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Der Zuperkargo Mynheer van Koek
Sitzt rechnend in seiner Kajüte;

Lr kalkulirt der Ladung Betrag
Und die probabeln Profite.

„Der Gummi ist gut. der Pfeffer ist gut.
Dreihundert Lacke und Fässer;

Ich habe Goldstaub und Llfenbcin
Die schwarze Maare ist besser.

„Zechshundert Reger tauschte ich ein
Zpottwohlfeil am Zenegalflusse.

Das Fleisch ist hart, die Zehnen sind stramm.
Wie Lisen vom besten Gusse.

„Ich Hab' zum Tausche Branntcwein.
Glasperlen und Ltahlzeug gegeben;

Gewinne daran achthundert Prozent.

Bleibt mir die Hälfte am Leben.

„Bleiben mir Reger dreihundert nur
Im Hafen von Rio Janeiro.

Zahlt dort mir hundert Dukaten per Ltück
Das Haus Gonzales Perreiro."

Da plötzlich wird Mynheer van Koek
Aus seinen Gedanken gerissen;

Der Zchiffschirurgus tritt herein.

Der Doktor van der Lmiffen.

Das ist eine klapperdürre Figur.

Die Rase voll rother Warzen —

„Run. Wasserfeldscherer", ruft van Koek.

„Wie geht's meinen lieben Zchwarzcn?"

Der Doktor dankt der Rachfrage und spricht:
„Ich bin zu melden gekommen.

Daß heute Nacht die Zterblichkeit
Bedeutend zugenommen.

„Im Durchschnitt starben täglich zwei.

Doch heute starben sieben.

vier Männer, drei Frauen — Ich Hab' den Verlust

Zogleich in die Kladde geschrieben.

„Ich inspizirte die Leichen genau;

Denn diese Zchelme stellen

Sich manchmal tobt, damit man sie

Hinabwirst in die Wellen.

„Ich nahm den Todten die Lisen ab;

Und wie ich gewöhnlich thue.

Ich ließ die Leichen werfen ins Meer
Des Morgens in der Frühe.

„Ls schossen alsbald hervor aus der Fluth
Haifische, ganze Heere.

Zie lieben so sehr das Regerfleisch;

Das sind meine Pensionäre.

„Zie folgten unseres Zchiffes Zpur.

Zeit wir verlassen die Küste;

Die Bestien wittern den Leichengeruch,

Mit schnupperndem Frahgelüste.

„Ls ist poffirlich anzusehn.

Wie sie nach den Todten schnappen!

Die faßt den Kopf. Die faßt das Bein.

Die andern schlucken die Lappen.

„Ist Alles verschlungen, dann tummeln sie sich
vergnügt um des Zchiffes Planken
Und glotzen mich an. als wollten sie
Lieh für das Frühstück bedanken."

Doch seufzend fällt ihm in die Red'

Van Kock: „Wie kann ich lindern
Das Uebcl? Mie kann ich die Progression
Der Zterblichkeit verhindern?"

Der Doktor erwidert: „Durch eigne Zchuld
Zind viele Schwarze gestorben;

Ihr schlechter Gdem hat die Lust
Im Zchiffsraum so sehr verdorben.

„Auch starben viele durch Melancholie.
Dieweil sie sich tödtlich langweilen;

Durch etwas Luft, Musik und Tanz
Läßt sich die Krankheit heilen."

Da ruft van Koek: „Lin guter Rath!

Mein theurer Wasserfeldscherer
Ist klug wie Aristoteles.

Des Alexanders Lehrer.

„Der Präsident der Zozietät
Der Tulpenveredlung in Delfte
Ist sehr gescheit, doch hat er nicht
von Lurem verstände die Hälfte.

„Musik! Musik! Die Schwarzen soll'n
Hier auf dem verdecke tanzen.

Und wer sich beim Hopsen nicht amüsirt.
Den soll die peitsche kuranzen."

II.

Hoch aus dem blauen Himmelszelt
viel tausend Sterne schauen.

Sehnsüchtig glänzend, groß und klug.

Wie Augen von schönen Frauen.

Zie blicken hinunter in das Meer.

Das weithin überzogen

Mit phosphorstrahlendem Purpurduft;

Wollüstig girren die Wogen.

Kein Lcgel flattert am Zklavenschiff.

Ls liegt wie abgetakelt;

Doch schimmern Laternen auf dem verdeck.
Mo Tanzmusik spektakelt.

Die Fiedel streicht der Steuermann,

Der Koch, der spielt die Flöte.

Lin Zchiffsjung' schlägt die Trommel dazu.
Der Doktor bläst die Trompete.

Wohl hundert Reger, Männer und Frau'n.
Zie jauchzen und hopsen und kreisen
Wie toll herum; bei jedem Sprung
Caktmäßig klirren die Lisen.

Zie stampfen den Boden mit tobender Lust,
Und manche schwarze Schöne
Umschlingt wollüstig den nackten Genoß
Dazwischen ächzende Töne.

Der Büttel ist Maitre des plaisirs,

Und hat mit Peitschenhieben
Die lässigen Tänzer stimulirt.

Zum Frohsinn angetriebcn.

Und Dideldumdei und Schnedderedcng!

Der Lärm lockt aus den Tiefen
Die Ungethüme der Wafferwelt.

Die dort blödsinnig schliefe».

Schlaftrunken komme» geschwommen heran
Haifische» viele Hundert;

Sie glotzen nach dem Schiff hinauf.

Sie sind verdutzt, verwundert.

Sie merken, daß die Frühstückstund'

Roch nicht gekommen, und gähnen.
Aufsperrend den Rachen; die Kiefer sind
Bepflanzt mit Sägezähnen.

Und Dideldumdei und Schneddcredeng
Ls nehmen kein Lude die Tänze.

Die Haifische beißen vor Ungeduld
Sich selber in die Schwänze.

Ich glaube, sie lieben nicht die Musik.

Wie viele von ihrem Gelichter.

„Trau keiner Bestie, die nicht liebt
Musik!" sagt Albions Dichter.

Und Zchnedderedeng und Dideldumdei —
Die Tänze nehmen kein Lnde.

Am Fockmast steht Mynheer van Koek
Und faltet betend die Hände:

„Um Ghristi willen verschone, o Herr.

Das Leben der schwarzen Zünder!

Lrzürnten sie dich, so weißt du ja.

Zie sind so dumm wie die Rinder.

„verschone ihr Leben um Ghristi will'n.

Der für uns Alle gestorben!

Denn bleiben mir nicht dreihundert Stück.
So ist mein Geschäft verdorben."
 
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