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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 13.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8183#0105
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• 2184 ••

Die Rehrseite der MAedaitle.

de^Aeiche^ Hauptstadt, sonst kein Schauspiel achtend,
20£ der Waraden irrieperischeu Vruulk,

VaA Weiu-Varis, wie eK schon Goethe nannte.

Der hellen Sachsen geist'ger Mittelpunkt,

Der Schwaben fröhlich-feuchte Metropole
And Frankens Nürnberg, stolz und rnhingekrünt:
Sie alle rüsten eifrig, emsig, fiebernd
Mi unfern «Lagen eine stolze Schau,

Am vor dem Vaterland und bor der Fremde
Von dem, was zäher deutscher Fleisz vermag,

Gin redend Lengnisz festlich abzulegen.

Mit vollen Wachen stützt in die Lrompete
Das Anternehmerthum; von Ehrentagen
Der deutschen Arbeit prahlt der Fresse Lrotz
And von Lriumphen deutscher Industrie,

Die, spielend die Aivalen überflügelnd.

Nein Stocken kennt in ihrem Siegeömarsch.

Gewitz, ein stolzes Wild wird sich entrollen
And nicht wie einst wird: „Willig aber schlecht!"
Die Note lauten, die der Aich rer fand.

Man wird ung loben, wenn auch widerwillig.

And solches Lob hat stetK den höchsten Werth.

Nur möge dann in seiner Wiszüegierde
Rein Fremdling fragen, wie die Arbeit lohnt

In deutschen Landen, was von all dem Honig,
Den sie gesammelt, auf die Wienen kommt.
Verlegnes, stummes Achselzucken würde
Die Antwort sein, und wem sie nicht genügte.
Der müszte sich den Aest der Antwort holen
Wei all den Streiks ans dem Gesammtgebiete
Der Industrie, das einem Schlachtfeld gleicht.
Auf allen Seiten ein verzweifelt Aingen,

Dem Wann der Hungerlohne zu entgehn.

Der Herz und Hirn verdorrt; auf allen Seiten
Der Auf nach Einsicht und Gerechtigkeit,

And protz'ge Abwehr auf der andern Seite.
Man will nicht blos die weiten Laschen füllen
Mit all dem Golde, dessen breiten Strom
Ins deutsche Land die deutsche Arbeit lenkt;
Auch prahlen will man mit der deutschen Arbeit
And sich mit ihr vor andern Völkern brüsten.
Dach weitz man an den „Händen" sonst zu loben
Nur die Genügsamkeit, und jeder Anspruch
Stützt auf des Filzes herbe Anickrigkeir
And auf die Kleinlichkeit des Ffennigfuchsers.

So war's, so ist's« Der Lohn der Arbeit zeigt
Euch drum die andre Seite der Medaille.

Frau Zafonia will ßegeröergt sein!

(Siehe Bild aus der Titelseite.)

9ie ersten Schollen treibt zu Thal der Strom,
Und Wolkenschlachten ziehn am Himmelsdom.
Des Sturmes Saust packt grimmig ins Geäst
Und schleudert Stämme aus dem Selsennest,
Daraus noch hart des Winters Zchneejoch ruht;
Und kalter Regen peitscht die trübe Sluth. . . .

Ls irrt ein Weib verzweifelt durch das Land,
Müd' ist ihr Gang, zerschlissen ihr Gewand.
Sie schleicht durch Schnee und Regen still zu Thal,
Den stolzen Leib gebeugt in tiefer Gual.

Dort, wo der Weg hinab zum Strome zweigt,
Aus niedrer Hütte Sunkenregen steigt,
vom Ambos dröhnt der Hammerschläge Wuth,
Und straffe Arme schüren hoch die Gluth.

Wie lockt so wohlig-hell der Slammen Schein! —
„Was stehst du, Mutter? wärm' dich, tritt herein!
Da nimm den Arbeitskittel — der hält warm;
Setz' dich zum Seuer und vergiß den Harm."
Das sprüht so zornig — kling und klang und

kling! —

„Weißt' noch, wie's Sechsundsechzig lustig ging?
Da kamst du auch zu uns in höchster Aoth" —
Und kling und klang — „wir halfen dir vom Tod!
Und Achtundsechzig gab die Dankbarkeit
Dir ein gar schönes Helles Mahlrechtskleid."
Und kling und klang — „'s war wohl nicht mehr

modern

Und paßte nicht zum Srack der noblen Herrn? —
Wend' fest, mein Bursche — halte stramm am

Griff!"

Hui! wie der Hammer auf das Eisen pfiff!

„Ja, schau, die Schranzen sitzen warm zu Haus
Und kennen nicht des Wettersturms Gebraus.
So zwischen Wadenstrümpfen, auf Parkett,
Macht sich der Plunder da vielleicht ganz nett;
Doch wo der Sturm die rauhen Sänge schlägt
Und hart auf unsren Lebenspfaden fegt.

Da wärmt das Slickwerk nicht dir armem Meid
Den sturmgepeitschten, frosterstarrten Leib.

Run suchst du wieder Schutz an unserm Herd —
Den Schutz, den dir dein Volk schon oft gewährt.

„Doch sei getrost! Geächtet, ruhn wir nicht
Und stehen wach am Ambos heißer Pflicht;
Hell in die Lande flammt des Herdes Schein,
Und klar und scharf der Hammerschlag darein.
Und spielt ein Srühlingsmorgen uns zum Tanz,
Wird glühn sein Licht in unsrer Waffen Glanz,
Die fest uns schmieden hilft der starke Geist,
Der vorwärts aus den Winternöthen weist."

Gewerbe-Ausstellung.

Am Gewerbe giebt es heutzutage gar Vieles
ausznstcllen, deshalb hat man in Berlin und in
anderen Orten eine Geiverbe-Ausstellung arrangirt.

Es werden große Schaarcn von Fremden nach
Berlin kommen, um zu sehen, was das Gewerbe
zu leisten vermag, und davon wird das Gewerbe
wieder großen Vortheil haben — freilich nicht ein
jedes, sondern in erster Linie nur das Gast-
wirthsgewerbc.

Das ist nicht mehr als billig, denn das Gast-
wirthsgewcrbe ist das populärste und gemein-
nützigste von allen Gewerben. Ein Mensch, der
das Posamentirergewerbe, die Diainantenschleiferei
und das Glockengießergewerbe sehr leicht entbehren
kann, wird nicht das Gastwirthsgewerbe auch noch
entbehren wollen.

Was die übrigen Gewerbe betrifft, welche
sich auf einer Ausstellung breit machen, so ist
es gleichgiltig, ob man Schlosser-, Schmiede-, oder
Schreinerarbeiten ausstellt, denn die Arbeiter,
welche sie im Schiveiße ihres Angesichtes geschaffen
habeit, kennt man nicht, und die Kapitalisten,
welche sie ausstellen, verstehen meistens vom
Handwerk nichts. Mögen die ansgestellten Ar-
beiten noch so verschiedenartig sein, sie repräsen-
tiren doch nur ein Gewerbe, nämlich das Aus-
beutergewerbe.

Von dem Stande dieses Gewerbes kann man
sich auf einer Gewerbe-Ausstellung einen ganz
zuverlässigen Begriff machen. Man betrachte die
wunderschönen Gegenstände, ebenso auch die hohen
Verkaufspreise, und vergleiche damit die Lohnsätze
der Gewerbegehilfen, dann wird man leicht zu
der Erkenntniß kominen, daß die Ausbeutung der
Arbeiter noch immer ein Gewerbe ist, das reich-
lich seinen Mann nährt.

Wenn man sich nach weiteren lohnenden Ge-
werben umschant, so wird man bemerken, daß
auf der Geiverbe-Ausstellung noch manches fehlt
und zwar vor Allem das Gewerbe des Wuchers
mit Grund und Boden. Es wäre höchst in-
teressant, einen Einblick in den Betrieb dieses
Gewerbes zu bekommen und zu beobachten, wie
man Wohnungs- und Lademniethen emportreibt,
um bannt wieder Häuserpreise auf eine im wahren
Sinne des Wortes s ch iv i n d e l n. d e Höhe zu treiben,
und wie man die Mtcther ausbeutet, ohne jemals
mit deni Wuchergesetz in Konflikt zu koinmen.
Ebenso interessant wäre es, die Wirkungen dieses
Gewerbes auf dem Lande zu beobachten, wo es
seine Objekte übermäßig hoch im Preise ansetzt,
dann mit Schulden belastet, deren Zinsen den
Ertrag übersteigen, und schließlich um Hilfe für
die Landwirthschaft jammert, wenn sich der plumpe
Schwindel auf die Dauer nicht halten läßt. An
diesem Wuchergewerbe wird viel Geld verdient,
denn die es betreiben, leben herrlich und in Freuden.
Leider ist das saubere Gewerbe auf der Aus-
stellung nicht vertreten.

Es fehlt daselbst auch das Verfolgungs-
gewerbe, welches sehr florirt und ganz gute Er-
träge abwirft. Dasselbe wird von Polizisten,
Spitzeln und verwandten Berufsgenossen be-
trieben und richtet sich in erster Linie gegen Leute,
welche so frei sind, öffentlich die Wahrheit zu
sagen. Auch in diesem Gewerbe giebt es technische
Fortschritte und Betriebsmethoden, deren Beobach-
tung auf einer Ausstellung nicht uninteressant
wäre. Man konnte die Versuche über Dehnbar-
keit von Gesetzcsparagraphen betrachten und würde
 
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