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1678

Aus kein Kunstteben.

'~^T'

Sie Stimme öer Matur.


Theater-Intendant: In welcher Rolle, meine Gnädige, haben Sie sich aus-
gezeichnet?

Schauspielerin: In allen Rollen. Ich trete jeden Abend in drei bis vier der
modernsten Roben auf und besitze außerdem einen wunderbaren Brillantschmuck, — ich

sage Ihnen, Brillanten vom reinsten Wasser —-

Theater-Intendant (entzückt): Sie sind engagirt. Unser Hoftheater kann gerade
ein solch' brillantes Talent gebrauchen.

(D, fontrnt hinaus, hinaus in's Feld,

Dort weht so frisch die Luft,

Die Saaten sind so wohl bestellt,

Die Wachtel lockt und ruft.

Habt, Brüder, ihr es schon erlauscht,
was in den gold'nen Halinen rauscht?

®, kommt hinaus zum grünen Wald
Stolz reiht sich Baunr an Baum;
wenn dort ein frisches Lied erschallt
Hell jauchzend durch den Raum, —

Habt ihr den Widerhall gehört,
was er uns Menschenkinder lehrt?

Lr klingt zu uns wie Jubelschrei,

<D, folget feiner Spur:

Der Mensch soll sein so froh und frei,

So frei wie die Natur!

wir folgen ihrem Freiheitsdrang,

Ihm unser Sein, ihm unser Sang! I-A.

->W> Der ftatin gut werden.


Fritzchen: Mama, darf ich noch etwas hinunter gehen
und mit Nachbars Karl spielen?

Mutter: Ja, geh' Kind!

Fritzchen (ihr die Hand drückend): Ach, Mama, Du bist
doch ein guter Kerl!

—§- Verfolgung. ~f~-

IpSic haben uns einen Damm gesetzt,

Die Herren vom hohen Aathe.

Sie haben auf uns die Meute gehetzt,

And ganz unrfonst, wie schade!

Denn seht, wir leben noch immerzu
And geben den (böten ninrmer Auh'

Auf ihrem Iägerpfade.

Sie machten zuerst ein streng Gesetz,

Die Herren vom hohen Aathe.

Das gab eine lustige Alenschenhetz,

And ganz umsonst, wie schade!

Denn unsres jungen Tages Hicht
Allsiegend durch die Wölben bricht
Dm wohtverhängten Staate.

Der Dölberfrühling zieht herauf,

Ihr Herren vom hohen Aathe.

Kein Machtwort hält, kein Schwert ihn auf
Auf seinem Siegespfade.

Denn groß geworden ilt in der Nacht
Des Sozialismus heilige Macht
Im allerchristlichen Staate.

Gertrud Ztein.

ex® Gift überall.

Allen willkommen und ausnehmend heiter
blickte die frühe Märzsonne durch die dünne kühle
Frühlingslust und ungeschwächt durch spiegelblank
geputzte Fensterscheiben in das wohlige Gemach
des Kommerzienraths Gottlob Ohnesorg,
welcher, die fleischigen Hände auf feinem wohl-
gerundeten — Schlafrock verschränkt, in einem
bequemen „Sorgenstuhle'' (d.h. auf Deutsch: einem
Stuhle für Leute ohne Sorgen) den wohlvor-
bereiteten Freuden seines Geburtstages entgegen-
nüsterte. Mit der zur Zufriedenheit untrennbar
verbundenen Genugthnung hatte er sich seine
kapital- und dividendenreiche Existenz im kurzen
Ueberblick vor sein beschauliches Allge gebracht,
und wenn ihm auch die neuesten Militärvorlagen
(es ist immer eine neueste Militäröorlage vor-
handen) einige finanzielle Bedenken verursachten,
so vertraute er doch dem altbewährten System,
nach welchem die Steuerlasten, namentlich die
indirekten, so ziemlich spurlos am Kapital vor-
übergehen. Wenn noch irgend etwas gefehlt hätte,
sein Wohlbehaglichkeitsgefühl zu einem vollkom-
menen zu machen, so wäre dies durch einen eben
gelesenen Rückblick auf das Scheitern des Berg-
arbeiterstreiks reichlich ersetzt worden.

„Wer nicht hören will, muß fühlen", meinte
er und wollte sich eben erheben, um sich der zu
erwartenden Gratulanten wegen „in Glanz zu
werfen", als ihn plötzlich sein jüngstes Töchterchen,
j ein liebliches, blondes, blauäugiges Mädchen, welches
inzwischen unbeachtet ihre Puppe festlich aufgeputzt
hatte, durch den an das beim Kamin beschäftigte
Dienstmädchen gerichteten Zuruf erschreckte:

„Sei sparsam mit der Feuerung, Christel, Du
weißt nicht, wie theuer die Kohlen sind."

„Theuer?" rief das Mädchen verwundert, „die
Kohlen? Ei, sie sind noch keinen Winter so billig
gewesen."

„Theuer? die Kohlen?" rief auch der Kom-
merzienrath erstaunt. „Adele, Du weißt nicht,
was Du sprichst. Die Kohlen gehören zu den
allerbilligsten Lebensbedürfnissen und kommen bei
uns gar nicht in Betracht, da ich selbst ein großer
Kohlen-Aktionär bin. Wer hat Dir dem: diesen
dummen Gedanken beigebracht?"

„Meine Gouvernante hat's gesagt, und sie
wird's wissen, denn sie konunt aus unserer Berg-
werksgegend."

„Deine Gouvernante? Run, da möchte ich
doch wirklich einmal näher Nachsehen, wem ich
die Erziehung meiner Kinder anvertraut habe.
Geh, Christel, und ruf mir einmal das Fräulein
herbei."
 
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