1551
,, Berlin, Mitte September.
Lieber Jacob!
Na, von den Sedanrunnnel werden wir uns nu woll alle Beede
erholt haben, indem ick nämlich nich bet Jeringste von den janzen Klim-
bim jesehen habe, un von Dir hoffe ick detselbe. De Mordspatrioten sind
nämlich zähe Kerrcls, anstatt det se endlich insehcn, bet feen Mensch mehr so
recht wat von wissen will — i Jott bewahre, nu erst recht nich, un
Sedan muß jcfeiert werden, un wenn die Feiernden bei die janze Affaire
ooch man in'n Chausseegraben jesessen haben. Un de Hauptsache is, det
man denn det jeeinte deitsche Vaterland hoch leben laßt, un det man riss
det Wohl der Freiheit drinkt, die mir jenießen, un uff alle die scheenen
Zustände, die sonst noch bei uns herrschen. Un bei sonne Jelejenheit
heben sich denn de deitschen Heldenbriste hoch, un de Kampfjenossen hauen
uff de Dische, det de Jläser meterhoch flicjcu, un det Vaterland wird
jerettet, un wenn et bis frieh um Viere dauern soll.
Wenn ick heit zu Dage eene Zeitung in de Hand nehme, un ick lese von die
Dodesniärschc un von die Backfeifen, die et in manche Kasernen jeden soll, so
kann ick de Bejeistcruug sehr jut bejreifen, die heite überall, wo Dc blos hin-
kommst, vor det Militär herrscht. Un natierlich, hin un wieder schießt sich ja
een Soldat doot, weil er det jute Leben nich vcrdragen kann; det sind uatier-
lich de jrceßtcn Dämelsäcke, die sojar zum Knöppeputzcn zu dumm sind.
Sehstc, Jacob, so unjefähr jcht et zu in det scheene Reich der Jottes-
furcht un frommen Sitte un damit Alles hibsch bei'n Alten bleibt, darum
frischen se ihre Mords- und Blutfestc immer wieder uff.
Neiet kann ick Dir aus de Metropole der Jntellijcuz nich mittheilcn.
Professor Koch, der die beriehmte Lymphe un de Cholerabazillcn erfunden,
hat festgestcllt, det de Cholera blos 'ne Krankheit vor arme Leite is. Det
jlobe ick ooch. Nach det Thierjartenviertel wird woll de Cholera über-
haupt nich kommen, die bleibt hibsch hier an'n Jörlitzer Bahnhof, so det
also de Börseancr un sonstije nützliche Mitglieder der birjerlichen Jesell-
schaft nischt zu firchtcn haben. Im klebrigen sind wir natierlich sehr vor-
sichtig mit Essen un Drinkcn, ick zum Beispiel esse blos noch Wurscht, weil
die am reinlichsten is — denn det mußt Du doch ooch zujebcn: de Wurscht
is an beede Zippel zujebunden, da kann doch jarkeen Dreck rinkommen.
Inzwischen empfehle ick mir Dir wie jewöhnlich erjebcnst un mit
ville Jrieße Dein treicr Jotthilf Naucke.
An'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Hobrlfpähnr. -sv~-
Große Geister, große Meister
Haben einst die Welt bewegt,
In den Unverstand der Massen
Haben Bresche sic gelegt.
Heut ist's anders, denn die Masse
Bricht der Freiheit muthig Bahn,
Kleine Meister, kleine Geister
Legen heut den Hemmschuh an.
er Die Polizei ist die böse Schwiegermutter im
Haushalt der Staaten. Sie versteht von den wirth-
schaftlichen Erfordernissen unserer Zeit nicht das
Geringste und redet doch immer störend in Alles hinein.
Willst für die Freiheit Du tapfer Dich schlagen,
Zuerst dann mit kleinlichem Vorurtheil brich.
Frage nicht viel, was die Gegner sagen,
Und wenn sie Dich loben, dann schäme Dich!
■* *
*
Es geht ein Mann im Land herum,
Mit kommunistischen Sitten,
Der schaffet ab das Eigenthum
In Häusern und in Hütten.
Und dennoch kann kein Polizist
Ihm dieses Handwerk legen.
Dieweil er — Exekutor ist,
Und treibt's „von Rechtes wegen".
* *
*
Im polizcigemüthlichen Sachsen hat man sich kürzlich bemüht, der
Verbreitung des „Wahren Jacob" Spähne zu machen. Das soll man
nur bleiben lassen, die Hobelspähne besorge ich schon selbst.
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
autokratischen Herrschaft, er sprang die Leiter
hinunter auf den Hof, über den Mist, durch den
Garten, immer weiter fort, bis das schützende
Dunkel der Nacht hereinbrach. Die Hühner feierten
ihr Siegesfest und er schritt hinein in§] Exil.
Noch einmal wandte er sich um und rief: „Aus
ewig scheide ich mich von Euch, ich gehe zu den
Menschen, denn nur diese zerreißen nicht die Bande
heiliger Scheu, sondern achten Gesetz und Ord-
nung. Sic werden mich zu ehren wissen, mich
den König Hahn tut Exil."
Die Rettung des Handwerks.
Gtm altes und ein junges Weib
(Li» Muselmann einst hatte.
Dem alte» war zu jung, zu all
Dem jungen schien der Gatte.
Die Laare zupften nach und nach
Ihm aus die beiden Dräuen:
Die eine ritz die schwarzen aus,
Die andere die grauen.
Wald in den Spiegel schaut' der Wann,
Da schnitt er eine Dratze:
(Lr hatte keine Waare mehr,
Nur eine große Glatze.
So der Entwurf, den ausgeheckt
Diirs Handwerk der Minister:
Den Dünstlern ist er viel zu jung,
Du alt den Gegnern ist er.
Zur Volksbelustigung.
A. : Was haben nur die Gegner der Sozial-
demokraten in ihren Zeitungen fortwährend über die
harmlosen Arb eiter v cr gn üg u n g e n zu nörgeln?
B. : Der Aerger ist begreiflich, denn das haupt-
sächlichste Vergnügen der Sozialdemokraten ist, daß
sie sich über ihre Gegner lustig machen.
Militärisches.
A. : Auch unter den aktiven Offizieren giebt
es Leute, die nicht auf Vermehrung, sondern
thatkräftig auf Verminderung des Militärs
hinarbeiteu.
B. : Ah, — wer sind diese?
,A.: Es sind die Kommandeure jener Todes-
märsche, bei denen die Zahl der Soldaten durch
Hitzschlag vermindert wird.
A. : Was hat es mit dem Beschwerderecht
der Soldaten auf sich?
B. : Der Soldat hat das Recht, durch Klag-
führung über Vorgesetzte sich neuen Beschwer-
den auszusetzen. __
Den geistlichen Gravrednern
auf Zeche „Uaiserstuhl".
wen» Arbeit, lirfj ermannend, will
Für ihre Freiheit Kämpfen,
Der PlYitf spricht: „Gottlos ifl der Kampf,
Ihr sollt die Nampstust dämpfen!"
Doch riichk ein Heer zum Kampfe ans,
So rücken au die Pfaffen
Und dete»: „schenk' uns, Herr, den Sieg!
Und segne uns're Waffen."
Rrchen-Exempel.
Die sächsischen Konservativen sind gegen das
allgemeine Wahlrecht, denn, behaupten sie, ein
wohlhabender Ehrenmann muß mehr Stimmen
haben, als ein Lump, der nichts hat. Aber wie
viel Stimmen soll dann ein armer Ehrenmann
mehr haben, als ein reicher Lump?
Die Silberkrtsts.
Hampel: Was ist denn eigentlich die Silber-
krisis?
Pampel: Wenn die reichen Leute zu viel
Silber und die Armen zu wenig Gold haben.
Der treue TchahsoKreiür.
A. : Welche Vorzüge bringt der Graf Posa-
dowskp, der neue polnische Schatzsekrctär, für
sein Amt mit?
B. : Man rühmt ihm nach, daß er ein guter
Schütze ist; er wird also sorgen, daß der Reichs-
kasse die nöthigcn Vorschüsse geleistet werden,
und wird, wenn er ziclbcwußt die Defizite
aufs Korn nimmt, bei seinem Anschlag
immer das Richtige treffen.
Aus der Sommerfrische.
Hört nur, was ich Hab' gesehen.
Als im Lommersonnenbrand
Lin klein wenig ich that gehen
Aus der Stadt hinaus aufs Land!
Zahlreich kamen sie gelaufen.
All die Protzen groß und klein.
Um von frischer Luft zu schnaufen
Möglichst viel in sich hinein.
Wucherer, Couponabschneider,
Menschenhändler grad' genug,
Börsengauner und so weiter
Kamen an in langem Zug.
Allen war es anbefohlen.
Daß recht gründlich sollten sie
Auf dem Lande sich erholen
von des Lebens Last und Müh'.
Und je weniger erbötig
Sonst zur Arbeit ihre Hand,
Um so mehr ist ihnen nöthig
Die Erholung auf dem Land.
Doch die Alles dies erhalten,
Schaffen fort in einer Cour,
Proletarier-Gestalten
Bah ich keine bei der Kur!
,, Berlin, Mitte September.
Lieber Jacob!
Na, von den Sedanrunnnel werden wir uns nu woll alle Beede
erholt haben, indem ick nämlich nich bet Jeringste von den janzen Klim-
bim jesehen habe, un von Dir hoffe ick detselbe. De Mordspatrioten sind
nämlich zähe Kerrcls, anstatt det se endlich insehcn, bet feen Mensch mehr so
recht wat von wissen will — i Jott bewahre, nu erst recht nich, un
Sedan muß jcfeiert werden, un wenn die Feiernden bei die janze Affaire
ooch man in'n Chausseegraben jesessen haben. Un de Hauptsache is, det
man denn det jeeinte deitsche Vaterland hoch leben laßt, un det man riss
det Wohl der Freiheit drinkt, die mir jenießen, un uff alle die scheenen
Zustände, die sonst noch bei uns herrschen. Un bei sonne Jelejenheit
heben sich denn de deitschen Heldenbriste hoch, un de Kampfjenossen hauen
uff de Dische, det de Jläser meterhoch flicjcu, un det Vaterland wird
jerettet, un wenn et bis frieh um Viere dauern soll.
Wenn ick heit zu Dage eene Zeitung in de Hand nehme, un ick lese von die
Dodesniärschc un von die Backfeifen, die et in manche Kasernen jeden soll, so
kann ick de Bejeistcruug sehr jut bejreifen, die heite überall, wo Dc blos hin-
kommst, vor det Militär herrscht. Un natierlich, hin un wieder schießt sich ja
een Soldat doot, weil er det jute Leben nich vcrdragen kann; det sind uatier-
lich de jrceßtcn Dämelsäcke, die sojar zum Knöppeputzcn zu dumm sind.
Sehstc, Jacob, so unjefähr jcht et zu in det scheene Reich der Jottes-
furcht un frommen Sitte un damit Alles hibsch bei'n Alten bleibt, darum
frischen se ihre Mords- und Blutfestc immer wieder uff.
Neiet kann ick Dir aus de Metropole der Jntellijcuz nich mittheilcn.
Professor Koch, der die beriehmte Lymphe un de Cholerabazillcn erfunden,
hat festgestcllt, det de Cholera blos 'ne Krankheit vor arme Leite is. Det
jlobe ick ooch. Nach det Thierjartenviertel wird woll de Cholera über-
haupt nich kommen, die bleibt hibsch hier an'n Jörlitzer Bahnhof, so det
also de Börseancr un sonstije nützliche Mitglieder der birjerlichen Jesell-
schaft nischt zu firchtcn haben. Im klebrigen sind wir natierlich sehr vor-
sichtig mit Essen un Drinkcn, ick zum Beispiel esse blos noch Wurscht, weil
die am reinlichsten is — denn det mußt Du doch ooch zujebcn: de Wurscht
is an beede Zippel zujebunden, da kann doch jarkeen Dreck rinkommen.
Inzwischen empfehle ick mir Dir wie jewöhnlich erjebcnst un mit
ville Jrieße Dein treicr Jotthilf Naucke.
An'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Hobrlfpähnr. -sv~-
Große Geister, große Meister
Haben einst die Welt bewegt,
In den Unverstand der Massen
Haben Bresche sic gelegt.
Heut ist's anders, denn die Masse
Bricht der Freiheit muthig Bahn,
Kleine Meister, kleine Geister
Legen heut den Hemmschuh an.
er Die Polizei ist die böse Schwiegermutter im
Haushalt der Staaten. Sie versteht von den wirth-
schaftlichen Erfordernissen unserer Zeit nicht das
Geringste und redet doch immer störend in Alles hinein.
Willst für die Freiheit Du tapfer Dich schlagen,
Zuerst dann mit kleinlichem Vorurtheil brich.
Frage nicht viel, was die Gegner sagen,
Und wenn sie Dich loben, dann schäme Dich!
■* *
*
Es geht ein Mann im Land herum,
Mit kommunistischen Sitten,
Der schaffet ab das Eigenthum
In Häusern und in Hütten.
Und dennoch kann kein Polizist
Ihm dieses Handwerk legen.
Dieweil er — Exekutor ist,
Und treibt's „von Rechtes wegen".
* *
*
Im polizcigemüthlichen Sachsen hat man sich kürzlich bemüht, der
Verbreitung des „Wahren Jacob" Spähne zu machen. Das soll man
nur bleiben lassen, die Hobelspähne besorge ich schon selbst.
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
autokratischen Herrschaft, er sprang die Leiter
hinunter auf den Hof, über den Mist, durch den
Garten, immer weiter fort, bis das schützende
Dunkel der Nacht hereinbrach. Die Hühner feierten
ihr Siegesfest und er schritt hinein in§] Exil.
Noch einmal wandte er sich um und rief: „Aus
ewig scheide ich mich von Euch, ich gehe zu den
Menschen, denn nur diese zerreißen nicht die Bande
heiliger Scheu, sondern achten Gesetz und Ord-
nung. Sic werden mich zu ehren wissen, mich
den König Hahn tut Exil."
Die Rettung des Handwerks.
Gtm altes und ein junges Weib
(Li» Muselmann einst hatte.
Dem alte» war zu jung, zu all
Dem jungen schien der Gatte.
Die Laare zupften nach und nach
Ihm aus die beiden Dräuen:
Die eine ritz die schwarzen aus,
Die andere die grauen.
Wald in den Spiegel schaut' der Wann,
Da schnitt er eine Dratze:
(Lr hatte keine Waare mehr,
Nur eine große Glatze.
So der Entwurf, den ausgeheckt
Diirs Handwerk der Minister:
Den Dünstlern ist er viel zu jung,
Du alt den Gegnern ist er.
Zur Volksbelustigung.
A. : Was haben nur die Gegner der Sozial-
demokraten in ihren Zeitungen fortwährend über die
harmlosen Arb eiter v cr gn üg u n g e n zu nörgeln?
B. : Der Aerger ist begreiflich, denn das haupt-
sächlichste Vergnügen der Sozialdemokraten ist, daß
sie sich über ihre Gegner lustig machen.
Militärisches.
A. : Auch unter den aktiven Offizieren giebt
es Leute, die nicht auf Vermehrung, sondern
thatkräftig auf Verminderung des Militärs
hinarbeiteu.
B. : Ah, — wer sind diese?
,A.: Es sind die Kommandeure jener Todes-
märsche, bei denen die Zahl der Soldaten durch
Hitzschlag vermindert wird.
A. : Was hat es mit dem Beschwerderecht
der Soldaten auf sich?
B. : Der Soldat hat das Recht, durch Klag-
führung über Vorgesetzte sich neuen Beschwer-
den auszusetzen. __
Den geistlichen Gravrednern
auf Zeche „Uaiserstuhl".
wen» Arbeit, lirfj ermannend, will
Für ihre Freiheit Kämpfen,
Der PlYitf spricht: „Gottlos ifl der Kampf,
Ihr sollt die Nampstust dämpfen!"
Doch riichk ein Heer zum Kampfe ans,
So rücken au die Pfaffen
Und dete»: „schenk' uns, Herr, den Sieg!
Und segne uns're Waffen."
Rrchen-Exempel.
Die sächsischen Konservativen sind gegen das
allgemeine Wahlrecht, denn, behaupten sie, ein
wohlhabender Ehrenmann muß mehr Stimmen
haben, als ein Lump, der nichts hat. Aber wie
viel Stimmen soll dann ein armer Ehrenmann
mehr haben, als ein reicher Lump?
Die Silberkrtsts.
Hampel: Was ist denn eigentlich die Silber-
krisis?
Pampel: Wenn die reichen Leute zu viel
Silber und die Armen zu wenig Gold haben.
Der treue TchahsoKreiür.
A. : Welche Vorzüge bringt der Graf Posa-
dowskp, der neue polnische Schatzsekrctär, für
sein Amt mit?
B. : Man rühmt ihm nach, daß er ein guter
Schütze ist; er wird also sorgen, daß der Reichs-
kasse die nöthigcn Vorschüsse geleistet werden,
und wird, wenn er ziclbcwußt die Defizite
aufs Korn nimmt, bei seinem Anschlag
immer das Richtige treffen.
Aus der Sommerfrische.
Hört nur, was ich Hab' gesehen.
Als im Lommersonnenbrand
Lin klein wenig ich that gehen
Aus der Stadt hinaus aufs Land!
Zahlreich kamen sie gelaufen.
All die Protzen groß und klein.
Um von frischer Luft zu schnaufen
Möglichst viel in sich hinein.
Wucherer, Couponabschneider,
Menschenhändler grad' genug,
Börsengauner und so weiter
Kamen an in langem Zug.
Allen war es anbefohlen.
Daß recht gründlich sollten sie
Auf dem Lande sich erholen
von des Lebens Last und Müh'.
Und je weniger erbötig
Sonst zur Arbeit ihre Hand,
Um so mehr ist ihnen nöthig
Die Erholung auf dem Land.
Doch die Alles dies erhalten,
Schaffen fort in einer Cour,
Proletarier-Gestalten
Bah ich keine bei der Kur!