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1031

DaF Vuch de^

iel hundert Bücher, groß und dick,

Herr Miguel hat gelesen.

Die haben ihm, so sagt er, enthüllt
Der Dinge innerstes Wesen.

Er kehrte, gleich dem verlorenen Sohn,

Zu Papa zurück voll Reue:

„O Papa Kapitalismus, verzeih'.

Daß verirrt ich gehütet die Säue!"

Er ward ein braver, solider Mann,

Stand vor der Diskonto-Gesellschaft,

Ward Bürgermeister, Minister sogar.

Der versteht, wie dem Fiskus man Geld schafft

Daneben fand der seltene Mann
Noch Zeit, ein Buch zu verfassen.

Vor welchem die Sozialistenpartci,

So roth sie auch ist, wird erblassen.

Den Lehren von Marx und von Lassalle
Wird damit das Genick er brechen
Und wie die Philister dem Simson einst
Die Augen uns ausstechen.

Herrn Miguel.

Die Perle wird das versprochene Buch
Der sozialen Literatur sein.

Deine „Irrlehren" werden, armer Eugen,
Alsdann nur noch Makulatur fein.

Mit höchster Spannung harrt die Welt
Der großen Offenbarung.

O Miguel, gieb endlich heraus dein Buch
Voll Weisheit und reifer Erfahrung.

Bedenke, du bist kein Jüngling, wie leicht
Macht, Gott behüte! zu Nichte
Freund Hain dein Werk: o welch ein Verlust
Für die ganze Weltgeschichte!

Posadowski bringt das schon fertig allein.

Zu belasten mit Steuern die Schwachen;

Viel wichtiger offenbar ist der Kampf
Mit den: sozialistischen Drachen.

Drum spute dich, daß noch bei Lebzeit du wirst
Als St. Miguel heilig gesprochen.

Die Liberalen werden dereinst
Verehren sogar deine Knochen. *

Ein Idealist.

21.: In der Kolonie „Freiland" in Afrika, welche nach den Vorschlägen
des Di'. Hertzka eingerichtet wird, lebt inan so vortrefflich wie nirgends sonst.

B.: Aber warum geht denn Dr. Hertzka nicht selbst mit nach Afrika?

A.: 2lch, das ist ein Idealist; der gönnt 2llles feilten Mit-
menschen! _^_

Ein kleiner Miguel.

Kunde: Was kostet diese alte Hose?

Kleiderhäudler Levy: Kostet zehn Mark unter Brüdern!

Kunde: Ich gebe vier Mark; mehr ist die Hose nicht werth.

Levy: Werd' ich nehmen die vier Mark.

Kunde: Warum verlangen Sie denn zehn?

Levy: Hält' ich verlangt vier, hätt' ich bekoinmen zwei, ivill ich
haben vier, muß ich verlangen zehn.

Kunde: Sie sind ja der reinste Miguel!

Hobrlsxähne. 'Sksx-

Daß es besser ist geworden
In der viel geplagten Welt,

Das vernimmt an allen Orten,
Wer die Ohren offen hält.

Ei, wie wundersam die Lose
Fielen in der Zeiten Lauf!

Deun noch niemals fraß der Große
2llso schnell die Kleinen auf.

*->5 Das Zentrum sieht mit Sehnsucht den Jesuiten
entgegen, die ihm helfen sollen, beim Umfall in
"Z? der Steuerbewilligungsfrage den Wählern Sand
in die 2lugen zu streuen. Dr. Sigl baut bereits an der Einzngspforte.

Sizilien.

Das schönste Land auf Erden,
Und dennoch überall
Nur Armllth und nlir Elend
Und Llufstaud und Krawall.

Das schönste Land auf Erden,

Es wird zlir Höllenqual,

Wenn Sklaven und Sklavenhalter
Bevölkern es allzumal.

Der Neichskanzler hat ganz Recht, daß er die vielen „Forderungen"
aus den Kreisen Mirbach's und Genossen ablehut; er hat genug zu thun,
wenn er die Forderungen Miquel's im Reichstag durchdrückeu hilft.

Ich glaube, daß es mit der Tabakssteuer schief gehen und Miguel
enttäuscht werden wird; denn je höher der Tabak in Steuerglut versetzt

wird, desto weniger 2lsche giebt er.

Ihr getreuer

Säge, Schreiner.

Vor Schiller'« Denkmal.

Führer: Sehen Sie, das war einer der bedeutendsten und verdienst-
vollsten Männer der deutschen Station!

Fremder (der Deutschland nur aus konservativen Zeitungen kennt): Aha, —
gewiß ein Schnapsbrenner.

die Mehrforderungen des Militäretats aufgebracht
werden muß und daß diejenigen Schichten der
Bevölkerung, die bei der Heeresverstärkung vor-
wiegend in Betracht konnnen, billigermeise auch
zur Deckung der Kosten in erster Linie heran-
gezogen werden müssen. 2luch darin stimmen Beide
überein, daß sie selbst sich den Tabak nicht ab-
gewöhnen werden.

Vor einiger Zeit ging durch die Blätter die
Notiz, daß Rußland zu internationalen Verhand-
lungen über die Anarchistenfrage bereit sei, wenn
man die politischen Flüchtlinge niit den Anarchisten
gleichstellen wolle. Der Zar hat mit liberalster Gast-
fretindschaft die Fluren am unteren Ob, Jenissei
und Lena zur Verfügung gestellt. Fürst Bismarck
soll seinem Sohne Herbert bereits energische Weisung
ertheilt haben, im Reichstage im Sinne jenes
Planes thätig zu sein und sich dabei die Sporen
eines genialen Staatsmannes ;n verdienen.

Der neue Napoleon-Kultus.

An die französische Bourgeoisie.

gebt die Zukunft schon verloren,
Sonst hättet ihr zu dieser Zeit
Nicht träumerisch herausbeschworen
Die Schatten der Vergangenheit.

Der todte Eäsar soll euch retten,

Der einst in wilder Zeiten Flucht
Amsonst mit seinen Najonetten
Zu retten selber sich versucht?

Ihr meint, zur Geisterstunde hebt er
Sich aus dem Grab als neuer äöeld
Nnd mit dem Wink der L>and belebt er
Die alte, längst erstorbne Welt.

Ihr meint, er kommt im kleinen äöute
äöcrangeritten in der Nacht
Nnd führt mit seinem alten Aluthe
Die Sturmkolonnen in die Schlacht.

Da blitzen Najonett und Lanze
And Neiter brausen wild vorbei —

Jedoch verschwinden mnsz das Ganze
Schon bei dem ersten Hahnenschrei.

Drum zähmet eure Vhantasten,

Stinnnt euren äöochmuth nur herab,

Euch aus dem großen Schlamm zu ziehen,
Steigt heut kein Eäsar aus dein Grab.

Napoleon ist und bleibt ein Todter,

Er starb ja längst auf Gelena;

An euch auch riecht man schon den Ncoder,
Ihr starbet längst in Vanama!

Eugen Nichter-Zigarreu

offerirt eine sächsische Zigarrenfabrik den frei-
sinnigen Parteigenossen. Da das Kapital über
den Parteien zu stehen pflegt, so entschließt sich
vielleicht die betreffende Fabrik, auch für andere
Parteien entsprechende Sorten hcrzustellen, z. B.:
Hammerstein-Zigarren: qualmt stark; Ahl-
wardt-Zigarren: schiefgewickelt; Bennigsen-
Zigarren: stark abgelagert re.

Verkannt.

Handwerksbursche: He, guter Freund, was
baut Ihr da fiir ein großes Haus?

Maurer: Das wird ein neues Zellen-
gefängniß.

Handwerksbursche: 2lha, das wird dann
wohl der in den Blättern jetzt so viel erwähnte
Unterstützungswohnsitz sein.

Ein neuer Vernfszweig

hat sich in Paris seit dem Kochtopf-Attentat ge-
bildet. Eine Menge Leute leben davon, daß sie
die Oeffnnng von Paketen unternehmen, um fest-
znstellen, daß sie keine Höllenmaschinen sind.

Herrn Miguel

sollen ans Weihnachten mehrere Pfefferkuchen mit
allerlei Berschen zngesendet worden sein. Wir
theilcn einige derselben mit:

Wer da besteuert Frachtbrief und Quittung,

Dem fehlt jede höhere Gesittung.

Mehrere Handelskammern.

Den Tabak laß in Ruh
Du böser Miquel, Du!

Die Tabakiudustrie.

* *

*

Der muß ein böser Minister sein.

Der will besteuern unfern Wein.

Süddeutsche Winzer.

Mach'S nicht zu arg und laß Dich bitten:

Ich bin ja schon fast ganz — beschnitten.

___ Die Börse.

Einfaches Verfahren.

2l.: Ist cs wahr, daß man ans Torf jetzt
2llkohol geivinnen kann?

B.: Freilich.

21.: Wie macht man das?

B.: Man verkauft den Torf und legt das
dafür einpfangene Geld in Schnaps an.

Winker.

wie lagst du im Lenz so friedlich und hold
Im Blüthengeschmeide und Zonnengold.

Ich staune: mie ist es denn möglich nur,

Daß du so mild kannst werden, Natur!

wie warst du einst sanft, eine schüchterne Maid,
Voll Liebreiz und süßer Holdseligkeit.

Ich staune: wie es nur möglich ist.

Daß manchmal als Weib eine Furie du bist!
 
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