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T)ie Zeiten wechseln! wie pflegten so laut
Die Hähne des Freisinns zu krähen.

Um über der Rothen Mauserung
In Spott sich und Hohn zu ergehen!

Nun hat nach links bei den Rothen sich
Die Mauserung herrlich entfaltet,

Indessen des Freisinnes Mauserung
wie hat sie sich kläglich gestaltet!

Der grotze Lugen die Federn verlor,

Ls blieb ihm nur Rnörcke und Paper,

Und losgerissen hat sich von ihm
Der Bier- und Gemüse-Meper.

Der Meper hockt ebenfalls traurig da,

Der wind hat nach Rechts ihn getrieben,

Der Brömel, der Barth und der Bamberger nur,
Die sind ihm erhalten geblieben.

Nun bläst ein gar böser, politischer wind,

Ls toben des Wahlkampfs Gewalten,

Di« Hähne, die armen, gerupften, ach!
vermögen nicht Stand zu halten.

Die letzte der Federn, schon ist sie bald
Dem Sturmwinde xreisgcgeben —

Das ist des Deutschfreisinnes Mauserung,
Lr wird sie wohl kaum überleben.

Blirmchens Vorschlag.

Ei wceß Gnäbbchen, nee, sühn Se, harn Se, die Reichsdags-Geschichde,
die duhd mich noch gans ans meiner Gemiedlichgced bring'! Das is Sic ja
ä schreckliches Problehm, was uns da geschdelld is! Die Een' sagen, mer
soll nischd beivilligcn, weil mer nischd Hain, nn ivcil der Herr Millcdär-
Fiskus gans gnd ausgomnlcn dähdc, wenn er sich nor ä glcencs Bissel so
ähnlich einschränkde, wie mir arm' Schdeicrzahler uns cinschränken missen.

Nu gommd aber der Herr Gansler Gabrivi angewackeld, der sich
nu eemal uff den ganscn Glumbadsch gabrivizierd had, und der sagd:
„Ihr gcend ja machen, was ihr wolld, aber wenn ihr nick, „Ja" sagd,
da gann ich Eich nick, brauchen un jage Eich ganz eefach wieder hecme."

Na sahn Sc, das is ja hibsch von Gabrivi'n, den,: er hädde ja ooch
grob wär'n genncn, un er duhd mer eegendlich lecd, denn ivenn er die
Milledär-Borzion nick, dorchdrickd, da gommd er am Ende run sei Brod. Der
Bundesrad dcnkd, er sei faul gcwäscn un had'n Rcichsdag nick, ordcndlick, bei'n
Schlaffidchen gcnomm', un da iverd er endlassen oder gricgd än Lohnabzug!

Aber wie ich so drieber nachdenkc, da fälld iner ä schcenes Ausgunfds-
niiddel ein. Mer machd doch jetzt immer so än großen Dhadrich von de
milledärischen Sachvcrständgen, die da Alles besser wissen dähden,
wie der dumme Reichsdag.

Na sähn Sc, da soll mer ooch vor de Schdcierbewilligung Sach-
verschdändge uffschdelln, nämlich Leide, die de Schdeier mid ihrer
Hände Arwcid verdienen un bezahlen missen. Die verschdehn von der Schdcier-
beivilligung dock, inchr, wie der Gecnig Stumm un der Graf Bumbernickel.

Also: mer frage drei säcksche Wäber, Familienväder, was die von ihr'n
Lohne übrig Ham, wenn de Familie sadd is un der Miedziens bezahld. Den
Bedrag, der hernachcns blcibd, den vcrinuldibbclzicrn mer mid der Einwohner-
zahl Deutschlands un bcivilligen ihn vor unsre Wehrhasdiggeed. Schrumm!

Geisterstimme.

>^)erab aus seinem Himmel
Lchaut Windthorst erdenwärts
Ins wilde Mahlgetümmel
And spricht mit tiefem Zchmerz:

»Zwei Jahre sind verflossen,
Zeit ich mich Hab' gedrückt.
Doch ihr Parteigenossen,

Ihr tanzt nicht mehr geschickt.

Mit Trauern muß ich sagen.
Daß euch die Kunft gebricht,
Ls hat nicht angeschlagen
Bei euch mein Unterricht.

Drum muß ich einem Jeden
von euch jetzt prophezeih'n:
Ihr werdet die Lier zertreten,
Auf denen ich tanzte so fein!"

Die Konservativen unter sich.

Pastor: In erster Linie muß in unserem Wahlaufruf der Schnaps-
teufcl bckäinpft werden, welcher das Volk der Gottlosigkeit und der
Sozialdemokratie zuführt.

Rittergutsbesitzer: Könnte man dies nicht erst in zweiter Linie
betonen?

Pastor: Aber lieber Gesinnungsgenosse, ich verstehe Sic nicht-

Rittergutsbesitzer (verschämt,: Ich — ick, habe auch so eine
kleine Schnapsbrennerei!

Der rechte Zeitpunkt.

Unmittelbar nach der Reichstagsauflösung setzten die Berliner Filz-
schuh-Arbeiter einen Streik siegreich durch. Sie hatten eben den
rechten Zeitpunkt crivählt, die Filzschuhe ivaren unentbehrlich, weil in der
ganzen Bourgeoisie die Lcisetretcrci an der Tagesordnung war.

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Auch eine Mauserung.
 
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