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« 1762 •

An Casimir -Perier.

(Zum französischen Ausnahmegesetz.)

'Wonsieur, Sie spielen ein gewagtes Spiel
In zweifelhafter, ja verdächt'ger Sache;

Sie unternehmen leichten Sinns zu viel
And stürzen sich kopfüber in die Lache.
Dergleichen geht nicht blos in Frankreich schief,
Das wissen Alle längst, die weiter blicken;

Die Lache ist ja zweifellos nicht tief,

Doch hat sie Schlamm genug, drin zu ersticken.

was Bismarck einst mit starker Faust begann,
Am seinen Aarren gründlich zu Verfahren,

Das wagen Sie, der reine Hampelmann,
Vergleicht man Sie dem wann mit den drei haaren?
An jenem Fels zerschellten sein Geschick
And seine Macht in einem wahlgewitter —

Sie aber brechen einfach das Genick,

Als Aönig Mammons jammervollster Ritter!

was BadingueL zu keiner Feit gewagt,

2lls wehrlos Frankreich des Verbrechers Beute,
Sie unternehmen's keck und unverzagt
In einer „freien" Republik und — heute!

Nicht dumm war der sentimentale Lump
And hatte nachgedacht in Aerkermauern;

Sie sind nur dreist, brutal und russisch-plump -
Sie könnten mich, Monsieur, beinahe dauern!

* Spitzname von Aapolcon III.

Begrüßt vom Iubelruf der Reaktion
And ihrer Meute lustigem Gebelfer,

Sind Sie trotz alledem gerichtet schon,

Sie selbst, Monsieur, und Ihre Helfershelfer.

Den stolzen Strom zu dämmen ist ein Wahn,

Gr wird genährt aus hunderttausend Bronnen:
Monsieur, Sie sind moralisch abgethan,

Bevor Sie noch recht eigentlich begonnen.

Der wahre Jacob.

Hundswüthiges. sx->

Ein rarer Bursche ist der Tintenkuli,

Der Bismarck's Dache führt mit dreister Dtirn;
Ls siedet ihm das arme bischen Hirn
In Hundstagsgluth im Jänner mie im Juli!
Denn wär es nicht im Lieden immerdar,

Wie könnten sie nach Iwangsgesetzen schrein.
Wo das verfloss'ne doch der große Dtein
In ihres Meisters Diegeslaufbahn mar?

Die sollten lieber sagen: „Lei verflucht
Das Imangsgesetz und sein Lntstehungstag!
Was Lüge, List und Macht im Bund vermag,
Ls ward von uns und ward umsonst versucht."
Der Aachverhalt liegt offen auf der Hand —
Ihn cinzusehn vermag bereits ein Rind,

Doch diese Bande mar von jeher blind
Und hat noch nicht einmal fünf Gramm verstand.

Auch mit dem Alten steht es schlimm. Lr keift
Und zeigt der Welt den fressenden Verdruß,
Was schließlich doch ein niäßiger Genuß,
Dtatt daß zurück er seine Röter pfeift.

Lins aber weiß ich, daß er grimmig lacht,
Wenn man von neuen Iwangsgefetzen schwärmt.
Und daß er denkt: „Die Rerls find kurz gedärmt
Und noch viel dümmer, als selbst ich gedacht!

Äv

Vill's geheimer Erlssz.

Der Kleinste drv Bismarcks, der Bill,
Keine Maifrier dulden mehr will,

Er hak sie verpönt ohne Spas;

Durch einen geheimen Erlast.

Doch was er geheim sich rrdachk,

Es warb in dir Zeitung gebracht,

Und als fein Geheimnis entdeckt,
Hat's Heiterkeit mächtig erweckt.
Nun schweiget beschämt wieder still
Drr kleinste der Bismarck's, drr Bill.

Berlin, im Aujust 1894.

Lieber Jacob!

Det wäre ja recht niedlich! Det jinge ja noch
ieber Kreide un Nothsteen! Also so mie ick, ick

soll bestraft wer'n,
wenn ick eenen Bett-
ler wat jebe? Haste
Worte, Jacob? Wo-
von sollen denn die
armen Leite leben,
die mit die Militür-
mutzen un eenen
Leierkasten in'n
Dhierjarten stehn un
„Heil Dir im Siejer-
kranz" spielen? Wat
is det denn anderes als betteln? Un wat is et
denn weiter als richtije un rejuläre Bettelei, wenn
alle Oojenblicke een Mann mit een jlattrasirtet
Jcsichte kommt un jiebt sich die jrößte Mühe, sollt
rechten scheinheilijen Jndruck zu machen — wat
ihm merschtendeels ooch schön jelingt — un fragt
in sollt salbungsvollen Ton, ob der „Herr Doktor"
— wo er mir mit ntecnen dhut, Jacob — nich
zu diesen oder jenen frommen Zweck ivat beisteiern
will. Da derf ick wat jebett, aber wenn sollt
arvter Deibel, der den janzen Leib voll Hunger
hat, ntal ansprechen dhut un ick jebe ihiit wat,
denn soll ick dafor bestraft wer'n?

Neilich hat hier die Pollezei eene Kremserpartie
anjehalten un ihr die rothen Fahneit ivegjenommen,
womit sie den ersten Wagen dekorirt hatten. Paß
Achtung, Jacob, wenn nächstens eener singt: „Die
rothe Nase seht voran", denn kann er sich eene
Bestrafung jcwärtig sind. Det „rothe Jrütze" ntein
Leibjericht is, jetraue ick mir balde ttich tnehr zu
sagen.

Bei einem hiesijen Fabrikanten is een Buch-
halter durchjebrannt. Er hat feinen Prinzipal eenen
Brief hinterlassen, worin er sagt, det er Anarchist
wäre un mit Feier un Schwert jejen die besitzende

Klasse kämpfen würde, so lange er lebte. Un dabei
hatte der Mann alle Monate fünfundsiebzig Mark
Jehalt un blos von Morjens Achte bis Abends
Achte Dienst. Wenn er damit nu nich auskommen
konnte, denn konnte er sich doch nach Feierabend
etwas zuverdienen, zum Beispiel, indem er von
halb neun bis elf Uhr Kejel uffsetzte. Aber die
Leite verstehen immer nich, sich inzurichten, det
habe ick immer jesagt. Det der Mann, dem er
mit fünfhundert Mark durchjebrannt ist, nich in
Verlejcnheit kam, dafor is jesorgt, nich wenijer
als vierhundert Leite wollten die Stelle mit
fünfundsiebzig Mark monatlich haben. Un da
waren welche zwischen, die frieher Offizier jewesen
waren.

Wie ick jesagt habe, den Mörder van die Frau
Lange haben sie immer noch nich. Nu heeßt det:
„Mehr Gendarmen, mehr Pollezei!" Ja, meine
jnte Mutter, die haben so wie so jenug zu dhun.
Die müssen uffpassen, det bei die Landpartieen
nich ieber die Schnur jehauen wird, det die Läden
während der Kirchzeit richtig zujemacht werden,
det die Hunde ooch alle Maulkörbe dragen, det
keener die Straße verunreinigt un det keener in'n
lauten Ton „Juten Abend, Herr Bürjermeister!"
sagt. Von Leite, die so ville zu dhun haben, kann
man nich verlangen, det sie bei jeden jewöhnlichen
Mord vorräthig sind.

In dieser Hinsicht verbleibe ick mit ville Jrieße
Dem jetreuer 3ott|jitf Naucke, Moabit.

Vorsicht in Sachsen.

Er: Ei Herrjeemersch, de Lambe brennd noch
un Du dnhst 's Nachdlichdel schon anzinden
— Du willst uns wohl unglicklich machen?

Sie: Wie so denn?

Er: Na, wenn's Eener sieht, da gann er uns
ja wägen verbot» ener Jllumenadsjohn
denunzirn!

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