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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 13.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8183#0025
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-— 2113

Blihdraht-Mrldungen.

Berlin. Gleichzeitig mit dem Reichsjubiläum haben eine An-
zahl Invaliden ihr fünfundzwanzigstes Bettler-Jubiläum gefeiert.
Man kann aber nicht sagen, daß dies eine „silberne Feier war, denn
sie haben in den 25 Jahren zumeist Kupfer bekommen.

— Stöcker erläßt eine Berichtigung betreffs des Falles Hammer-
stein, worin er konstatirt, daß Hammerstein der konservativen Partei nie-
mals angehörte, sondern stets ein vaterlandsloser Sozialdemokrat war, und
daß er nicht die „Kreuz-Zeitung", sondern den „Vorwärts" redigirt hat.

Lixxe. Man befürchtet, daß im Staat Lippe ein Erbfolgckrieg aus-
bricht. Eine Bürgerwehr, bestehend aus zwölf Mann und einem General
hat sich gebildet, um die Ordnung aufrecht zu halten.

Sorialistrniod.

D-r Bismarck hat in Friedrichsruh
viel Weisheit ausgesonnen —

Davon kommt nun ein großer Theil
Im Fasching an die Sonnen.

Man soll der Sozialistenschaar,

Um schnell sie todtzuschlagen,
Bequemlichkeit und Sicherheit
Des heut'gen Staats versagen.

will Jemand mit der Eisenbahn
In deutschen Landen reisen,

Dann mutz er, datz er staatstreu ist,
Dem Schaffner erst beweisen.

Die Tramway auch verkehrt nicht mehr
Mit der gewohnten Schnelle,

Ls wird Gesinnung kontrollirt
An jeder Haltestelle.

Kein Brief von Rothen auf der post
wird künftig angenommen,

Die post liest alle Briefe durch
Die zur Beförd'rung kommen.

Rein Polizist darf künftig mehr
Die Rothen arretiren,

Rein Rerkermeister soll sie noch
In Zellen interniren.

Rein Steueramt nimmt Geld mehr an,
Don einem Sozialisten,

Rein Militärzwang macht sie mehr
Zu Reitern und Gardisten.

Dann werden sie vor Gram vergehn,
Dann werden sie zerstreu'n sich —

So sprach ,,der größte deutsche Mann"
Im Fasching Sechsundneunzig.

Praktisch.

Max: Warum geht Prinz Leopold mit seiner Gemahlin plötzlich nach
dem Süden?

Moritz: Weil es dort kein Eis giebt.

Die Röntgr'fchen Lichtstrahlen.

V Röntge, gar polizeifromm ist
Deine neue Lrfindung nicht —

Die herrschende Masse will Kinsterniß,

Und du bringst ein neues Dicht!

Hvbelspähnr.

Wenn Einem, der geistreich will reden,
Der gute Gedanke fehlt,

Wenn tapferen Muth er will zeigen,
Jndeß ihn die Feigheit beseelt.

Wenn gerne loyal er nach oben,

Und gern patriotisch erscheint.

Da hilft ihm die billige Phrase.

Die Phrase vom „inneren Feind".

Daß Justitia eine Binde trägt, erweist sich
auch nicht immer als praktisch, denn sie hätte
z. B. Ursache, sich manchen ihrer Jünger etwas
genauer anzusehen, ehe sie ihn mit der Be-
sorgung ihrer Geschäfte betraut.

Man sagt, es gleicht der Hehler
Gewöhnlich sehr dem Stehler —

So sollen die Finken- und Hammerstein
Sich auch ein wenig ähnlich sein.

Es sind neue Lichtstrahlen entdeckt worden, welche undurchsichtige
Gegenstände, z. B. Holz, Stroh re. durchdringen. Sollte mit Hilfe der-
selben nicht auch etwas Licht in die Köpfe unserer Ultramontanen
gebracht werden können?

Daß stets das Volk bereit ist,

Das Reichsheer zu vermehren,

Muß gegen Frankreich die Hetze
Ununterbrochen währen.

Doch ein Konflikt mit England
Ist auch nicht zu verachten —

Zur Stärkung der Marine
Ist leicht er auszuschlachten.

Der Reichs-Jubiläums-Rummel war ein echtes Winter-Vergnügen
— er ließ die große Masse des Volkes ganz kalt.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Er hat moralisch gewirkt, hat die Sitte geschützt.
Wenn er einigen alten Weibern die Hälse ab-
schneiden ließ, so waren es wahrscheinlich
Schwiegermütter; das kann nur zur Hebung des
häuslichen Friedens in den Negerdörfern beitragen.
Wehlan kämpfte auch gegen das Konkubinat, und
da hatte er ein weites Feld für seine moralische
Thätigkeit, denn in ganz Afrika giebt es zur Zeit
noch so wenige Standesämter, daß die meisten
Afrikaner in Konkubinat und Vielweiberei sünd-
lich dahinleben und selbst Pfandweiber noch ganz
respektable Liebhaber finden. Da mußte Wehlan
freilich mit der Peitsche dreinschlagen! Anstatt
ihn dafür disziplinarisch bestrafen, sollte man
für alle Negerstämme Standesbeamte ernennen
und im Urwalde Kästen mit den Namen der
Ehestandskandidatcn aushängen. Wer dies für
unausführbar hält, der vermag der juristischen
Weisheit preußischer Kolonial-Assessoren einfach
nicht zu folgen.

So erfreulich es also ist, daß Wehlan vom
Strafgesetzbuch nicht belästigt wird, so beklagens-
werth bleibt eine disziplinarische Bestrafung. Wer
ein so mächtiger Herr ist, daß er den Leuten die
Köpfe abschneidcn darf, der muß auch über den
disziplinarischen Gesetzen stehen. Als Wehlan in
Afrika das Richteramt ausübte, sprach er in
brüllendem Tone und behandelte die Angeklagten
mit Fußtritten. Als er in Berlin als Angeklagter
vor den Richtern stand, da weinte und schluchzte
er gottserbärmlich. Deshalb hat ihm der Dis-
ziplinargerichtshof auch sein Amt nicht aberkannt,
und so geht diese Perle unserer Jurisprudenz
nicht verloren. Wehlan wird vielleicht in Deutsch-
land vollenden, was er in Afrika so rühmlich
begonnen hat.

Schlechte Dekoration.

A. : Ist es wahr, daß Bismarck deshalb zu
den Berliner Reichsfeierlichkeiten nicht gekommen
ist, iveil er kein Dekorationsstück sein wollte?

B. : Gewiß; Dekorationen sind Zierstücke,

und Bismarck hat so viel Selbsterkenntnitz, daß
er weiß: mit ihm ist kein Staat mehr zu
machen. __

Zuversicht.

A. : Wie kann König Stumm proklamiren:
was die Presse über ihn schreibe, sei immer er-
logen? — er weiß ja gar nicht, was über ihn
noch in den Blättern erscheinen kann?

B. : O, er hat die feste Zuversicht, daß es
niemals etwas Erfreuliches sein wird.

Die kranke Republik.

Meier: In diesem Frankreich geht es sonder-
bar zu. Daß man einen solchen Gauner, wie
diesen Arton, so lange laufen ließ, war ein großer
Fehler.....

Müller: Und außer dem Arton-Fehler leidet
die arme Republik auch noch an einem Herz-
Fehler.

Meier: Das wird eine schwierige Kur werden!

Vom Antrag Ranih.

A. : Bei den Debatten über den Antrag Kanitz
haben gerade die Agrarier bewiesen, daß sie
landwirthschaftliche Beschäftigungen
rationell nicht zu betreiben verstehen.

B. : Wieso?

A.: Sie haben immer leeres Stroh ge-
droschen.

Stumms Machtwort.

König Stumm hat im Wartesaal der Eisen-
bahnstation Saarbrücken die „Zukunft", welche
dort kolportirt worden war, verboten. Jetzt
braucht er nur noch die „Gegenwart" zu ver-
bieten, dann ist der Rückschritt in die Ver-
gangenheit unausbleiblich.

Verdiente Strafe.

A. : Der Entwurf des Bürgerlichen Gesetz-
buches scheint auch ein ungeratheues Frücht-
chen zu sein.

B. : Warum?

A.: Weil er bei seinem Erscheinen im Reichs-
tage sogleich durchgepeitscht werden soll.

Das Ende vom Lied.

Hat der Herr sich übernommen.

Läßt er seine Unechte kommen
Und befiehlt: „Uerrls, seid diät!"

Wie es in der Bibel steht.

Hat er sündhaft sich vermessen.

Nein und Dein und Kott vergessen,

Zchier vor Reue er r»ergeht.

Wie es in der Bibel steht. —

Zlugs zur Rirche die Roffäthen,

Unecht' und Nägde schickt er beten;

Zeine Zündenlast verweht.

Wie es in der Bibel steht.

Winkt der Teufel in der Thüre,

Daß der Herr sein Bündel schnüre.

Brüllt er: „Johann!" — Doch, zu spät! -
Wie es in der Bibel steht.
 
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