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1859

fitei "'ff'* — ^ stud Sie entlassen!" erklärte Herr Gottlieb Dämlich

Ucber diese plötzliche Maßregelung war Hans Richter nun doch
"ichrocken. Cr dachte daran, daß er in dieser Gegend so leicht keine
" wieder bekommen werde, und er war Familienvater, dem
er Umzug in eine freinde Ortschaft sehr große Beschwerden verur-
sachen mußte.

»Aber Herr Dämlich" — wandte er höflich ein, „ohne jeden
Orund eine plötzliche Entlassung —"

»Ist es nicht Grund genug, daß Sie zur Umsturzpartei gehören,
die unsere Sicherheit bedroht?" rief Dämlich.

„Bedenken Sie, ich habe Familie", fuhr Richter fort.

„Was künimert mich Ihre Familie!"

»Wie soll ich so schnell mein kleines Haus verkaufen, Ivenn ich
en ^rt verlassen muß?" fragte Richter noch.

„Was kümmert mich Ihr HauS", eiferte der unerbittliche Dämlich.

Hans Richter wandte sich zum Gehen. „Sie sollten froh sein, daß
Sle zuverlässige Arbeiter haben, und Sie werden Ihre Härte noch be-
ieiten", sagte er grollend.

»Bereuen — oho, eine
Drohung..." murmelte
Dämlich erschrocken.

Da stürmte der Kuh-
junge athemlos in das
Zimmer.

»Herr Dämlich — ei-
ue Bombe! eine Bombe!"

Horr Gottlieb Däm-
l'ch wurde bleich. „Was?

- - Wo?" stammelte er.

»Unten — auf dem
Fenstersims im Erdge-
Ichoß — sieht wie ein
Kvchtopf und raucht."

„So hole doch Hilfe!"
schrie Dämlich.

„Die Leute sind auf
der Wiese — es will kei-
ucr näher kommen —
wem kann nicht wissen..."
berichtete der Kuhjunge
und lief davon.

, Hans Richter hatte
'"tt ironischem Lächeln
en Bericht des Jungen
«"gehört, und sagte nun:

»Also — leben Sie wohl, Herr Dämlich."
der r* ° bleiben Sie doch — so helfen Sie doch!" schrie Dämlich,
das ** ru^bvischen durch einen Blick aus dem Fenster überzeugt hatte,
eilt f^Cnctl1 "uler ihm, auf dem Fenstersims des Erdgeschosses wirklich
Bombe? ^ stmed, der rauchte. Was konnte das anders sein, als eine

'"slch habe hier nichts mehr zu thun, ich bin entlassen", sprach der
warn wandte sich zur Treppe, die Dämlich nicht zu betreten

' y o, weil sie unmittelbar in der gefährdeten Nähe lag.
m lieber Herr Richter", flehte jetzt der Gutsbesitzer, „Sie

Seien ^b^erist, Sie sind der einzige Mensch, der vielleicht retten kann!

„übrig ° "unschlich wie Sie", erwiderte Hans nicht ohne Spott —
bull ich mir das Ding einmal ansehen."

Köchin l bie Stiege hinunter. In der Hausflur trat die alte
Gesvräck, , auf ihn zu. Sie hatte das bei offener Thüre geführte
s) urnommen und redete leise auf Richter ein.
den, hm", sagte derselbe ebenso leise, „der kleine Schrecken kann

^m Protzen nichts schaden."

Gcaenü sodann zu dem Fenster, vor dem der schwarze runde
I Mid rauchte, und betrachtete denselben kopfschüttelnd.

doch menschlich!"
mnschlich wie S

^ons MU ^ Ulir das Ding einmal ansehen."

„Nun?" fragte Herr Dämlich, der ängstlich hinter ihm her-
gelaufen war.

„Erschrecken Sie nicht", sagte Hans Richter, „es ist wirklich eine
Bombe, aber cS kann immerhin noch verschiedene Minuten dauern, ehe
sie erplodirt."

Dämlich wurde fast ohnmächtig vor Angst.

„Können Sie die Lunte nicht löschen?" fragte er.

„Möglich — aber eö ist gefährlich."

„So thun Sie es doch!"

„Für einen Gutsbesitzer, der mich hinauswirft?" fragte Richter.

„Aber das ganze HauS kann ja in die Luft fliegen!" jammerte
Dämlich.

,sWas kümmert mich Ihr Haus — sagten Sie vorhin," bemerkte
der Tagelöhner kaltblütig.

„Meine Familie!" schrie Dämlich.

„Sind Sie plötzlich so besorgt um Familien?"

„Haben Sie Erbarmen!"

„Sie sind kein Erbarmen mehr werth. Adieu!"

Damit wandte Hans
Richter dem Hause den
Rücken. Nun rief Däm-
lich, er wolle hohe Be-
lohnung zahlen, die Ent-
lassung sei zurückgenom-
men, ein Jnspcktorposten
sei für Richter vorhanden."

Letzterer wandte sich
um. „Gut", sagte er,
„einen Posten, der kon-
traktlich so gesichert ist,
daß ich vor plötzlicher
Entlassung geschützt bin,
nehme ich an."

„Sie haben den Po-
sten!" schrie Dämlich.

„Ich fordere aber
auch, daß in Zukunft
hier Niemand, auch kein
Taglöhner, wegen seiner
Gesinnung gemaßregclt
wird."

„Bewilligt! Aber nur
schnell die Bombe weg!"
war Dämlich's Antwort,
denn der schreckliche Koch-
topf rauchte noch immer.

„Wiederholen Sie das so laut, daß die Arbeiter drüben auf der
Wiese es hören können!"

Dämlich gehorchte. Er schrie wie ein Thierbuden-Ausrnfer.

„So", sagte Richter, „jetzt ist es die höchste Zeit, daß die Bombe
entfernt wird."

Er nahm ein blaues Taschentuch, deckte es sorgfältig über den
rauchenden Kochtopf, hob denselben dann behutsam auf und warf ihn in
den naheliegenden Teich.

Alle und ganz besonders Herr Dämlich athmcten auf. Waren sie
doch durch den thatkräftigen Haus Richter aus großer Gefahr gerettet.

Am Abend saß der Letztere in seiner Wohnung, als die ihm be-
freundete Gutsköchin 'eintrat.

„Na, Hans", sagte sie und lächelte verschmitzt, „der,Kochtopf' hat
besser'gewirkt, als ich beabsichtigt hatte. Nachdem ich zufällig hörte,
wie der Hasenfuß Dämlich Dich vom Gute maßregeln wollte, faßte ich
schnell einen Entschluß. Ich füllte einen kleinen eisernen Kochtopf mit
der fertigen Frühstücksgrütze und stellte ihn unter Dämlich's Fenster.
Ein Wink und ein Wort und der Knhjunge meldete Euch das Vor-
handensein der Bombe."

„Ja, ja", meinte Hans, „diesmal können auch wir ausrufen:
Gesegnet sei die Bombe!" M

ist wirklich eine Bombe, aber es kann immerhin noch verschiedene Minuten dauern,
ehe sie explodirt."
 
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