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1296

Wenn zwei daFselve thun, so ist eF
nicht dasselbe.

Äach einer wahren Begebenheit,
von Grobian.

Der Redakteur sitzt ganz allein
Lin Zchustermeister tritt herein.
Lin alter, der in seiner Zunft
Gepachtet sämmtliche Vernunft.

Lr interpellirt
And rezensirt.

Der Redakteur ist ganz konsternirt.

Ls giebt der Meister Zuperklug
Ihm gute Lehren grad genug.

Wie man ein Blättlein redigirt.

Das Publikum recht amüsirt, —

And in gold'ner Mitt'

Das Gemeinwohl vertritt.

Drauf geht er von dannen mit stolzem Zchritt.

* *

*

Der kluge Meister sitzt allein.

Der Redakteur tritt bei ihm ein.

Bestellt, bescheiden immerdar,
von Stiefeln sich ein neues Paar.

Aicht zu eng. nicht zu weit.

Llegant und geschmeid'.

Und vor Allem von Dauerhaftigkeit.

„Ihr Zchuhzeug soll sonst nicht viel taugen."
Spricht er. „es giebt leicht Hühneraugen;
Das Leder ist oft allzu spröd
> Und auch der Preis zu sehr erhöht.

Dazu nicht elegant . . . ."

Drauf steht in Brand

Des Herrn Luperklugs schmaler verstand.

Lr plötzlich seinen Riemen schwingt.

Der Redakteur mit Roth entspringt
And grimmig drauf der Meister spricht:
Zolch eine Frechheit duld' ich nicht.

Daß meine Aunst

Mit seinem Dunst

Lin Federfuchser herunterhunzt!

Briefkasten.

(Manuskripte werden nicht zurückgesandt.)

Freund in Gelsenkirchen. Ihre drei Traktätchen er-
halten, ebenso Ihre Ermahnung, die folgenden herzergreifen-
den Schlußsatz enthält: „Sie sind ein Spötter, wie man zur
Genüge aus dem „Wahren Jacob" ersehen kann; nehmen Sie
es nicht übel, daß ich Ihnen solches frei heraussage; fahren
Sie so fort, so wird Ihr Ende ein Ende mit Schrecken sein,
wie es im 73. Psalm zu lesen ist; bekehren Sie sich, sonst
sind Sie auf ewig verloren." — Der „Wahre Jacob" hängt
diese Mahnung zur allseitigen Erbauung niedriger.

H. in Berlin. Anläßlich des Schwabenzugs zum „Sä-
kularmenschen" in Kissingen schreibt die betreffende Broschüre
(Fürst von Bismarck, Herzog der Deutschen. Berlin. Walther
und Apolant):

„Was bedeutet dieser Jubel eines Volks, das
sich entgegen dem Sinne der Regierung zu dem alten
Kanzler bekennt? Was kommt zum Ausdruck in
diesem gewaltigen Sturm der Begeisterung, der alle
deutschen Stämme durchbraust?"

Die Antwort ist sehr einfach: Der Sturm wird so lange
brausen und schütteln, bis das nöthige Kleingeld zusammen-
kommt, womit man dem Fürsten Bismarck ein schönes Gut
kaufen kann, das ER sich bekanntlich am Herrenchiemsee wünscht.
Das „Volk" besteht in diesem Falle aus Fabrikanten und
übergeschnappten Schulmeistern.

Mohr in Berlin. „Wenn die Berliner Weltausstellung
dem Publikum jeden Tag eine Parade bringt, und etwa auf
dem Plötzensee ab und zu eine Flottendemonstration, ferner,
wenn Bismarck sich verpflichtet — gegen übliche Entschädi-
gung — an gewissen Tagen in der Woche eine Rede zu halten,
dann," so folgern Sie, „wird diese Weltausstellung zweifel-
los mit einem großen Erfolg abschließen." Wir drucken Ihre
Ansicht ohne weiteren Kommentar ab.

P. in Branbauerschaft. Die dortige Polizei hat gar
kein Recht, das Blatt zu konfisziren. Sie träumt wohl noch
von der Zeit des seligen Sozialistengesetzes.

M. D. in Fürth. Leider nicht verwendbar.

Mehrere Abonnenten in Kleinzschocher. Ihren
Wunsch, der „W. I." möge ab und zu einen Rebus bringen,
wollen wir in Erwägung ziehen.

K. in Hohenstein-Ernstthal. Vorläufig wollen wir
den „W. I." alle vierzehn Tage erscheinen lassen. Das
wöchentliche Erscheinen ist mit nicht unerheblichen Schwierig-
keiten verknüpft. Bevor an eine solche Aenderung gegangen
werden kann, müßte in den Kreisen der Abonnenten der
Wunsch des Oefteren laut werden.

I. P. in Langenbielan. Ihnen gefällt der Berliner
Brief nicht, wie Sie schreiben, — andern Lesern gefüllt er
aber umsomehr. Da der „Wahre Jacob" es nicht Allen recht
machen kann, so wird Jotthilf Rauke seine Studien am „Jör-
litzer Bahnhof" bis auf Weiteres fortsetzen.

P. in Mannheim. Der Bürgermeister K. in M., dessen
Frau sich in interessanten Umständen befand und in Kürze
einem freudigen Familienereigniß entgegensah, hatte mit dem
Führer der Berufsfeuerwehr die Vereinbarung getroffen, daß,
wenn er Nachts die Allarmglocke in Bewegung setze, ein Feuer-
wehrmann sofort einen Arzt nebst Hebamme mittelst Droschke
in seine Wohnung bringen solle. Als dann mitten in der
Nacht die Allarmglocke heftig ertönte, war der betreffende Führer
zufällig nicht anwesend, und so rückte die brave Feuerwehr
eiligst vor das Haus ihres Bürgermeisters mit — Spritze und
Netlungsleiter.

Aesknlap in O. Nachstehend Kritik und Antikritik:
Kampf der Schwarzen gegen die Sozialdemokratie.

Rede des Neichstagsabgeordneten vr. Lieber in
der Versammlung der katholischen Volksvereine Oberschwabens
in Ravensburg im Mai 1892.

„Die Sozialdemokratie ist gar keine wirthschaftliche Partei,
sie ist im Grunde nur eine religionsfeindliche Partei. Die
Sozialdemokratie sagt: die Religion sei Privatsache, aber die
Sozialdemokratie kennt ja keine Privatsachen. Der Teufel
selbst glaubt an einen Gott, nur der Sozialdemokrat nicht."

Sozialdemokrat: „Ich gebe zu, daß ich keine wirth-
schaftliche Partei bin, denn mit zwei Mark Taglohn, wie ich
habe, hat man schon abgewirthschaftet. Ich wäre recht reli-
gionsfreundlich, wenn mir Dr. Lieber in christlicher Bruder-
liebe zu meiner mir vorenthaltenen Erbschaft verhelfen würde,
aber als Enterbter! Na, das könnt ihr doch nicht verlangen.
Ich anerkenne, daß ich keine Privatsachen kenne, denn mein
Nock und Hemd und meine Schuhe sind noch nicht bezahlt und
gehören dem Schneider und Schuhmacher und die Religion ist
ja Privatsache der Herren Geistlichen und ich will ehrlich bleiben
und nicht stehlen. Wenn die Herren mir die gesicherte und
gefürchtete Stellung garantiren, welche der Teufel auf der
Welt hat, so werde ich gewiß glauben; aber ich werde nur
herumgestoßen und verachtet, mag ich glauben oder nicht."

Broschüre des evangelischen Pfarrers Theodor
Traub (Druck von Steinkopf, Stuttgart 1891): „Warum
gehen wir nicht mit der Sozialdemokratie? Weil sie gottlos
ist, weil sie vaterlandslos ist, weil sie den Umsturz der
Zivilisation herbeiführt."

Sozialdemokrat: „Ich bin freilich gottlos, denn ich
bin von Gott und Welt verlassen; ich würde mein Vaterland
sehr lieben, wenn mir mein Vater ein Stückchen Land hinter-
lassen hätte nur so groß, daß ich ruhig darauf schlafen könnte,
ohne von der Polizei weggejagt zu werden. Aber so wie es
jetzt steht, habe ich kein Theil am Vaterland und ihr könnt
doch nicht verlangen, daß ich das liebe, was ich gar nicht
kenne und habe. Was das Umstürzen anbelangt, so würde ich
allerdings manches Glas Bier und Wein Hinunterstürzen, so ich
es hätte und ich würde die Bücher und Zeitungen aus Liebe
zur Wissenschaft verschlingen. Die Mausergewehre und die
Pickelhauben würde ich allerdings umkehren und die ersteren
zu Zaunpfählen und die letzteren zu Wasserbehältern benützen.

Soeben ist als 13. Band der Internationalen Biblio-
thek erschienen:

Das

Erfurts Mogramm

in seinem grundsätzlichen Theil

erläutert von

Karl KauMy.

VIII und 264 Seiten. Brosch. M. 1.50, geb. M. 2.—

Inhalts-Verzeichnis.

I. Der Untergang des Kleinbetriebs. 1. Klein-
betrieb und Privateigenthum. 2. Waare und Kapital.

з. Die kapitalistische Produktionsweise. 4. Der Todes-
kampf des Kleinbetriebs.

II. Das Proletariat. 1. Proletarieru. Handwerks-
geselle. 2. Der Arbeitslohn. 3. Die Auflösung der Prole-
tarierfamilie 4. Die Prostitution. 5. Tie industrielle
Reservearmee. 6. Die wachsende Ausdehnung des Prole-
tariats. DaS kaufmännischen. das„gebitdete"Proletariat.

III. DieKapikalisterrklaste i. Handel u. Kredit.
2. Arbeitstheilung u. Konkurrenz. 3. Der Profit. 4. Die
Grundrente. 5. DieSteuern. .6. Das Sinken des Profits.
7. Das Wachsthum der Großbetriebe. Die Kartelle. 8. Die
wirthschaftl. Krisen. 9. Die chronische Ueberproduktion.

I V. Der Zukunftsstaat. 1.Soziale Reform u.Revo-
lution. 2. Privateigenthum u. genossenschaftliches Eigen-
thum. 3. Die sozialistische Produktion. 4. Die wirthschaft-
liche Bedeutung des Staates. 5. Der Staatssozialismus

и. die Sozialdemokratie. 6. Der Aufbau des Zukunfts-
ftaates. 7. Die Abschaffung der Familie. 8. Die Konfis-
kation des Eigenthums. 9. Die Vertheilung der Produkte
im Zukunftsstaat. 10. Der Sozialismus u. die Freiheit.

V. Der Klastenkampf. 1. Der Sozialismus u. die
besitzenden Klassen. 2. Gesinde u. BediententhUm. 3. Das
Lumpenproletariat. 4. DieAnfänge desLohnproletariats.
5. Die Erhebung des Lohnproletariats. 6. Der Widerstreit
der das Proletariat erhebenden u. der es yerabdrückenden
Tendenzen. 7. Die Philanthropie und die Arbeiterschutz-
gesetzgebung. 8. Die Gewerkschaftsbewegung. 9. Der
politische Kampf. 10. Die Arbeiterpartei. 11. Die
Arbeiterbewegung u. der Sozialismus. 12. Die Sozial-
demokratie — die Vereinigung von Arbeiterbewegung
und Sozialismus. 13. Die Jnternationalität der Sozial-
demokratie. 14. Die Sozialdemokratie und das Volk.

Verantwortlich für die RedalUon: Georg Baßler in Stuttgart. — Druck und Verlag I. H. W. Dietz in Stuttgarts
 
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