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1533

besorjcn zu können. Wenn ick die Zahl nu ermittelt un festjestellt hätte,
rvirde ick möglichst ville davon abhanbcln, un Alles Andere wirde einfach
Soldat, wozu der Mensch ja doch so wie so jeschaffen is,

Wat sagst De zu mir, Jacob? Dct is noch ne Lösung der Militär-
vorlage nn wenn ick wieder an Dir schreibe, denn hoffe ick schon vor
meine jlorreiche Idee, wenn ooch nich mit 'ne Kabinetsorder, aber doch
mit eenen Orden ausjezeichnct zu sein, un wenn et ooch blos eener von
Leder is, mit 'n Loch drin zum Umhängen. Aber, lieber Jacob, ick bin
darnnr nich stolz jcwordcn, aber wundern dhu ick mir innerlich doch,
warnin dieser Jedanke noch nich von den Bnndesrathsdisch laut jeworden
iS. Da kannst De aber wieder mal sehen, wie wahr dct olle Sprich-
wort is: „Wen Jott keen Amt jicbt, den jiebt er aber doch manchmal
Verstand!"

Adjeh vor Heike, lieber Jacob, ick verbleibe wie jewöhnlich crjcbcnst

nn mit ville Jrießc Dein treicr ^ m t

Jotthilf Nauckc.

An'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Dein neuen Reichstag.


5- Hobelspähnr.

ich dir in die Augen sch'.

Thust du mir in der Seele weh —
Der Zukunft Schleier wag' ich nicht zu heben.
Jetzt bist du freilich frisch und grün.

Doch wird dein Lämpchen lange glühn?

Wie lange wohl, mein Junge, wirst du leben?

Die Knackung einer harten Nuß,

Die Fügung in ein bittres Muß,

Ist gleich zu allein Anfang dir gelungen.

Du hobst die Füßchen und den Schwanz
Und, wenn auch ohne Eleganz,

Bist übern Stock gelehrig du gesprungen.

Das hat dir momentan gesroinmt.

Doch wenn der Herbst geschlichen kommt,
Mußt du zur Deckung schaudernd dich bequemen.
Glaub' mir, das wird ein saurer Fall —
Der alte Jud' aus Portugal
Wird dich gehörig in die Schcere nehmen.

Wie wird sich dann das Blättchen drehn!

Wie ivird es an die Nieren gehn

Den Böckelschen, den schlauen Herrn aus Polen!

Sie müssen ja, was Miquel braucht.

Ob ihnen auch der Schädel raucht.

Den „breiten Schichten" aus der Tasche holen.

Und bricht er daran nicht den Hals,

Der Reichstag, bri.ht er jedenfalls

Ihn späterhin, der ganzen Welt zum Spotte;

Daß Ruh' er habe, ist ein Wahn;

Nachdem das Landheer abgethan.

Kommt an die Reihe sicherlich die Flotte.

Wenn daran sich der Reichstag stößt.

So wird er eben altfgelöst;

Der innre Widerspruch läßt sich nicht heben.
Dir iverden keine Rosen blühn,

Drum, bist du jetzt auch frisch und grün —
Ich prophezeie dir kein langes Leben!

Erbaulich und beschaulich
Zog Friede endlich ein,

Die grimmen Streiter ruhen
Im warmen Sonnenschein.
Nur bei Kasernenbauten
Man reges Wirken schaut,
Doch ach, die Steuerzahler
Sind davon nicht erbaut.

Cy > c'^3 Fürst Bismarck legte einer Deputation aus
Lippe nahe, daß die Kleinstaaten Einfluß cr-
~ ^ langen könnten, wenn sic „große Männer" als

Bevollmächtigte in den Bundesrath entsenden. Aber der Wink wird
fruchtlos bleiben, denn ivenn Bismarck auch, ivie die Berliner sagen,
manchmal „eine Lippe riskirt", so riskirt Lippe noch lange keinen

Bismarck. * *

*

Die Reaktionäre möchten über den Reichstag ein Reichs-Oberhaus
setzen. Da8 ist die Folge davon, daß der Reichstag sich durch seine Ge-
fügigkeit so sehr erniedrigt hat,

* *

*

Es reichet der kleine Herbert
An de» „großen" Vater nicht hin,

Denn wenn er auch Unsinn kann sprechen,

Fehlt doch die Methode darin.

* _ *

Das Merkwürdigste bei nnserni neu revidirten Wuchcrgesctz ist, daß
cs den Wucher aufs Korn nimmt, und doch nicht den Karn-
wnchcr trifft. 4: *

* ,

Ans den Reden des König Stumm geht hervor, daß man sehr viel
Blech prodnziren und sich dabei doch ans dcni Holzwege befinden kann.

Ihr getreuer

L-äge, Schreiner.

Heimchen Bestrebungen des Volkes mit Koth be-
spritzt und sich nur ini Sumpfe wohlfühlt.

Das saure Wasser des Rakoczibrunncn zu
Kissingen erfreut sich keines übermäßigen Zu-
spruchs; man hat Heuer kräftigere Abführmittel in
Gebrauch und der Durchfall ist, namentlich in
deutschfreisinuigen Kreisen, beinahe epidemisch.

Der Karlsbader Sprudel ist gut besucht. Die
Antisemiten Böckcl'scher Richtung waschen dort ihre
Hände in Unschuld, nachdem sic die germanische
Treue und das biedere deutsche Mannesivort ge-
brochen und für eine Vorlage gestimmt haben, als
deren Gegner sie gewählt waren. Sie müssen sich
gestehen, daß ihre Gcrmancntrcue verjudct und ihr
Gewissen eine miserable Schuudwaare ist, welche
bei der ersten besten Gelegenheit in Fetzen geht.

Während so Alles, in den Bädern weilt und
selbst der Sozialdemokrat hier und da einen be-
schaulichen Sommeraufenthalt hinter schwedischen
Gardinen nimmt, bleibt für den Arbeiter in der
Werkstatt leider nur das Schwitzbad, in welchem
er alles nusbaden muß, was die Großen in der
hohen Politik angerichtet haben.

Lin Vorschlag zur Güte.

Das; einen Mrdcn Herr v. S tu mm bekam,
wer sollt' es loben nicht, wer nicht begreifen?

Ls würde hart an schnöden Undank streifen,
wenn seinen Beistand frostig hin man nahm.
Herr v Aoscielski ward sodann geehrt.

Als wohlverdient ist es empfunden worden,

Daß unversehens ihm der Aronenorden
Ins Rnoxfloch flog; er war desselben werth.

Noch Liner fehlt — wann wird auch ihm sein Lohn?
Giebt es noch eine Dankbarkeit auf Lrden,

So mutz auch ihm ein kleiner Fettfleck werden,

Den Rindern Israels zum Spott und Hohn.

Hat er nicht gleichfalls königstreu votrrt,

Rorrekt frisirt, im neuen schwarzen Rleide,

Als Alles schwebte auf des Messers Schneide?
wann wird der Rektor Ahlwardt dekorirt.

Praktischer Antisvmitisinus.

Bürger: Ist cs wahr, daß man aus der
Kasiuogesellschaft alleJudcn ausschließen will?
Lieutenant: Freilich! das ist unbedingt uöthig.
Bürger: Warum?

Lieutenant: Na, man muß doch einen
Platz haben, wo man vor seinen Gläubigern
sicher ist.

Die Zivilisation in Afrika.

Schneid'ger Lieutenant, tapferer Sergeant,
wüthend ob der Schwarzen widerstand;

Schnell die Magazingewehre knallen,

Datz zu Hunderten die Schwarzen fallen,

Aus Ranonen fliegen die Granaten,

Datz die Hütten gleich in Brand gerathen.
Negerkinder bei den Negerfrauen —

Beide sind in ihrem Blut zu schauen,

Schwarzer Häuptling hängt am Galgen schon,
Und das nennt man Zivilisation!

Wandelbar.

A. : Zu welcher Partei gehört wohl der Kom-
merzicnrath Meyer?

B. : Zur kouservativeu, aber wenn er eine
Flasche zu viel getrunken hat, wird er deutsch-
freisinnig.

A. : Wie so?

B. : Da fällt er um.

ZcikgcmWo Ausrede.

Kunde: Sie^ Herr Schneidermeister, warum
haben Sie zu meinem Rocke so miserables
Futter genommen? Beim ersten Anziehen ist
es schon zerrissen!

Meister: Aber ich bitte Sie, was. kann ich
dafür? Ich konnte kein besseres auftrciben bei
der gegenwärtigen allgemeinen Futtcrnoth.

Einleuchtend.

A. : Es ist doch unheimlich, wie alle Geschäfte
darniederliegen.

B. : Könnt' ich nicht sagen; ich habe einen
Freund, dessen Geschäft rapid in die Höhe geht.

A. : Was ist er denn?

B. : Luftschiffer.

Vom Schriflstellcrtag.

Das Berühmteste auf dem Schriftstellcrtag in
München waren doch die Münchener Kalbs-
haxen.

Unsere Wilder.

,,Aampf und Sieg" betitelt sich das Bild auf der
Vorderseite. Das thronende Weib im oberen Theile des Bildes
deutet an, daß die Ernte beginnen wird, wenn die Saat reis
ist. Vorher muß Pallas Athene als Verkörperung des Wissens
die Zwingburgen, die der freiheitlichen Entwicklung des Men-
schengeschlechts entgegeustehen, brechen. Das untere Bild zeigt
in poetischer Weise den sonnigen Tag, an welchem Glück und
Frieden auf Erden herrschen werden.

,,Die letzte Vorstellung" bedarf eigentlich der Erklärung
nicht. Nach der letzten Vorstellung, in welcher noch einmal
der Krieg nach zwei Fronten in gehöriger Beleuchtung gezeigt
wird, stimmen die überzeugten und nichtüberzeugten Reichs-
boten in Heller Angst für die Militärvorlage.

Verlag von I. H. w. Dietz in Stuttgart.
Soeben ist erschienen:

Der Parlamentarismus

die Volksgesetzgebung

und

die Sozialdemokratie

von

Karl Kautskp.

VIII und Seiten. Llegant brofch. preis 75 Pf.
 
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