2033
an der großen Straße nach der Hauptstadt aufzuknüpfen und ihre Leiber
den Geiern zum Fräße zu lassen.
Und also geschah es.
Almansor ritt selbst mit seinem Gefolge hinaus und überzeugte
sich, daß seinem Befehle Folge geleistet wurde.
Am folgenden Abend hatten die Geier die Leichname bis auf
die Knochen aufgezehrt und umkreisten schreiend die Richtstätte, so daß
ihr Gekrächze bis in den Saal des Palastes drang, in dem der Herrscher
seine Mahlzeit einnahm. Als dieser die heiseren Stinrmen der Geier
hörte, strich er befriedigt seinen Bart und sprach: „Dies Geschrei bürgt
mir dafür, daß auch diese achtzig nicht wieder auferstchen, der Derwisch
ist ein Lügner."
Kaum hatte Almansor diese Worte ausgesprochen, als sich die
Thür öffnete und ein Sklave eintrat, welcher mit verstörter Miene
berichtete, daß unweit der Richtstätte in einem Olivenhaine achthundert
Männer versammelt seien, die fürchterliche Reden hielten und es auf
die geheiligte Person des Fürsten abgesehen hätten.
Entsetzt und leichenblaß fuhr Almansor in die Höhe; er glaubte
die mahnende Stimme des Derwisches zu hören. Doch bald faßte er
sich und in wilden: Trotze warf er den goldenen Pokal zur Erde, daß
er zerbarst. Dann befahl er der Leibgarde, den Hain zu umzingeln
und Alles niederzumetzeln.
Auch dies geschah.
Die aufgehende Sonne beschien einen
blutgedüngten Boden. Weiber und Kinder
klagten um ihre gefallenen Männer, Väter
und Brüder; sie liebkosten und streichelten
die Todten, um sie wieder zu erwecken.
Umsonst, die Schergen hatten ihre Arbeit
zu gut gethan. Der Derwisch hatte
gelogen!
Mit den: Bewußtsein, ein abschreckendes
Exempel statuirt zu haben, ging Almansor
zur Ruhe. Doch wirre Träume um-
gaukelten seine Sinne; er glaubte, die
Stimme des verhaßten Derwisches zu ver-
nehmen, die bald leise, bald laut ihm zurief:
„Und sie stehen doch wieder auf!" Dann
sah er, wie die Häupter der Geköpften sich
zu bewegen begannen und ihn hämisch an-
grinsten; er sah, wie die Skelette der Ge-
henkten, mit dem Hanfseil um den Wirbel-
knochen, heranklapperten; auf einem großen
rothen See schwanrinen die im Olivenhain
Erschlagenen auf ihn zu; und nun begannen
sie zu tanzen, allen voran der Derwisch.
Aluiansor ward mit in den tollen Reigen
gerissen, der lang wallende Bart des
Derwisches wickelte sich um seinen Hals
und der lange Kaftan umschlang seine
Kniee, er drohte zu ersticken. — Mit einem
lauten Schrei fuhr er aus seinen Kissen
empor.
Da war das Unglück auch schon da.
Vor seinem Bette stand sein Lieblingssklave,
der schreckensbleich stammelte: „O Herr!
An 8000 Mann nahen dem Schlosse! Es
ist offener Aufruhr im Laude ausgebrochen;
viele Eurer Diener sind erschlagen, o rettet
Euch!"
Entsetzt sprang der Fürst auf, und halb
bekleidet befahl er seinen Leibwachen, den
herannahenden Massen entgegenzuziehen. —
Ein blutiges Ringen entstand, der Haufen
des Volkes vergrößerte sich zusehends, immer
neue Streiter eilten herbei. Schritt uin
Schritt wurde die Leibwache, die durch
Sklaven verstärkt worden war, zurück-
gedrängt, bis sie in wilder Flucht sich zu
retten suchte. Der Fürst selbst wurde von
seinen eigenen Sklaven niedergehauen. Er büßte mit seinem Leben für
alle seine Grausamkeiten. Der Derwisch aber, der nicht gelogen
hatte, suchte die Leiche Almansors auf und bestattete sie unter einer
Cypresse. Auf das Grab wälzte er einen Fclsstcin. Alle Nächte wird
das Grab von Geiern umkrächzt und von Hyänen umheult, die in
ihrer Art den Fürsten betrauern, der während seines Lebens immer so
gut für sie gesorgt hatte.
an der großen Straße nach der Hauptstadt aufzuknüpfen und ihre Leiber
den Geiern zum Fräße zu lassen.
Und also geschah es.
Almansor ritt selbst mit seinem Gefolge hinaus und überzeugte
sich, daß seinem Befehle Folge geleistet wurde.
Am folgenden Abend hatten die Geier die Leichname bis auf
die Knochen aufgezehrt und umkreisten schreiend die Richtstätte, so daß
ihr Gekrächze bis in den Saal des Palastes drang, in dem der Herrscher
seine Mahlzeit einnahm. Als dieser die heiseren Stinrmen der Geier
hörte, strich er befriedigt seinen Bart und sprach: „Dies Geschrei bürgt
mir dafür, daß auch diese achtzig nicht wieder auferstchen, der Derwisch
ist ein Lügner."
Kaum hatte Almansor diese Worte ausgesprochen, als sich die
Thür öffnete und ein Sklave eintrat, welcher mit verstörter Miene
berichtete, daß unweit der Richtstätte in einem Olivenhaine achthundert
Männer versammelt seien, die fürchterliche Reden hielten und es auf
die geheiligte Person des Fürsten abgesehen hätten.
Entsetzt und leichenblaß fuhr Almansor in die Höhe; er glaubte
die mahnende Stimme des Derwisches zu hören. Doch bald faßte er
sich und in wilden: Trotze warf er den goldenen Pokal zur Erde, daß
er zerbarst. Dann befahl er der Leibgarde, den Hain zu umzingeln
und Alles niederzumetzeln.
Auch dies geschah.
Die aufgehende Sonne beschien einen
blutgedüngten Boden. Weiber und Kinder
klagten um ihre gefallenen Männer, Väter
und Brüder; sie liebkosten und streichelten
die Todten, um sie wieder zu erwecken.
Umsonst, die Schergen hatten ihre Arbeit
zu gut gethan. Der Derwisch hatte
gelogen!
Mit den: Bewußtsein, ein abschreckendes
Exempel statuirt zu haben, ging Almansor
zur Ruhe. Doch wirre Träume um-
gaukelten seine Sinne; er glaubte, die
Stimme des verhaßten Derwisches zu ver-
nehmen, die bald leise, bald laut ihm zurief:
„Und sie stehen doch wieder auf!" Dann
sah er, wie die Häupter der Geköpften sich
zu bewegen begannen und ihn hämisch an-
grinsten; er sah, wie die Skelette der Ge-
henkten, mit dem Hanfseil um den Wirbel-
knochen, heranklapperten; auf einem großen
rothen See schwanrinen die im Olivenhain
Erschlagenen auf ihn zu; und nun begannen
sie zu tanzen, allen voran der Derwisch.
Aluiansor ward mit in den tollen Reigen
gerissen, der lang wallende Bart des
Derwisches wickelte sich um seinen Hals
und der lange Kaftan umschlang seine
Kniee, er drohte zu ersticken. — Mit einem
lauten Schrei fuhr er aus seinen Kissen
empor.
Da war das Unglück auch schon da.
Vor seinem Bette stand sein Lieblingssklave,
der schreckensbleich stammelte: „O Herr!
An 8000 Mann nahen dem Schlosse! Es
ist offener Aufruhr im Laude ausgebrochen;
viele Eurer Diener sind erschlagen, o rettet
Euch!"
Entsetzt sprang der Fürst auf, und halb
bekleidet befahl er seinen Leibwachen, den
herannahenden Massen entgegenzuziehen. —
Ein blutiges Ringen entstand, der Haufen
des Volkes vergrößerte sich zusehends, immer
neue Streiter eilten herbei. Schritt uin
Schritt wurde die Leibwache, die durch
Sklaven verstärkt worden war, zurück-
gedrängt, bis sie in wilder Flucht sich zu
retten suchte. Der Fürst selbst wurde von
seinen eigenen Sklaven niedergehauen. Er büßte mit seinem Leben für
alle seine Grausamkeiten. Der Derwisch aber, der nicht gelogen
hatte, suchte die Leiche Almansors auf und bestattete sie unter einer
Cypresse. Auf das Grab wälzte er einen Fclsstcin. Alle Nächte wird
das Grab von Geiern umkrächzt und von Hyänen umheult, die in
ihrer Art den Fürsten betrauern, der während seines Lebens immer so
gut für sie gesorgt hatte.