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1855

Ukue Lksrhastsordnung des Deutschen Reichstags.

^er Abgeordnete hat mit einem Strick um den Hals im
y°yen Hause zu erscheinen.

liege,, ®a§ lZnde des Stricks muß ans dem Tische des Präsidenten

m Wenn ein Redner ungebührliche Aeußernngen macht, hat der

wall die Schlinge zuzuziehen und das Ende des Stricks dein über-
überführt^ äu übergeben, der den Abgeordneten ins Gesängnitz

s, . § ' Die Reden der Staatssekretäre haben die Abgeordneten

lend, die Reden des Reichskanzlers aber knieend anzuhören.

. ... ^p. Wer einen Regierungsvertreter durch Zwischenrufe unters
os..„f' zwei Mark Strafe zu zahlen, welche an die nothleidenden
o äußersten Rechten vertheilt werden,
zub ' ^ 0' Wenn der Präsident das Bedürfniß fühlt, ein Hoch aus-
.'^ben, so wird hinter jeden Abgeordneten ein Schutzmann postirt,
f.Jcy. °etl Reichstagssitz einstweilen beschlagnahmt, damit kein staats-
g layruches Sitzenbleiben mehr möglich ist.

. § Macht ein Abgeordneter während des Hochs dennoch Sitz-
m> m," ' bekommt er sechs Monate Festung und muß zur Straf-
schärfung sämmtliche Reden Kardorff's über die Silberwährung durchlesen.
, ^ Abstimmungen über Steuervorlagen dürfen nur durch Hainmel-

bed"'?> ^"^enommen werden. An der Thüre, welche das Votum „Nein"
m>n k Schutzleute zu postiren, die jeden herauskommenden Ab-

» roneten arretiren und ihn, sein Mandat aberkennen.

Wie weisze Lilie.

IN Frankfurt dir „Meiste
Macht de» Philistern Sch
Ls hat der Her,, ihr Gast
Dein tilienreincs Her,.

Auch Stephan schützt die Seinen.
Ein Alias kündigt an:

Cs darf kein Postbranitrr
Der „Weihen Lilie" natz'n.

Er ivar's, der Sorialistri
Ein gastlich Obdach bot.
3ur Strafe über der Lil

Schwebt Militarboskotl

Nun hüte deine Seele.
Aedenk', Vrieftrügrrlein;
Selbst eine weihe Lilie
Ist nicht wehr unfchuldsrein.

-e/G' Hobelsxähne.

Erloschen ist der Feste Pracht,

Vorbei das fromme Gratuliren —

Nun, Kanzler, zeige Deine Macht
Du brauchst Dich nicht mehr zu gcniren.
Dein Umsturz-Sprüchlein sage her,
Nachbete der Reptilien Lügen,

Das wird uns unterhalten sehr.

Und uns bereiten viel Vergnügen.

Wenn die Finanznoth am größten, ist
Reichstags-Auflösung „wegen Umsturzgefahr"
nächsten. . , .

Ihr fraget, was über's Reichstags-Thor
Am passendsten wohl man als Inschrift stellte?
Die Sache ist einfach; ich schlage vor:

„Eintritt verboten für Staatsanwälte."

die

am

Ich begreife nicht, warum man nur den Abgeordneten Liebknecht
wegen Sitzenbleibens verfolgen will, während doch der Abgeordnete Stadt-
hagen zu gleicher Zeit ebenfalls sitzen geblieben ist, und zwar oben-
drein zwangsweise auf behördliche Anordnung. Wenn das Sitzenbleiben
Majestätsbeleidigung ist, dann verfolge ,nan wegen Anstiftung dazli auch
diejenigen, welche den Abgeordneten Stadthagen zu», Sitzenbleiben ge-
zwungen haben. . , .

Wenn wieder erscheinet ganz unverhüllt
Die Reaktion auf der Bühne,

Da rührt sich der Liberalismus auch.
Und Bennigsen rührt sich, der kühne.

Er rufet, nachdem er die Seinen all'

Zum großen Appell entboten:

Jetzt Brüder! jetzt werfet Euch auf den Bauch,
Und rutschet, und rutschet nach Noten!

„Die Rücksicht auf die Wähler ist nicht maßgebend", sagte
der reichsparteiliche Abgeordnete Gamp in der Jmmnnitätsdebatte. Hoffent-
lich werden die Wähler bei seiner künftigen Kandidatur nicht für ihn stimmen,
um zu erproben, ob er auch ohne sie in den Reichstag kommt.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Üe dann in dieser Weise ihre Schuldigkeit gethan
haben, werden sic nach Hause geben und ihre
Wähler flehentlich bitten, ihnen nie mehr ein
Mandat zu einem solchen „Parlament" aufzu-
halsen.

So werden Hohenlohe-Köller mit dem Reichs-
tag spielend fertig.

—<Fridolin. -< -

Ein frommer Knecht mar Fridolin,

Er diente, sehr geschätzt.

Den, Bismarck einst, Laxrivi dann,

Den, Hohenlohe jetzt.

"no kommt der vierte, zieht er flugs,

"ilt echter deutscher Treue,

^ich aus die alte Uniform,

Schlüpft eiligst in die neue.

Nahe liegend.

A.: Wie kam es, daß die Aktion der „Nord-
eutschen Allgemeineil Zeitung" gegen die Im-
munität der Abgeordneten dem Staatsanwalt
^geschrieben wurde?

. Ach, die ganze Sache nahnl sich eben aus
wie ein Lustspiel von Benedix.

Ausnahme.

„Jedes Ding hat zwei Seiten"— nur

der Staatssekretär Nieberding war in ferner

Begründung der Umsturz-Vorlage ganz ein-
seitig. .—

BLrsenwih.

K ohn: Weißt Du, was ist für ein Unterschied
zwischen Julius Cäsar lind denl Lieutenant von

Pumpwitz?

Maper: Nu?

Kohn: Julius Cäsar hat gefürchtet die Iden
des März lind der Lieutenant Pumpwitz fürchtet
den Jiden Herz, was ist fein Gläubiger.

Eine Lücke im Umsturz-iSeseh.

Geschützt nun wird der Ehestand
Durch neue Paragraphen.

Es kann der biedre Gheherr
Den Schlaf des Gerechten schlafen.

Geschützt wird die Familie auch;

Die ungezogensten Binder

Sie schützet das neue Umsturzgesetz

Dorm Schelten und Schmähen nicht minder.

Nur Eine ging leer aus! Auch ferner bleibt,
Für Spötter willkommenes Futter,

Don Paragraphen ganz unbefchützt
Die wackere Schwiegermutter.

Vorbereitung.

A. : Was ist denn das jetzt immer für ein
Geschrei in der Nachbarschaft?

B. : Das ist der Jnnlliigsmeister Schulze, der
hofft, daß der Reichstag aufgelöft wird, und will
sich als konservativer Kandidat aufstellen lassen.

A. : Muß er denn da so schreien?

B. : Freilich! Er muß sich doch im Hoch-
rufen üben. .

Die armen Fuchsmühler.

A. : Haben die Fuchsmühler Bauern ihr Recht-
holz endlich bekommen?

B. : Ach nein — sie mögen nun selbst nach
ihrem Holze in den Wald gehen oder sie mögen
den Rechtsweg beschreiten, um es zu erlangen —
sie sind eben immer auf deni Holzwege.

Wider den Umsturz.

A. : Aiii schliniiilsten wird das Umsturzgesetz
den Oberpostdircktoren an den Kragen gehen.

B. : Warum?

A.: Wenn sie wieder Verfügungen erlassen,
nach welchen den Unterbeamten das Heirathcn
verboten sein soll, wird man sie wegen Ge-
fährdung der Ehe und Familie cinsperren.

Sächsisches.

Bliemchen: Na sehnse, mir Sachsen wer'»
inid'n Sozialen ganz allecnc ferdig, mir brauchen
den Reichs - Umschdorz - Leberdrahn gar nich. In
Zivicke Ham mer de soziale Bardei schoil uffgeleest,
nu grieg' iner'sche in Berne dran, nachher in Kuh-
peege un zerletzt in Kabbel bei Chemnitz.

Bemmchen: Sehre scheene,aber ivaruniduhn
iner'sche denn da nich gleich in ganz Sachsen uff
eeinal abschaffen?

Bliemchen: Nu nee, immer gemiedlich; wenn
mer so hahnebiechen vorgehn bähten, das dähdcn
uns de Sozialen amende icbelnehmen.

Hohenlohe.

Max: Der neue Reichskanzler ist doch der
geeignetste Vertreter des Umsturzgesetzes.

Moritz: Warum?

Max: Er ist so alt, daß man niemals iveiß,
ob er vor der Sozialdemokratie oder vor
Altersschwäche zittert.

Bürgerliche Moral.

Lin armes Mädchen wird verführt.

Der Schatz dreht ihr 'ne Aase,

Und mit dem Uind, das sie gebiert,
wirft man sie auf die Straße.

Vor Hunger, Regen, Rächt und Sturm
Ist ihr der Muth gebrochen;

Da hat sie denn den armen- wurm
Verzweiflungsvoll erstochen.

Ietzt endlich thut in die beschicht'

Man sich behördlich mengen;

Ls fällt den Spruch das Schwurgericht:
Die Mörderin muß hängen!

Der Herr Philister Säuberlich
Rimmt sittsam eine Prise,

Und spricht zur Tochter: „Freue dich.
Daß du nicht bist wie diese!"
 
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