ostchor
von Reichenau-Mittelzell und dem Trikonchos in Ober-

stenfeld absieht.

Zwar begegnen auch im 11. Jahrhundert Saalkirchen als
Kapellen, als Pfarr- und Prioratskirchen (Klosterreichen- S. 26.4
bach, Burgfelden II, Wannweil, Meistershofen), doch Abb. 61, 173, 195
herrscht die dreischiffige flachgedeckte Basilika vor, die

seit etwa 1000 die repräsentative Kirchenform Europas ist.

Sie tritt seit dem frühen 11. Jahrhundert als Pfeilerbasilika Abb. 17,18,164,
ohne Querhaus (Schienen, Sindelfingen, Rottweil, Verin- S. 26.2

16^
isf

gendorf) oder mit Querhaus (Großkomburg, Lorch, Sins- Abb. 104, 141; S.

heim) und als Säulenbasilika ohne Querhaus (Reichenau- Abb. 13

Niederzell) und mit Querhaus (Konstanz IV, Hirsau, Au- Abb. 4, 68
relius und Peter und Paul, Zwiefalten, St. Peter[?], St. Bla- Abb. 64; S. 27.8,

sien, Alpirsbach, Ellwangen II[?], Kleinkomburg, St.
Georgen, Weingarten II) auf. Der im Rheinland und in
Sachsen verbreitete Stützenwechsel von Säulen und Pfei-

Abb. 53, 113; S.
5,1
S. 27.9

lern kommt im Elsaß häufiger vor (Surburg, Rosheim) als
auf der rechten Rheinseite, wo wir ihn um 1100 nur in
Gengenbach antreffen. Vermutet hat man ihn bereits für
das karolingische Langhaus von Reichenau-Mittelzell.
Die Chorformen sind vielgestaltig. Bei den frühen Bauten
herrscht der dreiteilig platte Chorschluß vor. Schienen hat S. 26.2
ihn wohl nach dem Vorbild des Lambert-Baus in Kon-

stanz, von wo ihn die Peter-und-Pauls-Kirche in Hirsau, S. 27.8
der wichtigste Bau der Reform des 11. Jahrhunderts, und
das Neue Münster in St. Blasien übernommen haben wer- S. 27.10

den.

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