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1642

Aaröenkenntmß. <—

Meister: Höre, Junge, Du hast von meinem Bittern getrunken;
gesteh' es nur ein, Du wirst ja kreideweiß.

Lehrjunge: Na, Meester, weiß is doch die Farbe der Unschuld!

- ~>: Doppelsinnig. *<-

Nanette: Liebst Du mich, mein theurer Arthur, denn auch wirklich
so heiß, wie Du sagst?

Arthur: Mehr als alle Andern!

preisgelrörtt.

s hatte die ganze Nacht über geschneit. Endlich
aber durchbrach die unternehmungslustige Fe-
bruarsonne muthig die gespensterhaft bleichen
Wolkenmassen und ließ ihre wärmsten Strahlen
schräg über die schneebelasteten Dächer gleiten,
so daß der Schnee zu schmelzen begann und
hier und da eine schwere Lawine aufs Trottoir niederstürzte.

In den Straßen tönten die Schellen der Droschken- und Schlitten-
pferde, und die Schneeschaufler bemühten sich, für Fußgänger und
Pferdebahnwagen die nöthigen Wege durch den Schnee zu führen.

Einer dieser Schneeschaufler ließ plötzlich mit einem Ausruf der
Ueberraschung die Schaufel fallen und trat einem Kameraden ent-
gegen, welcher vom nächsten Straßenübergange herkam.

„Wat, Fritze! Doch Schneekönig?" rief er dabei. „Ick habe
jejloobt. Du wärst unter die Unternehmer jejangen?"

„Wollt' ick ooch! Ick wollte draußen in der Wrangelstraße een
Bierlokal jründen, aber ick bin dabei den jroßmächtijen Stadtrath
Rumpler in de Unrechte Kehle jekommen; er hat mir die Konzession
verweijert. Et wäre unmoralisch, hat er jesagt, wenn man die

Arbeeter Jelejenheit jiebt, wat hinter die Binde zu jießen, und weil
er weeß, dat ick een juter Kerl bin, der immer voll inschenkt, so hält
er det vor Völlerei."

„Nanu!" rief der Andere; „vor so unmoralisch hätt' ick bei die
Kälte sojar eenen Doppelkümmel nich jehalten!"

„Is er ooch nich", erklärte Fritze, „aber die Sache hat noch 'n
mächtijen Haken. Der Stadtrath Rumpler hat draußen seine Fabrik
und der jute Mann weeß, det ick Sozialdemokrat bin. Nu hat er
Angst, ick könnte mit meine Jetränke seine Arbeeter vor de jute Sache
bejeistern. Det is seine Moral. Aber ick habe appellirt, und einst-
weilen nehme ick jede Arbeet, die mir det Schicksal aus de Wolken
runterschmeißt. — Aber wie jeht's denn Dir, Aujust?"

Der Gefragte zuckte die Achseln und erwiderte mit einem An-
flug von Galgenhumor:

„Bei mir? da jetzt et von janz alleene, ick brauche et jar nich
mehr zu schieben. Heut früh hat mir meine Schlummermama uff de
Straße spedirt, weil ick wejen chronischer Arbeitslosigkeet de, Miethe
zu bezahlen verjessen hatte. Wie ick uff die Straße flog, lag jrade
der Schnee da und den kehr' ick nu weg."

„Sehr jut — denn haste also heute Nacht keen Quartier?"

„Nee", entgegnete August, „ick jloobe wenigstens nich, det se vor
mir in Hotel Kaiserhof een paar Appartemangs injerichtet haben."

„Hm, ick habe eene jlorreiche Idee", sagte Fritze nachdenklich.

„Willst Du vielleicht een Schneeschaufler-Siejesmarsch kompo-
niren?" fragte August.

„Det nich — aber willst Du vielleicht heut Abend tanzen?
Champagner trinken? Dir unter die sojenannte Krähm der Jesell-
schaft rumräkeln?"

„Oho", rief August, „Du willst mir wohl Fata Morjana vor-
spiejeln?"

„Nich die Bohne — ick will heute Abend mit Dir zu Ball jehn."

„In die Kleedasche?" fragte August, aus seinen malerisch zer-
rissenen und nebenbei bunt geflickten Anzug deutend.

„Janz recht — ooch mit die Stiebeln", erklärte Fritze. „Lies
wat da steht."

Er hatte eine Karte aus der Tasche genommen und August las:
„Eintrittskarte zum Lumpenball . . . Die originellste und am kon-
sequentesten durchgeführte Maske erhält einen Preis von hundert
Mark . . ."
 
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