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„Ei", sprach Silberstcin, „wenn Ihr so üppig leben unb Gänse
stopfen könnt, dann könnet Ihr auch »lehr zahlen. Ich Hab' Euch mein
gutes Geld zn viereinhalb Prozent gegeben; da könnet Ihr mir auch
fünf Prozent zahlen."
Die Huberbäuerin ward bleich; der Huberbauer aber sagte gelassen:
„Ihr seid mein Wohlthäter, Silberstein, und ich bin Euch dank-
bar. Wartet nur erst Weihnachten ab!"
Da sah Silberstein, daß der Huberbauer ihm die Gans schenken
lvolle, und er tvar ganz gerührt. Darilin sprach er:
„Wenn Ihr ein so braver Mann seid, so will ich auch ein Auge
zndrücken. Es ist zwar eine sehr schlechte Zeit und ich habe kaum
selber zu leben, aber ich will Euch das Geld zu viereinhalb Prozent
bis auf Weiteres lassen."
Von Zeit zu Zeit kam sowohl der Pfarrer als Silberstein, um
nach der Gans zu sehen. Und Beide freuten sich über die Fortschritte,
die das gute Thier nrachtc, und wie es an Fett und Rundung zunahm.
Es war am ersten Weihnachtstage und der Pfarrer machte vor
dem Gottesdienst noch einen Morgenspaziergang, um über seine Predigt
nachzudenken. Er dachte auch an die Gans. Da die ersehnte Gabe
nicht, wie er erwartet, schon am Weihnachtsabend angekommen war,
so hoffte er bestimmt, daß sie nun am ersten Feiertag kommen lvcrde.
Aber als er an des Huberbauern Haus vorüberkam, stieg ihm
ein Dust wie von einer gebratenen Gans in die Nase. Aufgeregt trat
er in das Haus.
„Was", sagte er zum Huberbauer, „Ihr bratet die Gans selber?"
„Jawohl, Herr Pfarrer", sagte der Huberbauer.
Der Zilfall führte auch Herrn Silberstein gerade vorüber, der
auch eintrat und sehr erregt nach der Gans fragte. „Gott der Gerichte,
ich Hab' meinen Schwager Rothschild mit seiner Familie zu der Gans
eingeladen"-schrie Silberstein.
„Und ich habe meine beiden Tanten eingeladen", sagte der Pfarrer
grimmig, „meine zwei Tanten, die ich beerben soll!"
„Thut mir sehr leid!" sagte der Huberbauer.
„Ich sehe schon, daß ich ein räudiges Schaf in meiner Gemeinde
habe", stotterte der Pfarrer. „Aber ich will es Euch gedenken! Das
sollt Ihr büßen."
Der Huberbauer lachte. „Ich Hab' mich anders besonnen,
Herr Pfarrer, und gedacht, es wird für mein irdisches und ewiges
Wohl anr besten sein, wenn ich meine GanS selber esse!"
„Huberbauer", schrie Silberstein, „Ihr zahlt mir fünf Prozent
oder ich kündige Euch die Hypothek!"
Da lachte der Huberbauer noch mehr. „Nützt Euch nichts, Silber-
stein", sagte er, „ich Hab' mein Gütlein gut verkauft und ziehe nach
Amerika, denn ich bin der Schinderei satt!"
Und unter den: Gelächter der Huberbäuerin rmd des Huberbauern
ging der Christ nach links, der Jude nach rechts. Von der Gans hatten
sie diesinal nur den Geruch gekriegt, dein Huberbauer und seinem
Weibe aber hat der Weihnachtsbraten gut geschmeckt.
Jawohl, es war der Germanen Nacht
Linst groß und gewaltig geworden;
Lie hatten besiegt in der Varusschlacht
Der Römer stolze Kohorten.
Nan sah, soweit nur die Lrde bekannt.
Germanischer Waffen Schimmer;
Ls schlug der Germanen kräftige Hand
Das Römerreich gänzlich in Trümmer.
Micheliade. :•
Aus ihrer Freiheit schöpften sie Kraft,
Lin unversieglicher Brunnen,
Drum schlug auch die deutsche Männerschaft
Die reisigen Schwärme der Hunnen.
And wenn auch Heinrich im Hemde stand
Und barfuß im Schloß von Ganossa,
So zogen doch wieder in's heilige Land
Die Deutschen mit dem Barbarossa.
Ls schlug ein Krieg uns durch dreißig Jahr'
Die allerschrecklichsten Munden,
Und eine gute Natur fürwahr.
Die darnach könnt' wieder gesunden.
Geschlagen haben genug uns schon
Herum wir mit den Franzosen,
Mir haben gestürzt den Napoleon,
Den kleinen, wie erstlich den großen.
G Michel, nimm mir die Frage nicht krumm.
Die sinnend ich an dich richte:
Wozu schlägst denn eigentlich du dich herum
In der ganzen Mcltgeschichte?
Nur um zu werden ein guter Knecht
Noch gab es nie einen frommern —
Der säet und erntet für das Geschlecht
Schnapsbrennender Junker aus Pommern?
„Ei", sprach Silberstcin, „wenn Ihr so üppig leben unb Gänse
stopfen könnt, dann könnet Ihr auch »lehr zahlen. Ich Hab' Euch mein
gutes Geld zn viereinhalb Prozent gegeben; da könnet Ihr mir auch
fünf Prozent zahlen."
Die Huberbäuerin ward bleich; der Huberbauer aber sagte gelassen:
„Ihr seid mein Wohlthäter, Silberstein, und ich bin Euch dank-
bar. Wartet nur erst Weihnachten ab!"
Da sah Silberstein, daß der Huberbauer ihm die Gans schenken
lvolle, und er tvar ganz gerührt. Darilin sprach er:
„Wenn Ihr ein so braver Mann seid, so will ich auch ein Auge
zndrücken. Es ist zwar eine sehr schlechte Zeit und ich habe kaum
selber zu leben, aber ich will Euch das Geld zu viereinhalb Prozent
bis auf Weiteres lassen."
Von Zeit zu Zeit kam sowohl der Pfarrer als Silberstein, um
nach der Gans zu sehen. Und Beide freuten sich über die Fortschritte,
die das gute Thier nrachtc, und wie es an Fett und Rundung zunahm.
Es war am ersten Weihnachtstage und der Pfarrer machte vor
dem Gottesdienst noch einen Morgenspaziergang, um über seine Predigt
nachzudenken. Er dachte auch an die Gans. Da die ersehnte Gabe
nicht, wie er erwartet, schon am Weihnachtsabend angekommen war,
so hoffte er bestimmt, daß sie nun am ersten Feiertag kommen lvcrde.
Aber als er an des Huberbauern Haus vorüberkam, stieg ihm
ein Dust wie von einer gebratenen Gans in die Nase. Aufgeregt trat
er in das Haus.
„Was", sagte er zum Huberbauer, „Ihr bratet die Gans selber?"
„Jawohl, Herr Pfarrer", sagte der Huberbauer.
Der Zilfall führte auch Herrn Silberstein gerade vorüber, der
auch eintrat und sehr erregt nach der Gans fragte. „Gott der Gerichte,
ich Hab' meinen Schwager Rothschild mit seiner Familie zu der Gans
eingeladen"-schrie Silberstein.
„Und ich habe meine beiden Tanten eingeladen", sagte der Pfarrer
grimmig, „meine zwei Tanten, die ich beerben soll!"
„Thut mir sehr leid!" sagte der Huberbauer.
„Ich sehe schon, daß ich ein räudiges Schaf in meiner Gemeinde
habe", stotterte der Pfarrer. „Aber ich will es Euch gedenken! Das
sollt Ihr büßen."
Der Huberbauer lachte. „Ich Hab' mich anders besonnen,
Herr Pfarrer, und gedacht, es wird für mein irdisches und ewiges
Wohl anr besten sein, wenn ich meine GanS selber esse!"
„Huberbauer", schrie Silberstein, „Ihr zahlt mir fünf Prozent
oder ich kündige Euch die Hypothek!"
Da lachte der Huberbauer noch mehr. „Nützt Euch nichts, Silber-
stein", sagte er, „ich Hab' mein Gütlein gut verkauft und ziehe nach
Amerika, denn ich bin der Schinderei satt!"
Und unter den: Gelächter der Huberbäuerin rmd des Huberbauern
ging der Christ nach links, der Jude nach rechts. Von der Gans hatten
sie diesinal nur den Geruch gekriegt, dein Huberbauer und seinem
Weibe aber hat der Weihnachtsbraten gut geschmeckt.
Jawohl, es war der Germanen Nacht
Linst groß und gewaltig geworden;
Lie hatten besiegt in der Varusschlacht
Der Römer stolze Kohorten.
Nan sah, soweit nur die Lrde bekannt.
Germanischer Waffen Schimmer;
Ls schlug der Germanen kräftige Hand
Das Römerreich gänzlich in Trümmer.
Micheliade. :•
Aus ihrer Freiheit schöpften sie Kraft,
Lin unversieglicher Brunnen,
Drum schlug auch die deutsche Männerschaft
Die reisigen Schwärme der Hunnen.
And wenn auch Heinrich im Hemde stand
Und barfuß im Schloß von Ganossa,
So zogen doch wieder in's heilige Land
Die Deutschen mit dem Barbarossa.
Ls schlug ein Krieg uns durch dreißig Jahr'
Die allerschrecklichsten Munden,
Und eine gute Natur fürwahr.
Die darnach könnt' wieder gesunden.
Geschlagen haben genug uns schon
Herum wir mit den Franzosen,
Mir haben gestürzt den Napoleon,
Den kleinen, wie erstlich den großen.
G Michel, nimm mir die Frage nicht krumm.
Die sinnend ich an dich richte:
Wozu schlägst denn eigentlich du dich herum
In der ganzen Mcltgeschichte?
Nur um zu werden ein guter Knecht
Noch gab es nie einen frommern —
Der säet und erntet für das Geschlecht
Schnapsbrennender Junker aus Pommern?