Den Ueberschlauen. •
Ihr habt euch einst bemüht, brutal zu sein
Mach Art der west-kalmückischen Gendarmen;
Auf ihren Eon gingt ihr gelehrig ein
Mud unbeirrt durch weichliches Erbarmen.
Doch bliebt ihr ewig eine PreszKopie,
Mit allen Mangeln, die am Ablrlatsch kleben;
Wie ihr auch strampeltet, ihr konntet nie
Lu schöpferischem Handeln euch erheben.
Der Sachse ist im Weinen nur ein Held,
Im Müszchenknacken und iin Haarespalten —
Er braucht ein andres, sehr verschiednes Feld,
Die angebornen Gaben zu entfalten.
And dieser seltnen Gaben Stunde Kam,
Alb der Varziner siel mit tausend Schrecken;
Muu führt der Sachse und cs musz voll Scham
Vor ihm der „stramme" Wreusze sich verstecken.
Das bohrt und diftelt, wühlt und spintisirt.
Das schwelgt in kleinen, nicdertracht'gen Eiicken,
Das schuiifselt raftlob, siebt und destillirt
And niesen Hort es auf dem Eljucm die Mücken!
Vor Aührung feuchtet sich Tonola's Blick,
Denn dies Sn sie in ist wirklich ohne (Gadel —
Aus dünnsten Fädchen dreht einen Strick
And biegt zum Angelhackchen jede Madel.
Das hat ein erzgepanzertes Gemüth
And bleibt doch schlicht und harmlos Kon Geberden,
Das ist für Alles gründlich abgebrüht.
Selbst für die Furcht, zum Spott der Welt zu werden;
Das laszt auf jede Eeufelei sich ein
And scheint doch stets das Aecht mit Ernst zu üben;
Es drosselt uns und wahrt dabei den Schein,
Bei alledem Kein Wässerchen zu trüben.
Hier triumphirt in seiner Findigkeit
Der polizeigehirnliche Gedanke;
Er schwingt in lächelnder Geschwindigkeit
Sich broncestirnig über jede Schranke;
Er zeigt der Welt, für jedes Aebel sei.
Wenn man nur sucht, ein Aräutlein schon gewachsen.
And ehrfurchtsvoll verbeugt die Polizei
Der ganzen Welt sich jetzt vor der in Sachsen.
Mir sehen uns seiwer ä Denkmal!"
Aon allen befischen Schdämnren sein
Mir Sachsen doch der hellste:
was needig is, das sehn nier ctrt
Hffs Grindlichste nn Schnellste.
Ls wärgd un schdranrbeld, daß es grachd,
was ,,schneidig" heeßd der Breitze —
Bei uns wärd's hindenrurn geinachd
Uff änne feine weise.
was unsrer Bohlezei tttcE? baßd
— Un das is ziemlich Vieles! —
Das ward als Unfug uffgefaßd,
Als Unfug neiern Schdieles.
Dridd ooch was Närrsches manches Mal
Derbei ttt de Erscheinung —
De Bastcrsch uffen Griminal
Sein schdeds derselwen Meinung.
Ja, unsre wuhd is grenzenlos!
Rohd is bei uns nich nowel,
Un sei's ä rohdes Bliemchen blos,
Ä rohber Nasenhowel!
Daß groben Unfug du uerübd,
Se wern der's schon beweisen —
Denn gannste, wenrr dich's ooch bcdrübd,
Gefängnißgostmal beißen.
willst bummeln du ämal in Frei'n,
Denn mache 's ja alleene,
Denn was de Herrn Schandarme sein,
Die Hamm der lange Beene.
Ä Uffzug isses ganz gewiß,
Driffd Eener so den Andern,
Un weil das grober Unfug is,
Mußd Du ins Giddchen wandern.
Ä grober Unfug, der basfird
Nadierlich alle Dage —
So leest in Sachsen unschenierd
Mer die sohziale Frage!
was ärgendwo un ärgendwann
De Uohden arrangschieren —
Ä glcenen groben Unfug gann
Mer daraus destilliren.
De Rohden sinn nu ganz ge-ebb-
Un können's nich verwinden,
Und dieses herrliche Rchzebd,
Das mußben wir erfinden!
Uff so was gahm gee Andrer nich —
De Hellsten sein mir Sachsen!
Der Bilz, der mußde sicherlich,
Uff unserm Miste wachsen!
Berlin, im Aujust 1894.
Lieber Jaeob!
Del kann ja recht niedlich wer'n. Wie ick
man jehört habe, sind sie Alle in die Sommer-
frische jewesen un
haben neie Pläne
jeschmiedet, wie sie
det Volk mit neie
Steiern drillen
können. Unwatder
Miquel is, der soll
ja von alle die Pro-
jekte den Kopp so
voll haben, det er in
Ncn-Dietendorf ver-
sessen hatte, seinen
Kaffee zu bezahlen un wäre beinahe zu 'n Zech-
preller jeworden. Un dabei sagen die Leite immer,
det er seinen Abtritt nehmen will. Der wird sich
hieten, der is an Brot jewöhnt. Ick bin blos
neijierig, mit welche neie Steiern sie uns be-
sticken wer'n. Wat der Birjcrmeester in Rheydt
is, der hat ja een scheenct Bouquet zusammen-
jestellt, der Mann hat ja ordentlich Anlage zu 'n
Finanzminister. Wenn det so käme, wie er det
meent, denn möchte man ja beinahe winschen, det
et mal drei Viertelstunden lang Dynamit regnen
un denn der Blitz rinschlagen dhäte. Aber ick
sage immer, wenn sie die Steierschraube zu derbe
anziehen, denn springt sie ieber, un selbst der
Wurm tritt sich, wenn er jekrimmt wird.
Bei uns machen die Soldaten jetzt alle Dage
Uebungsmärsche. Wer det Jlick hat, in eene
Straße zu wohnen, wo sie det morjens um vier
Uhr vorbeimarschiren, der wird ooch durch det
Tromnieln un Pfeifen jeweckt. Wat is denn
dabei, wenn der Birjer in seinen besten Sommer-
nachtstraum jestört wird? Die Hauptsache is
doch, det det Militär in'n Tritt bleibt. In eener
kleenen Jarnison hier in der Nachbarschaft soll
een Oberst sind, der inächtig uff'n Kiehn ist. Sie
sagen, det er an't Desilirium un an'n Alarm-
blasenkatarrh leiden soll. Ick kenne die ollen
Militärkrankheiten nich, indem ich nich Soldat
jewesen bin; sie hatten mir inal zu die reitende
Jebirgsinarine anjesetzt, haben mir aber nich je-
nomulcn. So is denn det europäische Jleich-
jemicht durch mir nich jestört worden. —
Wat is det menschliche Leben, Jaeob? Am
Sonnabend Abend hat sich een Bekannter von
mir, een armer Buchhalter, erschossen. Det Un-
jlickswurm lag jerade uff die Jrenze von die
Jemeinde Johannisthal, det heeßt, mit den Ober-
körper uff den Boden von Johannisthal, mit die
Beene uff fiskalischen Boden. Der Jemeinde-
vorstand von Johannisthal sagte: Uns jetzt die
Leiche nischt an, für ihre Wegschasfung hat der
Fiskus zu sorgen, der Todte liegt mit die Beene
so rieber un „ubi bene, ubi patria“, det heeßt:
„Wo er die Beene hat, da is sein Vaterland."
Der Forstsiskus wollte von diese Auslegung aber
nischt wissen, da wurden amtliche Schriftsticke
jewechselt un der Todte wurde seinen Anjehörijen
nich eher ausjeliesert, bis die Sache entschieden
war. Drei Dage lang hat det jedauert. Heite
Morjen haben wjr ihn beerdigt, ohne Sang un
Klang. Keen Mißton störte daher die stille Feier.
Der Pastor, der erst zujesagt hatte, ließ eene
halbe Stunde vor die Beerdijung sagen, det der
Ihr habt euch einst bemüht, brutal zu sein
Mach Art der west-kalmückischen Gendarmen;
Auf ihren Eon gingt ihr gelehrig ein
Mud unbeirrt durch weichliches Erbarmen.
Doch bliebt ihr ewig eine PreszKopie,
Mit allen Mangeln, die am Ablrlatsch kleben;
Wie ihr auch strampeltet, ihr konntet nie
Lu schöpferischem Handeln euch erheben.
Der Sachse ist im Weinen nur ein Held,
Im Müszchenknacken und iin Haarespalten —
Er braucht ein andres, sehr verschiednes Feld,
Die angebornen Gaben zu entfalten.
And dieser seltnen Gaben Stunde Kam,
Alb der Varziner siel mit tausend Schrecken;
Muu führt der Sachse und cs musz voll Scham
Vor ihm der „stramme" Wreusze sich verstecken.
Das bohrt und diftelt, wühlt und spintisirt.
Das schwelgt in kleinen, nicdertracht'gen Eiicken,
Das schuiifselt raftlob, siebt und destillirt
And niesen Hort es auf dem Eljucm die Mücken!
Vor Aührung feuchtet sich Tonola's Blick,
Denn dies Sn sie in ist wirklich ohne (Gadel —
Aus dünnsten Fädchen dreht einen Strick
And biegt zum Angelhackchen jede Madel.
Das hat ein erzgepanzertes Gemüth
And bleibt doch schlicht und harmlos Kon Geberden,
Das ist für Alles gründlich abgebrüht.
Selbst für die Furcht, zum Spott der Welt zu werden;
Das laszt auf jede Eeufelei sich ein
And scheint doch stets das Aecht mit Ernst zu üben;
Es drosselt uns und wahrt dabei den Schein,
Bei alledem Kein Wässerchen zu trüben.
Hier triumphirt in seiner Findigkeit
Der polizeigehirnliche Gedanke;
Er schwingt in lächelnder Geschwindigkeit
Sich broncestirnig über jede Schranke;
Er zeigt der Welt, für jedes Aebel sei.
Wenn man nur sucht, ein Aräutlein schon gewachsen.
And ehrfurchtsvoll verbeugt die Polizei
Der ganzen Welt sich jetzt vor der in Sachsen.
Mir sehen uns seiwer ä Denkmal!"
Aon allen befischen Schdämnren sein
Mir Sachsen doch der hellste:
was needig is, das sehn nier ctrt
Hffs Grindlichste nn Schnellste.
Ls wärgd un schdranrbeld, daß es grachd,
was ,,schneidig" heeßd der Breitze —
Bei uns wärd's hindenrurn geinachd
Uff änne feine weise.
was unsrer Bohlezei tttcE? baßd
— Un das is ziemlich Vieles! —
Das ward als Unfug uffgefaßd,
Als Unfug neiern Schdieles.
Dridd ooch was Närrsches manches Mal
Derbei ttt de Erscheinung —
De Bastcrsch uffen Griminal
Sein schdeds derselwen Meinung.
Ja, unsre wuhd is grenzenlos!
Rohd is bei uns nich nowel,
Un sei's ä rohdes Bliemchen blos,
Ä rohber Nasenhowel!
Daß groben Unfug du uerübd,
Se wern der's schon beweisen —
Denn gannste, wenrr dich's ooch bcdrübd,
Gefängnißgostmal beißen.
willst bummeln du ämal in Frei'n,
Denn mache 's ja alleene,
Denn was de Herrn Schandarme sein,
Die Hamm der lange Beene.
Ä Uffzug isses ganz gewiß,
Driffd Eener so den Andern,
Un weil das grober Unfug is,
Mußd Du ins Giddchen wandern.
Ä grober Unfug, der basfird
Nadierlich alle Dage —
So leest in Sachsen unschenierd
Mer die sohziale Frage!
was ärgendwo un ärgendwann
De Uohden arrangschieren —
Ä glcenen groben Unfug gann
Mer daraus destilliren.
De Rohden sinn nu ganz ge-ebb-
Un können's nich verwinden,
Und dieses herrliche Rchzebd,
Das mußben wir erfinden!
Uff so was gahm gee Andrer nich —
De Hellsten sein mir Sachsen!
Der Bilz, der mußde sicherlich,
Uff unserm Miste wachsen!
Berlin, im Aujust 1894.
Lieber Jaeob!
Del kann ja recht niedlich wer'n. Wie ick
man jehört habe, sind sie Alle in die Sommer-
frische jewesen un
haben neie Pläne
jeschmiedet, wie sie
det Volk mit neie
Steiern drillen
können. Unwatder
Miquel is, der soll
ja von alle die Pro-
jekte den Kopp so
voll haben, det er in
Ncn-Dietendorf ver-
sessen hatte, seinen
Kaffee zu bezahlen un wäre beinahe zu 'n Zech-
preller jeworden. Un dabei sagen die Leite immer,
det er seinen Abtritt nehmen will. Der wird sich
hieten, der is an Brot jewöhnt. Ick bin blos
neijierig, mit welche neie Steiern sie uns be-
sticken wer'n. Wat der Birjcrmeester in Rheydt
is, der hat ja een scheenct Bouquet zusammen-
jestellt, der Mann hat ja ordentlich Anlage zu 'n
Finanzminister. Wenn det so käme, wie er det
meent, denn möchte man ja beinahe winschen, det
et mal drei Viertelstunden lang Dynamit regnen
un denn der Blitz rinschlagen dhäte. Aber ick
sage immer, wenn sie die Steierschraube zu derbe
anziehen, denn springt sie ieber, un selbst der
Wurm tritt sich, wenn er jekrimmt wird.
Bei uns machen die Soldaten jetzt alle Dage
Uebungsmärsche. Wer det Jlick hat, in eene
Straße zu wohnen, wo sie det morjens um vier
Uhr vorbeimarschiren, der wird ooch durch det
Tromnieln un Pfeifen jeweckt. Wat is denn
dabei, wenn der Birjer in seinen besten Sommer-
nachtstraum jestört wird? Die Hauptsache is
doch, det det Militär in'n Tritt bleibt. In eener
kleenen Jarnison hier in der Nachbarschaft soll
een Oberst sind, der inächtig uff'n Kiehn ist. Sie
sagen, det er an't Desilirium un an'n Alarm-
blasenkatarrh leiden soll. Ick kenne die ollen
Militärkrankheiten nich, indem ich nich Soldat
jewesen bin; sie hatten mir inal zu die reitende
Jebirgsinarine anjesetzt, haben mir aber nich je-
nomulcn. So is denn det europäische Jleich-
jemicht durch mir nich jestört worden. —
Wat is det menschliche Leben, Jaeob? Am
Sonnabend Abend hat sich een Bekannter von
mir, een armer Buchhalter, erschossen. Det Un-
jlickswurm lag jerade uff die Jrenze von die
Jemeinde Johannisthal, det heeßt, mit den Ober-
körper uff den Boden von Johannisthal, mit die
Beene uff fiskalischen Boden. Der Jemeinde-
vorstand von Johannisthal sagte: Uns jetzt die
Leiche nischt an, für ihre Wegschasfung hat der
Fiskus zu sorgen, der Todte liegt mit die Beene
so rieber un „ubi bene, ubi patria“, det heeßt:
„Wo er die Beene hat, da is sein Vaterland."
Der Forstsiskus wollte von diese Auslegung aber
nischt wissen, da wurden amtliche Schriftsticke
jewechselt un der Todte wurde seinen Anjehörijen
nich eher ausjeliesert, bis die Sache entschieden
war. Drei Dage lang hat det jedauert. Heite
Morjen haben wjr ihn beerdigt, ohne Sang un
Klang. Keen Mißton störte daher die stille Feier.
Der Pastor, der erst zujesagt hatte, ließ eene
halbe Stunde vor die Beerdijung sagen, det der