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— 1936

Alpdrücken. -*<<*-

-«vts' Verschiedene Auffassung.

Dasselbe Schauspiel nah und fern.

Die Chore möchte man vermauern!
Man möchte uns fürs Leben gern
Das geft versalzen und versauern.

Man zittert, wenigstens zum Schein,
Am grünen Tische vor dem Volke
Und hüllt den Maienfestzug ein
In eine Polizistenwolke.

Vergnügt und harmlos Jung und Alt,
Geschmückt die Rinder und die Krauen,
Und dock) ein Aufwand von Gewalt,
Als ging's ans Barrikadenbauen;

Als würde, wenn der Mittag naht,
von allen Domen, allen Thürmen
Der grundverderbte Demokrat
Mit allen Glocken wüthend stürmen.

Ihr mögt, bereit zu tzieb und Schlag,
Mit blanker Waffe paradireu —

Das Volk läßt sich an diesem Cag
Aicht ärgern und nicht provoziren.
Zum Feste ziehen Rind und Greis,

Das heilig Alten ist und Jungen,

Bis wir dereinst des Sieges Preis
Mit dem Achtstundentag errungen!

^ Jonas über den ersten Mai.

In dem großen Orchester, zu welchem die Maifeier vereinigt die Proletarier
aller Länder, in dem „vieltausendstimmigen Donnerchor", wie hat gesungen
der Dichter Friedrich Sallet, soll auch nicht fehlen die jüdische Stimme, um
einzustimmen in das Hohelied der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

Ja, lieber Jacob, wenn es nicht war' eine Narrischkeit, zu haben Stolz,
möchten wir Juden uns etwas bilden darauf ein, daß der Achtstundentag,
was zuerst hat gegeben die Veranlassung zur Maifeier, ist schon worden
verlangt von dem Rabbi Jesajas Hurwitz, was hat gelebt 1570 bis 1630 und
hat verfaßt das berühmte Buch Scheläh in hebräischer Sprache, worin sich
findet die merkwürdige Stelle: „Der Tag soll werden gethcilt in drei Theile:
acht Stunden Arbeit, acht Stunden Erholung und acht Stunden Schlaf."
Aber die Maifeier ist gewachsen rasch über diese Bedeutung empor zum Welt-

feicrtag, zum Fest der Erlösung durch den Sozialismus, welchen haben
gewissermaßen vorgeahnt unsere alten Propheten, was sind gewesen damals
das Gleiche, was heute sind die sozialdemokratischen Agitatoren. Sie haben
geweissagt vor mehr als zweitausend Jahren eine Zeit, wo Gerechtigkeit
und Freiheit und Frieden wird herrschen auf der ganzen Erde und alle
Völker werden schmieden ihre Schwerter zu Sicheln und ihre Lanzen zu
Winzcrmessern, und kein Volk wird mehr erheben das Schwert gegen das
andere.

„Im künftigen Jahr in Jerusalem!" riefen die Juden an ihrem Er-
lösungsfest, und tvas rufen jetzt die jüdischen Proletarier? „Es lebe die
Sozialdemokratie!" rufen sic, „die will erlösen alle Armen und Elenden,
Christen, Juden und Heiden vom Druck des Mammons!"

—♦* Schnitzel. -—

Eugen Richter: Sogar in Amerika sind
meine „Irrlehren" in starker Auflage verkauft
worden. Was sagen Sie dazu?

Sozialdemokrat: Daß cs in Amerika noch
sehr viele Dumme geben muß.

„Jedem das seine!" sagte ein reicher Mann,
als ihm seine verloren gegangene Brieftasche
iviedergcbracht ltnb der arme Finder mit einem
ivarmen Händedruck von ihm entlassen ivurdc.

„Strafe muß sein." Das mußte bereits
Odysseus erfahren, als er die dem Sonnengott
geweihten Rinder tobten ließ. Die Moral davon
ist: kümmere dich nicht nur gottgcwcihtes Rindvieh.

Hroletaner-Keichihmn.

Äs steht hoch im Gebirge
Äin likeincs Weberhaus,

Dis allergrößte Armuth
Wliciit überall heraus.

Den Webstuhl hört man schlagen.
Äintönig ist der Klang,

Dazwischen hohles ötmsten
And wehmuthsvollen Sang.

Dbwohl man rührt die Lände,
Vis 28lut herniederrollt,

Wringt man's, wie der NaßriKherr
Vm Schloß, zu keinem Gold.

Das einz'ge Gold, was dorten
9m Lüttlein man bestht,

Dst, wenn die Abendsonne
Ins Denster goldig blitzt!

verantwortlich illr bl- Redaktion Georg Baßlcr i» Stuttgart. — Druck und Verlag von I. H. W. Dietz in Stuttgart.
 
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