1710
Mt Windischgrätz.
Mm Jahre achtundvierzig war's; gequält vom Druck und von der Roth
Ltand aufdas Volk im schönen Wien zum Rampfum Freiheit und umBrot.
wo kühl sonst nur die Donau rauscht, mo sonst nur reifen Vorn und wein.
Da tobte heiß ringsum die Lchlacht, da donnerten Geschütze drein.
Ls führte windischgrätz herbei des Despotismus mildes Heer,
Panduren und Kroaten sah man zahllos, wie der Zand am Neer.
Wohl hat das gute Volk von Wien verrichtet manche tapfre That,
Doch es erlag der Uebermacht und auch des Protzenthums verrath.
Ls hat der windischgrätz gehaust voll Grausamkeit mit Nord und Brand;
Ls war, als feien neuerdings die Türken in dem deutschen Land;
Ls ward nicht Alter noch Geschlecht geschont und auch kein Heiligthum;
Erschossen lag in seinem Blut der Volksvertreter Bobert Blum. . . . .
Und wiederum in Testerreich, gequält vom Druck der schweren Aoth,
Erhebt das Proletariat den Lchrei nach Freiheit und nach Brot.
Ein windischgrätz regiert auch heut; auch er denkt wohl mit gist'gem Hohn,
wie einst der blutige Alte sprach: „Der Nensch fängt an erst beim Baron!"
Ls hat das arme Volk heut nicht gegriffen zu dem blanken Lchwert,
Es hat auf des Gesetzes weg nur den Achtstundentag begehrt.
Da gab es blaue Bohnen gleich und sie verlangten nur nach Brot,
Lie lagen stumm in ihrem Blut — so hat gestillt man ihre Aoth!
Zum Himmel schreit unschuldig Blut, das immer feine Luhne will;
Tb eines windischgrätz stand noch die Weltgeschichte niemals still.
Und nehmen auch den Nund recht voll die seilen Tintensklaven gleich,
Nan weiß, es ist entsetzlich faul in diesem alten Testerreich!
Berlin, Mitte Mai 1894.
Lieber Jacob!
Wat ick sagen wollte — t§ der Mann
nich aus Eirer Jejcnd? Den Dome meene
ick. Kömnlt hier so'n Schneider her, un
stößt unsere janzen scheenen Judenflinten
ieber den Haufen. Un mit weiter nix als
so'n jewöhnlichen Panzer un mit etwas Genie
un Ellenbogen. Wat mag der Kerl woll
drin haben? Einige behaupten, er hätte die
Jewissen von alle verstorbenen Kapitalisten
jesammelt, un hätte sie zujgmmenjepreßt un in seinen Panzer jestoppt,
un weil die so mächtig elastisch sind, so jinge keene Kugel nich durch.
Sollte Miquel woll ooch so'n Panzer umhaben? Abprallen dhut
ville an ihm, denn sie schreiben ja alle Oogcnblicke von ihm, bet er seinen
Abtritt nehmen wollte, aber denn heeßt bet immer wieder: „Fällt ihm
jarnich in." Er mag ooch woll denken, wenn er bet liest: „Ihr könnt
viel schreiben, ehe nur wat jefällt." Na, mir kann's schnuppe sind.
Kriegen wir eenen neuen Finanzminister, denn kriegen wir ooch neue
Steuern, „denn dafor kriegt er sein Salähr", wie Bräsig sagt. — Die
Beamten haben ja alle eenen schweren Dienst, un bet is ja selten, bet
mal eener inschlägt. Det müßten den die Pollezeibeamten sind, die am
13. Januar uff die Arbeitslosen injeschlagen haben. De hast woll von der
Verhandlung jelesen, Jacob? Acht Redakteure waren anjeklagt, weil sie
in ihre Zeitungen darüber berichtet hatten. Un objleich eene Menge
Zeusen uff traten, die alle jesehen hatten, det die Schutzleite un ihre Kollegen,
die in Zivil waren, barbarisch mit Jummischläuche uff die Leite inje-
hauen hatten; bestraft wurden sie doch, det heeßt nicht die Schutzleite,
sondern die Redakteure. Jeder Preuße hat nu mal det Recht, den Mund
;u halten. Wen die Pollezei man een bisken mehr uff'n Kiehn sein wollte,
wenn et jilt, een Verbrecher uff de Spur zu kommen. Eener von de
Vertheidijer sagte, det die Berliner Pollezei nächstens det Jubiläum von
den fünfundzwanzigsten Mörder feiern könnte, den sie — nich jekriegt
Die WingMaZlow s leben noch.
(As hat mit stolzem Wortgepränge
Der Ztaatsanwalt verkündet laut.
Daß des Gesetzes ganze Ltrenge
Aus Journalistensrevel schaut.
Das Federvieh darf nie sich kümmern,
Tb schneidig ist die Polizei;
Ls will nur freventlich verschlimmern
Des Ltaates Aoth durch fein Geschrei.
Die Polizei so sanft und gut
Behält das Volk in treuer Hut.
Aur Volksaufwiegler können grollen,
wenn mahnend feine Plempe zieht
Der fromme Lchutzmann, — Dank ihm zollen
wird stets ein kindlich treu Gemüth.
wir wissen bei den argen Zeiten
Tft nicht, was recht und billig ist,
Drum soll den rechten weg uns leiten
Der Lchutzmann als ein echter Ghrist.
Auch er vertritt den lieben Gott;
Drum Ehrfurcht fernem Nachtgebot!
Der Ltaat liebt feine llnterthanen
Und züchtigt sie gar väterlich,
Aur wer aus argen Umsturzbahnen,
Erfrecht darob zu murren sich.
weil so die Polizei erfüllet
Nit treuem Linn die schwere Pflicht,
Chut's Aoth, daß man die Lchreier stillet
Und ihnen ernst das Urtheil spricht.
Herr Brausewetter sagt's mit Recht,
Nichts taugt der Presse arg Geschlecht.
Die Ihring-Nahlow's sind nicht Lpitzel,
Lchntzengel nur der Polizei!
Trotz allem gift'gen Preßgekritzel
war's immer so und bleibt dabei. —
Das dumme Volk will's nicht begreifen
Bei seinem schmalen Bissen Brot
Und sich auf seine Neinung steifen.
Daß schnöde Lpitzelei ihm droht.
Ls schreiet laut in Frohn und Joch:
„Die Jhring-Nahlow's leben noch!"
Saaten-Berichte.
Die Behauptung eines konservativen Wahl-
komites, daß es nicht mehr regnen würde, wenn
das Volk so gottlos wäre, Sozialdeinokraten in
den Reichstag zu wählen, hat sich nicht erfüllt.
Die Wolken haben sich eines Besseren besonnen
und haben ausgiebig Regen gespendet auf Gute
und Böse, Gerechte und Ungerechte; sogar im
Wahlkreise des Duell-Pfarrers Schall, der es
gewiß nicht verdient, soll es geregnet haben.
Von einer Futternoth ist deshalb Heuer keine
Rede; Ochsen, Kühe, Kälber und Schweine schwelgen
in: Ueberfluß, auch die Reptilien werden reichlich
genährt, nur die Menschen, sofern sie Lohnarbeiter
sind, kriegen schinale Bissen, denn für den Arbeiter
reichen nun einmal die Güter der Erde nicht,
selbst wenn die Regenwürmer an Fettsucht sterben
und die nothleidcnden Landwirthe in Champagner
schwimmen.
Trotzdem können die Arbeiter ihre Freude daran
haben, wie in diesem Sommer alles so schön ge-
deiht. Der R o g g e n steht schon hoch in den Halmen;
dem Agrarier wäre es freilich lieber, wenn er hoch
im Preise stände; aber er muß sich in Geduld
fassen und die Zeit abwarten, bis der Kanitz'sche
Getreide-Verstaatlichungs-Antrag angenommen ist.
Dann werden sich nur noch Kommerzienräthe den
Luxus erlauben können, Brot zu essen, und gegen
den Kornzoll wird kein Mensch mehr etwas ein-
wenden können, weil er zu den L u x u s st e u e r n zählt.
Auch der Stand der Gerste läßt nichts zu
wünschen übrig; er verspricht ein fruchtbares Jahr
mit reichlichem Gerstensaft, bei welchem man sich
für den neuen Steuerfeldzug stärken kann, über
dessen Plan der alte Miquel brütet. Uebrigens
blickt auch der Miquel begehrlich auf die Gerste,
nachdem die Trauben des Weinstockes ihm zu
sauer geworden und cs ihm nicht gelungen ist,
vom Weine Tribut zu nehinen, wie es seine glück-
lichere Konkurrentin, die Reblaus, thut.
Fällt er auch mit der Biersteuer durch, dann
bleibt sein letzter Trost die Kartoffel; er wird
auf den Fuselspiritus verfallen, wie schon so
mancher edle Ritter beim Champagner anfing
und beim Schnaps endete. Die Kartoffel, die dem
Armen nothdürftige Nahrung, dem Reichen glän-
zende Liebesgaben bietet, sie wird schließlich auch
noch die hauptsächlichen Kosten der Militärvorlage
decken müssen. Dabei wird die Last endlich auf die
vielbesprochenen „stärkeren Schultern" fallen, denn
man weiß ja, welche Bauern es sind, die die
größten Kartoffeln haben.
Von allen Getreidesorten in Deutschland blüht
übrigens am meisten der Weizen der Staats-
anwälte, denn man hört fortwährend von
politischen Prozessen, welche wegen allerlei in
Schrift und Rede begangener Vergehen angestrengt
werden und meist ausgiebige Frucht tragen, so
daß wir auf diesem Gebiete keinen Weizen aus
Rußland zu beziehen brauchen, da der unserige
schon hinreichend russisch ist.
Die Frühjahrs-Ernte in Kohl ist ziemlich be-
endet, da die meisten Parlamente geschlossen sind.
Die Ernte war reichlich und ersetzte an Quantität,
was sie an Qualität vermissen ließ.
Wie es mit der Hanf-Ernte steht, läßt sich
noch nicht beurtheilen; sie mag aber so reichlich
ausfallen, wie sie will, es wird dein König Stumm
oder der Raketenkiste in Friedrichsruh schwerlich
gelingen, dem deutschen Volke wieder einen aus-
nahmegesetzlichen Strick zu drehen.
Mt Windischgrätz.
Mm Jahre achtundvierzig war's; gequält vom Druck und von der Roth
Ltand aufdas Volk im schönen Wien zum Rampfum Freiheit und umBrot.
wo kühl sonst nur die Donau rauscht, mo sonst nur reifen Vorn und wein.
Da tobte heiß ringsum die Lchlacht, da donnerten Geschütze drein.
Ls führte windischgrätz herbei des Despotismus mildes Heer,
Panduren und Kroaten sah man zahllos, wie der Zand am Neer.
Wohl hat das gute Volk von Wien verrichtet manche tapfre That,
Doch es erlag der Uebermacht und auch des Protzenthums verrath.
Ls hat der windischgrätz gehaust voll Grausamkeit mit Nord und Brand;
Ls war, als feien neuerdings die Türken in dem deutschen Land;
Ls ward nicht Alter noch Geschlecht geschont und auch kein Heiligthum;
Erschossen lag in seinem Blut der Volksvertreter Bobert Blum. . . . .
Und wiederum in Testerreich, gequält vom Druck der schweren Aoth,
Erhebt das Proletariat den Lchrei nach Freiheit und nach Brot.
Ein windischgrätz regiert auch heut; auch er denkt wohl mit gist'gem Hohn,
wie einst der blutige Alte sprach: „Der Nensch fängt an erst beim Baron!"
Ls hat das arme Volk heut nicht gegriffen zu dem blanken Lchwert,
Es hat auf des Gesetzes weg nur den Achtstundentag begehrt.
Da gab es blaue Bohnen gleich und sie verlangten nur nach Brot,
Lie lagen stumm in ihrem Blut — so hat gestillt man ihre Aoth!
Zum Himmel schreit unschuldig Blut, das immer feine Luhne will;
Tb eines windischgrätz stand noch die Weltgeschichte niemals still.
Und nehmen auch den Nund recht voll die seilen Tintensklaven gleich,
Nan weiß, es ist entsetzlich faul in diesem alten Testerreich!
Berlin, Mitte Mai 1894.
Lieber Jacob!
Wat ick sagen wollte — t§ der Mann
nich aus Eirer Jejcnd? Den Dome meene
ick. Kömnlt hier so'n Schneider her, un
stößt unsere janzen scheenen Judenflinten
ieber den Haufen. Un mit weiter nix als
so'n jewöhnlichen Panzer un mit etwas Genie
un Ellenbogen. Wat mag der Kerl woll
drin haben? Einige behaupten, er hätte die
Jewissen von alle verstorbenen Kapitalisten
jesammelt, un hätte sie zujgmmenjepreßt un in seinen Panzer jestoppt,
un weil die so mächtig elastisch sind, so jinge keene Kugel nich durch.
Sollte Miquel woll ooch so'n Panzer umhaben? Abprallen dhut
ville an ihm, denn sie schreiben ja alle Oogcnblicke von ihm, bet er seinen
Abtritt nehmen wollte, aber denn heeßt bet immer wieder: „Fällt ihm
jarnich in." Er mag ooch woll denken, wenn er bet liest: „Ihr könnt
viel schreiben, ehe nur wat jefällt." Na, mir kann's schnuppe sind.
Kriegen wir eenen neuen Finanzminister, denn kriegen wir ooch neue
Steuern, „denn dafor kriegt er sein Salähr", wie Bräsig sagt. — Die
Beamten haben ja alle eenen schweren Dienst, un bet is ja selten, bet
mal eener inschlägt. Det müßten den die Pollezeibeamten sind, die am
13. Januar uff die Arbeitslosen injeschlagen haben. De hast woll von der
Verhandlung jelesen, Jacob? Acht Redakteure waren anjeklagt, weil sie
in ihre Zeitungen darüber berichtet hatten. Un objleich eene Menge
Zeusen uff traten, die alle jesehen hatten, det die Schutzleite un ihre Kollegen,
die in Zivil waren, barbarisch mit Jummischläuche uff die Leite inje-
hauen hatten; bestraft wurden sie doch, det heeßt nicht die Schutzleite,
sondern die Redakteure. Jeder Preuße hat nu mal det Recht, den Mund
;u halten. Wen die Pollezei man een bisken mehr uff'n Kiehn sein wollte,
wenn et jilt, een Verbrecher uff de Spur zu kommen. Eener von de
Vertheidijer sagte, det die Berliner Pollezei nächstens det Jubiläum von
den fünfundzwanzigsten Mörder feiern könnte, den sie — nich jekriegt
Die WingMaZlow s leben noch.
(As hat mit stolzem Wortgepränge
Der Ztaatsanwalt verkündet laut.
Daß des Gesetzes ganze Ltrenge
Aus Journalistensrevel schaut.
Das Federvieh darf nie sich kümmern,
Tb schneidig ist die Polizei;
Ls will nur freventlich verschlimmern
Des Ltaates Aoth durch fein Geschrei.
Die Polizei so sanft und gut
Behält das Volk in treuer Hut.
Aur Volksaufwiegler können grollen,
wenn mahnend feine Plempe zieht
Der fromme Lchutzmann, — Dank ihm zollen
wird stets ein kindlich treu Gemüth.
wir wissen bei den argen Zeiten
Tft nicht, was recht und billig ist,
Drum soll den rechten weg uns leiten
Der Lchutzmann als ein echter Ghrist.
Auch er vertritt den lieben Gott;
Drum Ehrfurcht fernem Nachtgebot!
Der Ltaat liebt feine llnterthanen
Und züchtigt sie gar väterlich,
Aur wer aus argen Umsturzbahnen,
Erfrecht darob zu murren sich.
weil so die Polizei erfüllet
Nit treuem Linn die schwere Pflicht,
Chut's Aoth, daß man die Lchreier stillet
Und ihnen ernst das Urtheil spricht.
Herr Brausewetter sagt's mit Recht,
Nichts taugt der Presse arg Geschlecht.
Die Ihring-Nahlow's sind nicht Lpitzel,
Lchntzengel nur der Polizei!
Trotz allem gift'gen Preßgekritzel
war's immer so und bleibt dabei. —
Das dumme Volk will's nicht begreifen
Bei seinem schmalen Bissen Brot
Und sich auf seine Neinung steifen.
Daß schnöde Lpitzelei ihm droht.
Ls schreiet laut in Frohn und Joch:
„Die Jhring-Nahlow's leben noch!"
Saaten-Berichte.
Die Behauptung eines konservativen Wahl-
komites, daß es nicht mehr regnen würde, wenn
das Volk so gottlos wäre, Sozialdeinokraten in
den Reichstag zu wählen, hat sich nicht erfüllt.
Die Wolken haben sich eines Besseren besonnen
und haben ausgiebig Regen gespendet auf Gute
und Böse, Gerechte und Ungerechte; sogar im
Wahlkreise des Duell-Pfarrers Schall, der es
gewiß nicht verdient, soll es geregnet haben.
Von einer Futternoth ist deshalb Heuer keine
Rede; Ochsen, Kühe, Kälber und Schweine schwelgen
in: Ueberfluß, auch die Reptilien werden reichlich
genährt, nur die Menschen, sofern sie Lohnarbeiter
sind, kriegen schinale Bissen, denn für den Arbeiter
reichen nun einmal die Güter der Erde nicht,
selbst wenn die Regenwürmer an Fettsucht sterben
und die nothleidcnden Landwirthe in Champagner
schwimmen.
Trotzdem können die Arbeiter ihre Freude daran
haben, wie in diesem Sommer alles so schön ge-
deiht. Der R o g g e n steht schon hoch in den Halmen;
dem Agrarier wäre es freilich lieber, wenn er hoch
im Preise stände; aber er muß sich in Geduld
fassen und die Zeit abwarten, bis der Kanitz'sche
Getreide-Verstaatlichungs-Antrag angenommen ist.
Dann werden sich nur noch Kommerzienräthe den
Luxus erlauben können, Brot zu essen, und gegen
den Kornzoll wird kein Mensch mehr etwas ein-
wenden können, weil er zu den L u x u s st e u e r n zählt.
Auch der Stand der Gerste läßt nichts zu
wünschen übrig; er verspricht ein fruchtbares Jahr
mit reichlichem Gerstensaft, bei welchem man sich
für den neuen Steuerfeldzug stärken kann, über
dessen Plan der alte Miquel brütet. Uebrigens
blickt auch der Miquel begehrlich auf die Gerste,
nachdem die Trauben des Weinstockes ihm zu
sauer geworden und cs ihm nicht gelungen ist,
vom Weine Tribut zu nehinen, wie es seine glück-
lichere Konkurrentin, die Reblaus, thut.
Fällt er auch mit der Biersteuer durch, dann
bleibt sein letzter Trost die Kartoffel; er wird
auf den Fuselspiritus verfallen, wie schon so
mancher edle Ritter beim Champagner anfing
und beim Schnaps endete. Die Kartoffel, die dem
Armen nothdürftige Nahrung, dem Reichen glän-
zende Liebesgaben bietet, sie wird schließlich auch
noch die hauptsächlichen Kosten der Militärvorlage
decken müssen. Dabei wird die Last endlich auf die
vielbesprochenen „stärkeren Schultern" fallen, denn
man weiß ja, welche Bauern es sind, die die
größten Kartoffeln haben.
Von allen Getreidesorten in Deutschland blüht
übrigens am meisten der Weizen der Staats-
anwälte, denn man hört fortwährend von
politischen Prozessen, welche wegen allerlei in
Schrift und Rede begangener Vergehen angestrengt
werden und meist ausgiebige Frucht tragen, so
daß wir auf diesem Gebiete keinen Weizen aus
Rußland zu beziehen brauchen, da der unserige
schon hinreichend russisch ist.
Die Frühjahrs-Ernte in Kohl ist ziemlich be-
endet, da die meisten Parlamente geschlossen sind.
Die Ernte war reichlich und ersetzte an Quantität,
was sie an Qualität vermissen ließ.
Wie es mit der Hanf-Ernte steht, läßt sich
noch nicht beurtheilen; sie mag aber so reichlich
ausfallen, wie sie will, es wird dein König Stumm
oder der Raketenkiste in Friedrichsruh schwerlich
gelingen, dem deutschen Volke wieder einen aus-
nahmegesetzlichen Strick zu drehen.