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1977

Künstler (ftoij): Mein Bild erregt in der Ausstellung
großes Aufsehen.

Kritiker: Ach so! deshalb ist es so hoch gehängt worden.

-a» Nahrungsmiltekkunöe.

«=r"-

A. : Welche Pflanze enthält die meisten Eiweißsubstanzen?

B. : Spinat nüt Ei!

Graf M.: Der Bimetallismus ist eine so schwierige Frage, daß nian darüber
den Verstand verlieren könnte.

Sarkäst: Wenn man einen hat.

— Schnadahüpfl. —

's gicbt nur a Kaiserstadt, ! Wir wursteln ruhig fort

's giebt nur a Wien, ! Bis zum Ruin.

Feuer in der Schloßstraße beinahe der Volksjustiz
zum Opfer gefallen wäre, weil nian leider nrir
zu begründete Ursache hatte, ihn für den Brand-
stifter zu halten, wird nun hoffentlich begreifen,
daß seine Stunde geschlagen hat."

So, das war unerschrocken, das war vornehm
überlegen geschrieben, ganz nach Wunsch meines
Vorgesetzten, Doktor Schnapphahn! Nur schien
es mir zu mild und schonend; ich fügte deshalb
noch mit dem Ausdruck des Bedauerns hinzu,
daß die Prügelstrafe leider abgcschafft sei, daß
der zu stürzende Minister aber wenigstens dem
Zuchthause sicher nicht entgehen werde.

Ich gab den Artikel sofort zum Druck in
unser Publikationsorgan, die „Nordpost", und es
entstand sogar im Setzersaale ein großer Jubel
über meine elegante Schreibweise.

Nun galt es noch den Artikel behufs Einfangens
der klerikalen Partei zu verfassen. Mit dieser Gesell-
schaft brauchte ich weniger Umstände zu machen,
als mit dem Minister. Ich begann einfach:

„Es giebt in unserenr wohlgeordneten Staate
eine Räriberbande, welche die Schamlosigkeit be-
sitzt, sich den Rainen einer politischen Partei bei-
zulegen. Diese Galgenvögel haben der Regierung
schon viel zu schaffen genracht, uird es >väre nicht
mehr als billig, daß man den schurkischen Rädels-
führern jener Bande, deneir man wohl nicht mit
Unrecht die Zunahme der Raubmorde in unserer
Residenz zuschreibt, endlich völlig den Garaus
machte. Aus besonderen Gründen aber läßt die
Regierung vorläufig Gnade vor Recht ergehen..."

Hier setzte ich auseinander, zu welchen Vor-
lagen die Regicrring ultramontane llntcrstützrmg
brauchte und warum sie ans die Hilfe dieser
Partei zu rechnen nöthig habe. Der Artikel schloß:
„Das mögen sich jene Tagediebe gesagt sein
lassen, und statt durch Widerspenstigkeit ihre

Situation zu verschlinrmern, mögen sie sich durch
loyales Eingehen auf die Wünsche unseres Mini-
steriums eine Galgenfrist für ihr elendes Gauner-
Dasein erwirken."

Danrit glaubte ich die fragliche Partei in
überzeugender Weise für die Pläne der Regierung
gewonnen zu haben. Sehr zufrieden mit meinem
hochpolitischen Tagewerke ging ich in eine Wein-
stube, um mich zu weiteren Thatcn zu stärken.

Am nächsten Tage war großes Halloh. Der
angegriffene Minister Freiherr von Müllerstein
hatte sein Amt niedergelegt und unfern Ressort-
minister zunr Duell gefordert. Das ultranrontane
Hauptorgan brachte eine Erklärung ihres damaligen
Führers Windthorst, welche eine vollständige Ab-
sage an die Regierung enthielt. Mein Vorgesetzter,
Doktor Schnapphahn, war telegraphisch von seiner
Reise zurückberufcn worden. In der Redaktion der
„Nordpost" fand eine Haussuchung nach meinem
Manuskript statt — ein sn der offiziösen Presse
bisher nicht dagcwesencr journalistischer Erfolg!

Als Doktor Schnapphahn in unser Bureau
zurückkchrte, war sein Erstes, daß er die fraglichen
Artikel in Abrede stellte; sie seien keineswegs von
höherer Seite inspirirt gewesen, sondern lediglich
Privatleistungen eines jüngeren Redakteurs der
„Nordpost", und den Inhalt decke nicht einmal die
Redaktion, viel weniger das Ministerium.

Nun hatten aber glücklicherweise unsere De-
mentis die Eigenschaft, von Niemand geglaubt
zu werden; es blieb also dabei: ich hatte einen
Minister gestürzt. Mein Chef, Doktor Schnapp-
hahn, der sich öffentlich in Aeußerungcn der Ent-
rüstung über nrich erging, beglückwünschte mich
insgeheinr zu dicsenr Erfolge und überreichte mir
zum Lohne für meine erfolgreiche Preßthätigkeit das
„allgemeine Ehrenzeichen", meinen ersten Orden.

Beiläufig äußerte er dann:

„So anerkennenswerth Ihre Leistungen sind,
so scheint es mir doch, als seien Sie hier nicht
an rechtem Orte. Ihre Schreibweise ist für die
inländische Presse etwas zu robust. Dagegen
würden Sie uns als „Stimme aus dem Aus-
lande" vortreffliche Dienste leisten können. Wir
haben deshalb die Absicht, Sie nach London zu
versetzen. Sie werden von uirs regelmäßig Nach-
richt erhalten, welche Meinung die englische Presse
über unsere Politik äußern soll. Sie haben diese
Meinung in die Spalten der von uns näher zu
bezeichnenden Blätter zu lanciren und wir werden
Ihre kräftigen Artikel sodann als bedeutsame
Stimme aus dem Auslande in der inländischen
Presse wiedergeben."

Ich war es zufrieden, bekam Reisegeld und
ein schönes Gehalt angewiesen und dampfte nach
London ab. Dort habe ich noch oft in die poli-
tischen Verhältnisse eingegriffen und habe — unser
Ministerium lobend, seine Widersacher, besonders
die Sozialisten, angreifend, persönliche Gegner
unseres Ressorts herunterreißcnd u. s. w. — als
Stimme der unabhängigen Presse des freien Eng-
land einflußreich gewirkt.

Erst als Bismarck abgesetzt und einige Zeit später
der Reptilienfond abgeschafft wurde, ging die Herr-
lichkeit zu Ende. Zwar wurde nicht vollständig auf
die offiziösen „ausländischen Stimmen" verzichtet,
aber die Sache wurde einfacher und billiger arran-
girt, und ich theilte mit meinem hochverehrten
Chef Doktor Schnapphahn das Schicksal, schnöde
entlassen zu werden. Undank ist der Welt Lohn!

Seitdem ernähre ich nrich in einer errtlegcnen
Vorstadt Londons mühsam vom Hundediebstahl.
Das allgemeine Ehrenzeichen, welches mir einst
für meine Verdienste um die hohe Politik verliehen
wurde, trage ich aber heute noch stolz auf meiner
Heldenbrust.
 
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