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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 13.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8183#0069
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2158 *-

Crispi.

Lr brauchte nur Kewalt und Hinterlist,

Um seines Volkes Freiheit zu ersticken.

Und schuf sich doch nur eine Galgenfrist
Nit aller Schändlichkeit und allen Tücken;

Ls schlug ein afrikanischer Barbar
Den europäischen in tausend Hetzen,

Und wieder wird das alte Sprüchlein wahr:

„Auf Bajonette kann man sich nicht setzen!"

Die militärischen Wassergigerln verlangen eine ungeheure Vermehrung
der Kriegsflotte, weil sie sich einbilden, die Land-Armee allein
könne das Volk nicht schnell genug ruiniren. Demnach leidet also der
Militarismus bereits an der Wassersucht.

Hafis besingt die Rose,

Ich singe von der Rübe,
Sie bringt UNS die famose
Prämie, die Gabe der Liebe.

Mirza Schafvielz.

Ls wird das Leben sauer
Und bitter dem armen Schlucker.
Dem großen Rübenbauer
Versüßt es doppelt der Zucker.

„Der Crispi
zweimal fortgejagt

ist mir doch über", seufzte Bismarck,
worden, und ich erst einmal."

„denn er ist

-ox? Hvlielspähne.

Es kommt die schöne Osterzeit,

Die grünen Knospen, springen,

Auch hört in Kirchen weit und breit
Man von Erlösung singen.

Erlösung — ja, die thut uns noth;

Man ivird sie kommen sehen,

Wenn Kapital und Pfaffenthum
Vereint zum Teufel gehen.

Jeder Militärstaat ist ein Barbaren-
staat. Deshalb werden die Bürger eines solchen
auch so barbarisch ausgebeutelt.

Wenn dir's wohlgehn soll auf Erden,

Wenn du willst ein Glückspilz werden,

Reich beschenkt vom ganzen Land —

Werde Zuckerfabrikant.

„Fürst Bismarck befindet sich bei ausgezeichneter Gesund-
heit", berichten die „Hamburger Nachrichten" regelmäßig. Als ob uns
das Befinden eines tobten Mannes noch interessiren könnte!

ur-rurnzetztLr.

Die Stadtverordneten haben die Errichtung eines Gewerbegerichts
wegen Krankheit ihres Verstandes bis auf Weiteres vertagt.

Nus drr Instrnktionsstundv.

Unteroffizier: Schwarzmanu, warum ist der Dienst auf den
Kriegsschiffen schwieriger, als beim Landheer?

Soldat Schwarzmann: Weil es auf den Kriegsschiffen keine
Köchin giebt.

Es kommen Feiertage, Dem armen Zeitungslcser

Die fleiß'gen Hände ruhn, ' Besonders dies behagt —

Nach Werktags Müh' und Plage Er wird mit Kohl verschonet, .
Folgt die Erholung nun. Der Reichstag ist vertagt.

Zu Ostern wird das Erwachen der Natur gefeiert. Manchmal
erwacht zu Ostern auch die Ausbeuternatur des Unternehmers,
und er zieht dann die Feiertage den Arbeitern vom Lohne ab.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Ein Freund der Presse.

Der schwarze Aönig Nenelik
Sprach zu der Arieger Nassen:
„Vertreter von der Presse müßt
Ihr stets in Frieden lassen!

„Sie führen ein gar wichtig Amt!

Ivo blieben Buhm und Ehre,

Wo bliebe wohl der Wahrheit Nacht,
Wenn nicht die Presse wäre!

„Drum vor den Journalisten soll
Respekt ein Jeder haben," —

So ward der schwarze Nenelik
Zu einem weihen Baben.

Ostrrgebräuchr.

Es ist in gegenwärtiger Zeit einer der
licbtcsten Ostergebräuche, daß die Zeituus
Schilderungen bringen von allerlei merkwürdis
Ostergebräuchen, welche in vergangenen Zer
und in verschiedenen Ländern existirten oder vi
leicht in irgend welcher Form sich bis heute
halten haben.

Das ist ganz interessant, denn wenn i
z. B. beute über die Fastenpredigten des Pas
Schall in Gelackter ausbrechen, so freut es v
zu wissen, daß schon unsere Vorfahren das „Ost
gelachter" kannten, also auch wohl schon so>
amüsante Pastoren hatten, wie der Schall ei
ist. Und wenn wir hören, daß den Mägden be
Wasserholen in der Osternacht das Schwül
verboten war, so sehen wir einen Ueberrest
alten Brauches darin, daß durch Parlanrer

ferien noch heute zu Ostern die Schwatzerei uni
drückt wird.

Aber es genügt nicht, daß wir immer b
die Ostergebräuche v e r g a n g e n e r Zeiten in unse
Erinnerung festhalten; wir müssen auch eim
schildern, was heute zu Ostern gebräuchlich
sonst kommen die Journalisten der Zukunft, wi
lle ein Feuilleton über das Osterfest am E
des neunzehnten Jahrhunderts schreiben soll
m o>e größte Verlegenheit.

Da hat sich z. B. in großen Städten folgen-
der Brauch eingebürgert:

Wenn Ostern herannaht und das erste Quar-
tal des Jahres zu Ende geht, da betritt der
Hausbesitzer uneingeladen die Wohnung seines
Micthers und hält eine kleine Ansprache, des In-
halts, die Zeiten seien schlecht, die Hypotheken-
ziusen hoch, Steuern und Abgaben im Steigen
begriffen, die Wohnungsmiethcn aber zu niedrig,
weshalb der Miethpreis der Wohnung gesteigert
werden müsse.

Der Miether hört diese Rede seines Besuchers
mit ärgerlicher Miene an, stimmt sodann der Be-
hauptung, daß die Zeiten schlecht seien, unbedingt
zu, aber er zieht aus diesem Umstande im Gegen-
theil die Schlußfolgerung, daß die Wohnung zu
theuer sei und billiger werden müsse.

Es folgen sodann gegenseitige Versicherungen
darüber, daß man Wohnungswechsel eintreten
lassen könne, und der Schluß des ganzen Vor-
ganges gipfelt in der Regel darin, daß der Miether
den höheren Preis bezahlt. Auf diese Weise ist
der Ostergcbrauch dem städtischen Grundbesitzer
sehr einträglich.

, _ Ein anderer noch häufig geübter Ostergebrauch
Nt der, daß ein Vater mit seinem der Schule
soeben entwachsenen Söhnchen in die Werkstatt
eines Handwerksmeisters tritt, mit dem Bemerken,
er wolle seinen Sohn etwas Tüchtiges, lernen
lassen, damit er später sein sicheres Fortkommen
finde. Der Meister schiebt dann seine Brille auf
die Stirn hinauf, betrachtet den jiingen Erden-
bürger mit unendlich wichtiger Miene und thut,
als ob er ihn: aus reiner Barmherzigkeit etwas
von seiner großen Weisheit zutheil werden lassen
wolle, worauf er sich vielleicht gar noch ein Lehr-
geld zahlen läßt uiid dabei die junge Menschen-
kraft zur Ausbeutung überliefert bekoniint.

Die Opfer dieses Ostergebrauchs, die armen
Lehrlinge, werden nun schlecht genährt und
schlecht behandelt und lernen weniger, als wenn
sie direkt in die Fabrik gehen, wo der Groß-
betrieb ohne zünftlerische Zeremonien und die Aus-
beutung ohne Phrase stattsindet.

Ein freundlicherer Ostergebrauch ist derjenige,
daß viele Soldaten auf Urlaub in ihre Heimath
entlassen werden, damit sie den Dorfschönen zeigen
können, wie prächtig sie der Rock des Steuerzahlers
kleidet und welche stranune Haltung der Korporal
schon in ihr Knochengerüste gebracht hat. Es ist
bei dieser Gelegenheit Sitte, daß der Soldat ordent-
lich gefüttert wird. Zuweilen füllt er sein Inneres
auch mit Spiritus und giebt sodann auf den
Tanzsälen Proben von der Schlagfertigkeit der
deutschen Armee.

Nach den Grundsätzen der katholischen Kirche
soll zu Ostern das Fasten aufhören; in unserer
heutigen Zeit giebt es aber sehr viele Menschen,
die das ganze Jahr über zwangsweise fasten
müssen, ohne daß sich die Kirche bemüht, diesem
Uebelstande abzuhelfen; — nur ein Mann, der
Professor De. Hitze, ein Häuptling der Ultra-
montanen, will dem Uebel steuern. Er schrieb
deshalb für die fastenden Arbeiter und Arbeite-
rinnen ein — Kochbuch. Wer jetzt noch nicht
überzeugt ist von der Fürsorge der ultramontanen
Partei für das Wohl der Arbeiter, dem ist nicht
zu helfen, — er mag zur Strafe weiter fasten.

An Professor Röntgen in Würzburg.

O heiliger Röntgen, wir flehn zu Dir!

Du photographirst durch das dickste Papier,
Durch Lodenjuppen und Satinwesten,

Durch eichene, buchene, tannene Kästen,
Jst's denn so ausgeschlossen.

Daß man mit Strahlengeschossen
Auf diese liebliche Welt loshagelt,

Die gar so vielen mit Brettern vernagelt?

Das Menschenhirn ist ein Rebell:

Giebst du ihn ftei, daß er mit keckem Schwung
Zur Sonne eile, heiß und strahlenhell; — —
In ihrer Gluth seufzt er — nach Dämmerung.
Und, bringt der Sturm dann stostigdunkle Nacht,
Klatscht kühlend ihm ihr Schweißtuch auf die Stirn,
Gleich zuckt's im Herz, pocht's sorgenvoll ini Hirn:
Wann kommt des Sonnenlichtes Gluthenmncht! ?
 
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