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(Lin Ärinnerrmgsklatt an -Luöwig Vfau.

Heute, wo Freimuth der Gesinnung und Unabhängigkeit des
Denkens nahezu verschollene Tugenden in der bürgerlichen Welt ge-
worden, wo bureaukratische Zucht und militärische Korrektheit an ihre
Stelle getreten, heute gemahnt uns ein Mann, der jene demokratischen
Tugenden übte und feierte, diese autokratischen aber mißachtete und

unabhängigen Gesinnung wiederklingt, ein Denker, der die höchsten
Gipfel des Gedankens erflogen und von ihrer Höhe herab tiefe Blicke
gethan hat in Kunst und Wissenschaft und ihre geheimsten Lebens-
gesetze, ein Kritiker, der, ebenso wohlmeinend wie unerbittlich, die
Gerechtigkeit zum einzigen Maßstabe seines stets und überall tief-

befehdete, schier wie eine Gestalt aus einem vergessenen Zeitalter.
Eine solche Gestalt war Ludwig Pfau, der ehrwürdige Veteran von
Achtundvierzig, der in diesen Tagen — am 12. April — sein müdes
Greisenhaupt zum ewigen Schlafe niedergelegt hat.

Eine in sich geschlossene Persönlichkeit, stark und ursprünglich
und in der zähen Kraft ihrer Eigenart fast schroff und unzugänglich
für fremdes Meinen und Wollen, um diese Persönlichkeit aber ein
weit und kühn gezogener Zirkel großer geistiger Gegenstände und Auf-
gaben — so stand Ludwig Pfau, eine reich begabte Natur, inmitten
seines Wirkungskreises —: ein Dichter, in dessen Liedern der ganze
Wohllaut unserer Muttersprache und der ganze Männerstolz einer

begründeten Urtheils geinacht, ein Politiker endlich, der das Banner
der modernen Weltanschauung allzeit hochgetragen und die Befreiung
der Unfreien zu seiner vornehmsten Aufgabe erkoren.

Pfau wurde zu Heilbronn am 25. August 1821 als Sohn des
demokratisch gesinnten Gärtnermeisters Johann Jakob Pfau geboren,
der damals am Sülmermühlweg daselbst eine ansehnliche Gärtnerei
besaß. Ihm widmete der Sohn dankbaren Herzens die Verse:

Wie hast Du mich in stillen Gartenlandcn,

Du kluger Gärtner, liebevoll gehegt!

Wie Deine Blumen, sonder Zwang und Banden,

Mit Licht und Luft und Freiheit großgepflegt!
 
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