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1039

<txe) Die arme Maid.

-evts' Hobelsxähne.

3l)r Vater war Minister,

Die Paten große tzerr'n.

Und doch — ob ihrer wiege.
Da stand kein guter Stern.

Den guten Vater sollte
Ihr Lebensgang erfreu'n.

Mit reichen Schätzen wollte
Lr ihren Pfad bestreu'n.

Doch schwächlich und gebrechlich
Die arme Rleine blieb,

Ls war in ihrer Seele
Rein rechter Lebenstrieb.

Da kamen rauhe Stürme
Im Monat Ianuar,

Die brachten ihrem Dasein
Die tödtlichste Tefahr.

Und als nach wenig Wochen
Sie fast verblichen schon.

Verwies man sie in eine
Vegräbniß-Rommission.

Da ward sie denn begraben!

Der Rümmer war enorm

Des Vaters — des Herrn Miguel

Sie hieß Finanz-Reform.


Der SoMlistemnarsch in ^kegau.

Bemmchen: Sie härnse, was is denn'n Bergermeester voil Kuh-
Peege* eingefall'n, daß er'n Sozialisteniilarsch verboden had? Der
had wohl de Sozialen so lieb, daß ersch nich här'n gann, wenn se ab-
niarschier'n duhn?

Bliemchen: Nu nee, das grade nich. Das Ding liegd dieser. Der
had in de Zeidungen immer geläsen von Baris, London, Bärlin, Schandau,
Nei-Jork un andere Weldschdädte, un niemals nischd von Knh-Peege.
Das had'n gefuchst, nn daß nn doch ooch emal von Knh-Peege was in
de Blädder gonnnd, had er änne Dhad gedahn un'n Sozialistenmarsch
gonsiszird, un bumsdich, nu schdehd Knh-Peege in alle Zeidungen, sogar
in'n „Wahren Jacob".

Bemmchen: Ei ja, mer Sachsen sein Helle!

* Landesüblicher Spitzname des sächsischen Städtchens Pegau.


Der Fasching ist gekommen
Mit Klang und Sang und Durst!

Die Herrschaft übernommen
Hat wieder der Hanswurst.

Gar weise er regieret
Mit Geist, Geschick und Kraft,

Und ihm nicht opponiret

Der Bund der Landwirthschaft.

* *

*

Die Faschingszeit ist die günstigste Zeit für
den Ultramontanismus, denn da kann er
die Leute ain besten zum Narren halten.

Der Schatzsekretär Posadowsky hat sich dagegen verwahrt, daß man
ihn als Sitz-Redakteur des Finanzministers betrachte. Das hat ihm
aber nichts genützt, denn das Parlanlent wird ihn trotzdem mit seinen
Steuervorlagen sitzen lassen.

Gar mancher, der gelehrt ist sehr,

Verschließt sich gegen Wahrheit störrisch,

Und ivas er schreibt so doktrinär,

Das hieße besser doktrinärrisch.

„In Sizilien giebt es Richter noch", zitirte Erispi aus der

Operette „Gasparoue", da sandte er Scharfrichter ilach Sizilien.

* *

*

Die Schreiner und Zimmerlelite werden demnächst viel Arbeit haben,
um den Holzweg auszubessern, auf ivelchenr sich der Miguel mit seiner
Steuer-Reform befindet. Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Nun schnierzte es den Fürsten Christian doppelt,
daß seinem Vetter, dem Grafen von Gockelthal,
die schöne Erbschaft in den Schoß fallen sollte,
weil ihm der Graf persönlich verhaßt war. Denn
als sie beide noch Knaben waren, hatte das Gräf-
lein allen schuldigen Respekt vor dem Erbprinzeil
außer Acht gelassen und ihn wegen einer Triller-
pfeife, um die sie stritten, mit einem ganz ge-
meineil Haselstock den heiligsten Theil des erb-
prinzlichen Jchs, wonlit er sich später auf den
Throilsessel setzen sollte, mörderlich verhauen.

Die Fürstin Eulalia betete zwar von früh bis
spat, ging täglich zur Kirche und hielt auf denl
Schlosse eigene Andachten. Die zwei Hofprediger,
Gotthils Duilkelnlann und Jeremias Duckedick',
wichen nicht von ihrer Seite. Doch der ersehnte
Segen kam nicht. So blieb nur noch eine Ret-
tung , eine künstliche Nachhilfe zwar, aber doch
etwas Praktisches: Bruder Karl uluß heiratheil.
In der Grafschaft Sandheim-Flöhberg lebte in
sorglicher Zucht die sittsanie Jungfrau Erbgräfin
Athanasia. Sie wurde Karl als Ehegespons nack-
langen diplomatischen Verhandlungen bestiiilmt.

Nach denl Abschluß der Verhandluilgen ließ
Christian seinen Brnder zu sich bitten und sprach:
Ich weiß etwas Gutes für Dich!

Karl (in Reitstiefeln, die Peitsche in der Hand, sieht
aus und riecht wie ein Jockey): Wo steht der Gaul?

Rasse? Guter Renner?

Christian: Ich meine Athanasia.

Karl: Das Pferd kenne ich nicht. Ist wohl
so ein verflixter französischer Windhund von un-
bekanntem Vater und zweifelhafter Mutter?

Christian: Wir sprechen nicht von Pferden,
sondern von der Gräfin Athanasia, die Du hei-
rathen mußt, wenn nicht der verhaßte Gockelthaler
das Land dereinst regieren soll.

Karl: Nie und nimmer heirathe ich, ich pfeife
auf die Weiber! Hiermit stülpte er den Hut in
den Nacken unb lief davon.

Der unheilbare Zwist war da, die feindlichen
Brüder mieden sich, der Kampf war entbrannt.
Doch der Fürst wußte zu handeln. Spornstreichs
eilte er zum Schloß, beschied seinen ersten Kämmer-
ling vor sich und sprach: Heraus mit der ganzen

Pferdczlicht aus meinem Marstall! Mag mein
Bruder seine Schiudnlähren unterbringen, wo er
will, in meinem fürstlichen Stalle bleiben sie nicht!

Wie er befahl, so geschah es. Ein Dutzend
Stallknechte und Bereiter ivarfen den Rossen Zaiim
lind Sattel über und jagten sie hinaus aus den
Schloßplatz, wo Prinz Karl stand, den die treuen
Gäule wiehernd umdrängten. Keine Hand rührte
sich für den Ausgestoßenen, hämisch grinsend stand
das Hofgesinde, Silberwäscher, Lakaien, Furiere,
Stalljungen, Kainiiicrdicner und Kammerfrauen.

Durchlaucht selbst saß am Schreibtisch, schallte
finster auf das Gewühl des Schloßplatzcs und
sah, wie ein abgerissener Betteljiinge aus denl
schwarzen Viertel das Gitter am Schloßthor er-
klettert hatte unb nach dem Schloßfenster, wo der
Fürst saß, die lange rothe Ziinge herausstreckte.

Der gemaßregelte Prinz zeigte, ivessen er fähig
war. Er und sein alter Reitknecht trieben die
Gäule zusammen. Dieser Reitknecht hieß Mikosch
und war ein Ungar. Er sprach kein Wort deutsch,
war seiuenl Herrn treu und fluchte, während er vom
Schloßhof zog, die schönsten iiiagparischcn Flüche.

Ganz Pumpelhausen bildete Spalier, als die
Beiden mit ihren Pferden durch die Stadt zogen,
keiner muckte, nur der alte Armenhäusler Fritz
Stieglitz, der den ganzen Tag besoffeir war, rief
„Hurrah!" Der Zug ging zum Thore hinaiis,
Gassenjuilgen voraus, Gassenjungeir hinterher, in
die weite Ferne hinein, dorthin, wo in bläu-
lichein Dust die Berge schimmerten.

Vor der Thür des Wirthshaiises, das einsam
an der sonnbeglänzten Landstraße liegt, saß im
blauen Kittel, ein Gläschen Schnaps vor sich,
Löb Jtzig, der Roßkaiiim. Der Magyar rief dein
Juden ein lautes Eljen! zu und bald waren Prinz
Karl lind Jtzig einig. Der nächste Reichsanzeiger
brachte im Firmeilregister eine neue Firma:
Jtzig & Lichtenburger,

Pferdehändler.

„Hcißt'n Geschäft", sagte Jtzig zur Rebekka,
„der Lichteuburger ist 'n faiuer Mann, plitz' mer de
Sarah nur immer hübsch 'raus, — vielleicht werd's
noch, daß de bist Schwiegermutter von'n merk-
lichen Ferscht!"

ZUIN Begas-Drulnual.

A. : Was hat sich denn der Begas bei seinem
Entwins zum Kaiser-Denkmal gedacht, als er
unter die Soldaten-Figuren eine Anzahl
Weiber, sogenannte Vietorien, mischte?

B. : Daß die allgemeine Wehrpflicht auch
auf die Frauen ausgedehnt lverden soll.

Miqurl'sche Aeichspolitikr.

A. : Warum betrachtet Miguel die Reichs-Ein-
kommensteuer als undurchführbar?

B. : Weil sie in den Einzelstaaten als Z u s ch l a g
erhoben werden müßte.

A.: Oho, Preußeil ist doch sonst nicht vor'in
Zuschlägen zlirückgeschreckt!

D a r u nt.

A. : Ist cs wahr, daß Caprivi schon wieder
daran denkt, beit Reichstag aufzulösen?

B. : Freilich!

A. : Und warum?

B. : Es sind ihm noch zu wenig Sozial-
demokraten darin.

Auch eine Frauenfrage.

Kulturinensch: Haben Sie sich schon mit
der Frauen frage beschäftigt?

Philister: Frauenfrage? O, die kenneichaus-
wendig ; sie wird von meiner Frau täglich an mich ge-
stellt und lautet: „Warlim komnistDu so spät heiin ?"

Vom Kafernenhof.

Der Hauptmann Schneidig hatte ein sehr-
schlechtes Gedächtniß. Nur ben Namen eines Sol-
daten konnte er behalten und dieser hieß Wüsten-
becker. Der arme Kerl kam beim auch kaum
aus dem Arrest heraus, da er für Alles herhaltcn
mußte. Eines schönen Tages nun beinerkte der
Hauptnlailn, daß einer der Soldateil falsch antrat.
Sofort befiehlt er, dem Wüstenbecker drei Tage
Mittelarrest zu notiren. Der Feldwebel meldet,
daß der Genaunte bereits im Gefängnis; sitze. —
„Donnerwetter", schnaubt der Compagniechef,
„dann kann's nur in der Nähe Wüsten-
becker's passirt sein!"
 
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