1928 *-
Das Mädchen schritt in die Mitte des Tanzplatzes, wo die Helle
Lohe gen Himmel fuhr, trug ein Scheitlein Buchenkloben nach dem
andern herbei, warf sie in die Gluth, daß die Funken aufstoben, und
seufzte bitterlich.
Da hielt's den Jobst nicht mehr. Mit einem Ruck warf er sich
in Positur, glättete mit Künstlerhand Rock, Gilet und Pantalons,
woran so manche Fichtennadel hing, fuhr in die Tasche, holte heraus
und klappte auf das sorgsam mitgeführte Taschenkämmchen nrit Bürste
und Spiegelein, schmückte sich flngö und sprach: „Allerfeinste, herz-
allerliebste, lieblichste Jungfrau und Maid, daß ich Euch verehre und
mit aller Inbrunst liebe, ist Euch schon längst durch die Ausrufer und
Herolde in meinem ganzen Reiche kund und zu wissen gethan. Ihr
seid die Allerschönste im ganzen Land, mit der ich getanzt und an die
ich mein Herz verloren habe. Jetzt habe ich, Prinz Freudenreich aus
Wunderheim, Euch tvieder, theuerstes Aschenbrödel, und hier habe ich
in ein seidenes Tüchlein gefaltet Euer anderes GlaSpantöffelchen, so Ihr
damals verloren habt, als Ihr heimlich vonr Tanze fortginget."
Aschenbrödel aber Hub an: „Mein lieber Prinz, Schnciver und aller-
charmantester Jobst, Ihr könnt mich erlösen, wenn Ihr wollt. Seht,
die Freiheit suche ich, ich die Verfolgte, Gehetzte, Geschlagene. Von
Land zu Land irre ich, die Stunde der Rettung ersehnend und er-
wartend. Aschenbrödel bin ich, das ewig für Andere schafft, darbt,
leidet, das im Jammer und in Kümmernissen vergeht, und das immer
noch auf den Frühling harrt, der die Geister und die Leiber loS und
ledig macht von jeder Fessel."
Da flammte Jobst auf: „Die Stunde konunt. Von Volk zu Volk
fliegt die Losung, die Heerschaar der Freiheitskämpfer wächst. Einen
Schlachtruf, Einen Willen, Ein Ziel haben sie. Die Armen sind's,
die Elenden, die Unterdrückten, die keine Grenze scheidet. Heute begehen
sie in beiden Welten, im Osten und im Westen, den Weltfeiertag, den
ersten Mai.
„Aschenbrödel, Dulderin, Märtyrerin, Du wirst erlöst werden!"
Dumpf schlug die Uhr im Kirchdvrfe ein Uhr. In Nebelgrauen
zerrannen die Gebilde.
„Schlafmühe!" gellte um die Felsecke noch einmal Rumpelstilzchens
schrille Stimme.
Jobst Obermayer aber sank auf seinen Rucksack zurück und haschte
im Traume nach Aschenbrödels schlankem, weißem Fuß.
„Ihr seid die Allerschönste im Land."
Mägdlein aber trug ein zerschlissenes Bcttelkleid, das war geflickt, hundert
Flecken und Lappen waren auf den Rock gesetzt, und an dem rechten
Fuß trug es ein gläsernes Schühlein, der linke aber, der blank und
schlank und schmal war, war nackt. Ach und die zarten Hände, die
waren rissig und mit Schwielen bedeckt. Asche war über das Kleid
gestäubt, Asche hing an den Haaren.
Das Mädchen schritt in die Mitte des Tanzplatzes, wo die Helle
Lohe gen Himmel fuhr, trug ein Scheitlein Buchenkloben nach dem
andern herbei, warf sie in die Gluth, daß die Funken aufstoben, und
seufzte bitterlich.
Da hielt's den Jobst nicht mehr. Mit einem Ruck warf er sich
in Positur, glättete mit Künstlerhand Rock, Gilet und Pantalons,
woran so manche Fichtennadel hing, fuhr in die Tasche, holte heraus
und klappte auf das sorgsam mitgeführte Taschenkämmchen nrit Bürste
und Spiegelein, schmückte sich flngö und sprach: „Allerfeinste, herz-
allerliebste, lieblichste Jungfrau und Maid, daß ich Euch verehre und
mit aller Inbrunst liebe, ist Euch schon längst durch die Ausrufer und
Herolde in meinem ganzen Reiche kund und zu wissen gethan. Ihr
seid die Allerschönste im ganzen Land, mit der ich getanzt und an die
ich mein Herz verloren habe. Jetzt habe ich, Prinz Freudenreich aus
Wunderheim, Euch tvieder, theuerstes Aschenbrödel, und hier habe ich
in ein seidenes Tüchlein gefaltet Euer anderes GlaSpantöffelchen, so Ihr
damals verloren habt, als Ihr heimlich vonr Tanze fortginget."
Aschenbrödel aber Hub an: „Mein lieber Prinz, Schnciver und aller-
charmantester Jobst, Ihr könnt mich erlösen, wenn Ihr wollt. Seht,
die Freiheit suche ich, ich die Verfolgte, Gehetzte, Geschlagene. Von
Land zu Land irre ich, die Stunde der Rettung ersehnend und er-
wartend. Aschenbrödel bin ich, das ewig für Andere schafft, darbt,
leidet, das im Jammer und in Kümmernissen vergeht, und das immer
noch auf den Frühling harrt, der die Geister und die Leiber loS und
ledig macht von jeder Fessel."
Da flammte Jobst auf: „Die Stunde konunt. Von Volk zu Volk
fliegt die Losung, die Heerschaar der Freiheitskämpfer wächst. Einen
Schlachtruf, Einen Willen, Ein Ziel haben sie. Die Armen sind's,
die Elenden, die Unterdrückten, die keine Grenze scheidet. Heute begehen
sie in beiden Welten, im Osten und im Westen, den Weltfeiertag, den
ersten Mai.
„Aschenbrödel, Dulderin, Märtyrerin, Du wirst erlöst werden!"
Dumpf schlug die Uhr im Kirchdvrfe ein Uhr. In Nebelgrauen
zerrannen die Gebilde.
„Schlafmühe!" gellte um die Felsecke noch einmal Rumpelstilzchens
schrille Stimme.
Jobst Obermayer aber sank auf seinen Rucksack zurück und haschte
im Traume nach Aschenbrödels schlankem, weißem Fuß.
„Ihr seid die Allerschönste im Land."
Mägdlein aber trug ein zerschlissenes Bcttelkleid, das war geflickt, hundert
Flecken und Lappen waren auf den Rock gesetzt, und an dem rechten
Fuß trug es ein gläsernes Schühlein, der linke aber, der blank und
schlank und schmal war, war nackt. Ach und die zarten Hände, die
waren rissig und mit Schwielen bedeckt. Asche war über das Kleid
gestäubt, Asche hing an den Haaren.