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1956

Des Ochsengrafen Aannrx Heimkehr vorn Reichstag.

Oun sind der Wlage ledig wir geworden.

Die »lAiichen Lag unK unerträglich schien

And Konnten endlich heim nach Süd nnd Morden,

Mach Gst und Westen und zu Muttern zieh'»!

So laszt unK denn in stiller Vkammer beichten:
Blieb auch gar Vieles in der Schwebe noch
And war's nur wenig auch, waü wir erreichten
Mit all' der Mühe — c tw a s war esi doch!

Dasz wir zu Stande nicht die Dämme brachten.
Die wehren sollten toller Amstnrzflut,

Dasz anders cs gekommen alü wir dachten.

Ist zu verschmerzen — war im Grunde gut.

Die Lrauüe hing zu hoch unK an der Mauer;

So fanden wir, dem Füchslein gleich alif's Daus,
Dasz sie noch unreif sei und essigsauer, —

Sah das nicht männlich, sah's nicht tapfer au;>?

And darum ist'F im Grunde ungebührlich.
Bestreitet man dem Aeich^tag Ara ft und Saft;
Wir haben ja — in Afrika natürlich! —

Den Sklavenhandel gründlich abgeschafft.

In dieser Lhat, die wir vollbrachten, finde
Ich eine edle, köstlich-reife Frucht;

Daheim natürlich hau'n wir da^ Gesinde,

Das ist indessen „väterliche Lucht."

Da^ Beste aber ist daF Materielle —

Da^ Andre nimmt man nur so mit in Aauf;

Wir besserten in affenart'ger Schnelle
Die Liebesgaben (holder Maine!) auf.

Wo AlleF mahnend schreit nach hüherm Lohne,
Sogar der sonst so stillzufried'ne Anecht,

Soll da dem Lucker- und dem Schnapsüarane
Micht billig sein, wasi allen Andern recht?

Man lebt nicht billig auf der heim'schen Grde
And jeder Luschusz macht sich da recht nett.

Da ist daF Spiel, der Sekt, da sind die Pferde —
And dann — die kleinen Gatten vom Ballet!

And auch im Sommer hat man stark zu blechen
Da schmilzt zusammen der Gntüehrnng^lohn;

Die biedre Gattin und die Lachter sprechen
Von Loiletten für da^ Seebad schon!

Mit manchem unsrer Vesten stand esi faktisch
Schon auf deF Messers Schneid', dasz Gott erbarm!
Da greifen denn die Liebesgaben praktisch
And hilfsbereit dem Schwachen untern Arm;

And weil sie neue freundlich unK beschiedcn
Lrotz alle^ Widerstands, trotz Spott und Hohn,
Sind wir im Grunde gar nicht schlecht zufrieden
Mit der soeben endenden Session!

Iud'. Dankee und Junker.

Daß Iud' und Zankee dir der Lampe Licht
Aach Lust nnd Laune künftig hier vertheuern.
Ist sicher schlimm —doch ist's das Aergste nicht:
Kauz anders wird der Junker dich besteuern.
Der arme Junker, der sein Strohdach flickt.
Der vielverlästerte und arg verkannte.

Der in die Welt den edlen gufcl schickt.

Den er aus der Rartoffelknolle brannte.

Des Kusels Preis ist tief herabgedrückt —

Dem soll die brave Schnapsnovelle wehren.
And da das Planchen allerliebst geglückt.

So kann den Antrag Ranitz man entbehren.
Denn ob's der Roggen oder Weizen sei.

Den sie zuerst gepredigt auf den Kassen,

§>b die Rartoffel — das ist Linerlei.

Ltrömt nur das Kold in ihre leeren Raffen.

Den bösen Schnaps, der so herunterging.

Daß man vor Angst nicht wußte, wo zu bleiben.
Den bösen Schnaps wird ein gewalt'ger Ring
Der Kuselbrenner hoch und höher treiben.
Gesegnet wird des „Landbebauers" Kleiß
Und sein gefurchtes Angesicht wird strahlen;
Man brennt Rartoffeln und bestimmt den Preis
Und ob du murrst, ist gleich—du mußt ihn zahlen.

Die Stimmung ist entschieden angenehm
Im Rreis der Herrn und rosig die Empfindung:
Dies Liebesgaben- und Keschenksystem
Ist eine wirklich löbliche Erfindung!

Du aber. Volk, das man nach Rräften drückt.
Statt dich mit weiser Milde zu regieren.

Aun dieser neue Aaubzug ist geglückt —

Wie sie geplant — kannst du dir gratuliren!

“«IsMsr

O>'

Wider die Unzufriedenen.

Die weisen und gütigen Lenker unserer glor-
reichen Sozialpolitik im Deutschen Reich fühlen
sich tief gekränkt darüber, daß die Unzufriedenheit
überhand nimmt, und daß — wie die „Nord-
deutsche Allgemeine" sich jammernd ausdrückte —
die Partei der unzufriedenen Arbeiter als eine
legitime Macht im Staate auftreten und den
Umsturz aller bestehenden Mißstände ganz offen
als ihr Ziel bekennen darf.

Daß dies allerdings eine ganz unerhörte Er-
scheinung ist, muß zugegeben werden. Wenn die
Großgrundbesitzer unzufrieden sind, so läßt sich
das noch hören, denn sie haben Grund dazu, sie
führen bei Sekt und Austern ein ganz bejammerns-
werthes Dasein und ihre Rennpferde kosten bei
der gegenwärtigen hohen Besteuerung des Totali-
sators oft mehr, als sie einbringen. Auch wenn
die hohen protestantischen Kirchenlichter mehr Lohn
verlangen, weil die Margarine int Preise gestiegen
ist, oder wenn die Hof-Zeremonienmeister Zulage
fordern, weil die Hofkrankenkasse nicht für zer-
schossene Schenkel aufkommt, so ist solche Aeußerung
der Unzufriedenheit zu begreifen und zu billigen.

Aber die Arbeiter haben doch ganz gewiß keine
Ursache, unzufrieden zu sein; sie verlieren kein
Geld ans der Rennbahn, sind am griechischen
Finanzkrach nicht betheiligt, haben keine italieni-
schen Staatspapiere, sie brauchen sich vor den
Mißerfolgen der russischen Finanzpolitik nicht zu
fürchten, machen sich keinerlei Sorgen über das
Sinken der Bodenrente nnd fürchten nicht das
Geringste von dem Weiterbestchen der Goldwäh-
rung, kurz, sie führen ein Leben wie im Paradiese.

Trotz alledem besteht die unfern weisen Staats-
lenkern ganz unbegreifliche Thatsache, daß die Ar-
beiter unzufrieden sind.

Wie soll man dieser Unzufriedenheit beikommen,
um sie aus der Welt zu schaffen?

Die Dümmsten unter unfern werthen Zeit-
genossen sind der Meinung, man solle den Un-
zufriedenen das Wahlrecht nehmen und man
solle Jeden einsperren, der Unzufriedenheit
äußert.

Das Unsinnige dieser Mittel liegt auf der
Hand. Wenn man Unzufriedenen das Wahlrecht
nimmt, so werden sie dadurch nicht zufrieden,
sondern im Gegentheil noch unzufriedener, als
sie vorher waren. Auch das Einsperren ist kein
Mittel, die Leute zufrieden zu stellen, denn mit
einziger Ausnahme des Gefangenen im Vatikan
war noch nie ein Gefangener mit seiner Lage zu-
frieden. Diese Mittel verstärken also das Ucbel,
statt cs zu heilen.

Nein, um die Unzufriedenen aus der Welt zu
schaffen, dafür giebt es nur ein einziges, aller-
dings ziemlich nahe liegendes, probates Mittel:
man muß sie zufrieden machen.

Die Anwendung dieses Mittels ist gar nichts
so Außerordentliches, wie es auf den ersten Blick
erscheinen könnte. Den Schnapsjnnkern, den
Kornwucherern, den Zuckerrübenfeldherren und
ähnlichen Kategorien gegenüber hat man es schon
versucht, allerdings mit negativen: Erfolge, man
versuche es nun einmal bei den Arbeitern, dann
wird man wahrscheinlich bessere Erfahrungen
machen.

Wie soll man das anfangen? Der „Wahre
Jacob" schlägt vor: Man gründe ein Reichs-
zufriedenheitsamt und statte es mit den
nöthigen Mitteln und Kompetenzen aus, damit
es jeder Unzufriedenheit wirksam entgegen treten
kann.

Wenn also ein Arbeiter so niedrigen Lohn
bekommt, daß er bei allem Fleiße darben muß,
und wenn ihn dieser Umstand unzufrieden mit
den heutigen sozialen Zuständen macht, dann
muß ihn das Reichszufriedenheitsamt vorladen
und ihm denjenigen Betrag draufzahlen, der zu
 
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