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1418

Jin Reichstag.

von Lrnst 1-iavbed. Ls klingt in alten Sagen der Helden Lob so laut,

Sn unseren eigenen Tagen ward mehr der Thaten noch geschaut.

as war ein Heißes Schlagen, ein blitzender Geisterstroit,
Das war ein kiigncs Wagen, dem FreiHeitskampf geweißt.
Wie Habt ihr da gestanden, wie Marmorfels so Hart,

Wie klingt in allen Landen, was da so stolz geredet ward.

Es Hatten sich verschworen die Kerren von links und rechts,

Die Hatten so viel verloren im Drange des Gefechts.

Dann kamen sie an mit Stürmen und droHten uns den Tod,

Doch wie an EisentHürmen sie rannten sich die Köpfe rotlj.

Da sprang zuerst vom RHeine Kerr Bachem auf den Plan,

Mls ob er faß beim Weine, Hub er zu schwatzen an.

And was er sprach, es Hallte flott wider im ganzen Kaus,

Das Kinderlied, das alte, es sprach der Kerren Meinung aus.

Drauf schritt, gekleidet in Eisen, Keld Bebel in das Feld,

Er dachte, den Kerren zu weisen, wie er begreift die Welt.

Es klang fein Wort so mächtig durchs weite deutsche Land,

Er zeigte so bedächtig gliicksel'ger Zukunft Unterpfand.

Wie die Entwicklung schreitet voran von Land zu Land;

Wie keine Grenze scheidet, die eint der Arbeit Band;

Wie wir mit starken Armen eingreifen ins Rad der Zeit,

And wie den Mutg, den warmen, dem Kolke wir allein geweiHt.

Zoll ich sie alle nennen, die zürnten in der Schlacht?

Ls soll das Kolk die kennen, die kämpften mit größter Macht.

Mit stolzen Ziegesmienen Kerr Richter trat Hervor,

Es ist um iHn erschienen der Ireigeitsfeinde ganzer Lgor.

Die rostigen Waffen schwang er vom Sparen und Karmonie,

Jum Grunde der Dinge drang er mit klirrenden Worten nie.

Des Freisinns Mauer neiget sich nieder kampfesmüd,

Dev Arbeit Keerschaar steiget Hinan mit klingendem Siegeslied.

Den glänzenden Kerren entgegen trat drauf ein schlichter Mann,
And doch ein kühner Degen, dev fiitzrt des Nordens Bann.

And FvoHme's kluge Streiche sie trafen der Blößen viel,

Daß er im Kampfe weiche, vermochte nicht des Reichstags laut Gewügl.

Much du, fromm und waHrHaftig, tratst gegen uns zum Streit,

Kerr Stöcker, deffen Kraft sich der Liebe Hat geweiHt.

And rechts und links und mitten sie tobten in wildem Bund,

Ein gegen zegn geschritten seid da iHr R o t H e n durch des Kampfes Schlund.

Das Schwert in nerviger Rechten, der Alte trat auch zum Streit,
Der Liebknecht, -er den Knechten sein Lieben Hat geweiHt,

Er fügrte so scharfe Kiebe, daß alles schwieg ringsum,

Bis auf den Mann der Liebe die Gegner wurden alle stumm.

Ein Freiherr ist geHeißen, der jetzt die Waffen schwang:

Ein K n e ch t g e r r sollt' er Heißen, Kerr S t u m m, deß Wort nun klang.
Der Freie macht zu Knechten, er trotzte mit starrer Macht,

Daß er der Arbeit Rechten ruHmlosen Tod Hat zugedacht.

Wie die Spartaner standen in Tgermopples Schlucht,

So schlugt im Wogenbranden die Feinde iHr zur Flucht.

So kügn Habt iHr gerungen und Hieltet das Banner rotg,

Mit Schwertern wie mit Jungen wir Haltcn's treulich vis zum Tod.

Lieber Jacob!

Berlin, Anfang März.

Nu fangt et bald an, mir wieder zu jefallcn. Et iS cijentlich wat
Dämlichet um det Menschenherz: wenn so'n sanfter, anjenehmer Sonnen-
strahl von den Berliner blauen Himmel kommt, wenn de Frühlingswind
mächtig anfangt zu brausen, det Dir von jeden Neubau de Klamotten

zentnerweise in de Oogcn spritzen, denn wird Eenen de Brust so weit,
und det Herze jetzt Jeden, der ieberhaupt blos noch eens hat, so mit
Jrundeis, det De mit de Lerche jubiliren mechtest — denn de Welt is
so schön un so jroß, un Alle hätten wir Platz, wenn wir man blos det
ecnzijc dumme Räthsel lösen kennten, wie wir uns mang cenandcr ver-
dragcn kennten, so dat Jeder sein bisken Brot un sein bisken Frieden

Karl Marx.

Zum kedächtniß seines zehnjährigen Sterbetags
14. März jSSS.

in Doktor Kaust, des Zaubers Meister,
Durch seiner Geistersklaven Kraft,
Vollbringt der Mensch jetzt Wunderwerke
Mit der Magie der Wissenschaft.

Der von den Nächten der Natur einst
Beherrscht, durch's öde Dasein kroch,

Lr spannt den Dampf, den starken Dämon,
Nun spielend in sein ehern Joch.

Und dennoch sank das Volk der Arbeit
Nur tiefer noch in Noch und Äual;

Der Arbeit bleiben nur die Dornen,

Die Rosen pflückt das Kapital.

Im Glücke sonnt sich frei der Reiche
Und lebt in Herrlichkeit und Pracht:

Die Proletarier aber seufzen
In Sklaverei und trüber Nacht,

Jedoch es ging den Schwerbedrängten
Die Lonne seines Geistes auf:

Karl Marx — wie strahlt so hell der Name!
Wie glorreich war sein Lebenslauf!

Lin Strom des Lichtes, üppig fluthend.

Aus seinem Haupte sich ergoß.

Das uns der volkswirthschaft Mysterien
Lnthüllt' und ihr Gesetz erschloß.

Die Triebkraft in der Weltgeschichte
Lrspähend, hat er klar erhellt
Das Dunkel der vergangnen Zeiten,

Lin Darwin der sozialen Welt:

Wie Klassen kommen und vergehen
Und wie im steten Zwist und Kampf
Sich der Kulturprozeß entfaltet,
vom Steinbeil bis zum „König Dampf".

Dem Manne gleich, fernrohrbewaffnet.
Der auf der höchsten Warte steht.

Hat er geschaut der Zeiten Kerne,

Lin echter Wiffenschaftsprophet:

Ls ist des Goldes schnöde Herrschaft
Dem sichern Untergang geweiht.

Der Arbeit strahlt die Morgenröthe
Der klassenlosen, neuen Zeit. ,

Der Wucher.

er. konservative Reichstagsabgcordncte von
Schmöckeritz auf Froschdorf hatte vorzüg-
lich . zu Mittag gespeist. Er lehnte im
weichgepÄsterten Sessel, blies den feinen, blauen
Dampf seiner Havanna in zierlichen Ringen einpor
und dämmerte behaglich-wunschlos unter dem
köstlichen Banne des ungestörten Verdauungs-
siebers. Welch eine bedeutsame Rede hatte er
auch im Reichstage gehalten: ja, die Wucherfrage
mar sein Steckenpferd.

Langsam sinkt der Edle in den Sorgenstuhl
zurück, schlaff hängt die Linke, die den schwelenden
Glimmstengel hält, herunter, das Zimmer, in das
sich ein frostiger, flüchtiger Sonnenstrahl hinein-
sstehlt, verschwimmt zu einem dichten, wogenden
Gewölk. Die Nebelstreifen heben und senken sich,
zerflattcrn und verbinden sich wieder zu fratzen-
haften Gebilden, steigen auf, umweben den
Schläfer mit einem feinniaschigen Gespinnst, in

das eine reiche Fülle wechselnder Gestalten hinein-
gewirkt wird. * *

*

Trara, Tusch, Hoch und nochmals Hoch!
„Der Wucher ist der Feind der Bauernschaft, der
Jude frißt den Landmann auf, der Güterschlächter
saugt uns aus, darum, liebe Dorfgenossen ..
Hinter den Bauernjungen, stehen da nicht der
Hans Jochen, der Veit, der Anton Paivils, der
Maurotat, hager, mit wettergefurchten Gesichtern,
verbissen, trotzig, die abgemeicrten Landwirthe?
Sie ballen die Faust und fluchen, ihre Verwün-
schung gilt dem Triumphator von Froschdorf.
Er hört es mit seinen eigenen Ohren. Ei, wo
ist der Dorfbüttel, wo der Schulze? In diese
verwünschte Bande soll doch die Peitsche Disziplin
bringen. Ja, hat er ihnen denn Böses gethan?
Abgehaust seien sie durch ihn, von Haus und Hof
gekommen, müßten auf ihrem alten Grund und
Boden, der ihren und ihrer Väter Schweiß ge-
trunken, als armselige Knechtlein taglöhnern für
ein Hundelohn, daß Gott erbarm."

„Nein, diese Keckheit! War nicht Alles vor
sich gegangen im Wege Rechtens? Er war groß
und sie waren klein. Ihre Aecker und Wiesen
schnitten in seinen schön abgerundeten Besitz ein,
er brauchte die Grundstücke wie das liebe Brot.
Als die schlechten Jahre kamen, hat er da nicht
geholfen, Geld geliehen zu hübschem Zins auf
erste und einzige Hypothek? Und dann hat er
sie gedrängt zu zahlen. Ja, man braucht seine
Kapitalien. Sie kamen, sie baten, sie drängten,
aber er stand auf seiner Verschreibung, und das
Gericht sprach ihm die Gütchen zu, eins nach
dem andern. Wenn sie sich auch wehrten, ver-
zweifelt, mit allen Mitteln, das Messer saß ihnen
 
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