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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 13.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8183#0137
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2214

Des Näthsels Lösung.

'Emu eh'riien Himmel finstre Flüche schienend,

DeS Hmrsefi Strohdach eigenhändig flickend.

Im Antrag Ltanitz nur ihr Heil erblickend.

Das find die Junker, — klaffe Jammerbilder,

Die sich durchs Leben Knapp und mühsam schlagen.

Die dem bescheidensten Genutz entsagen

Und von der Lu Kim st nichts zu Haffen wagen.

Mit Bhranen waschend ihre Wappenschilder.

Die Math des Junkerthums sucht ihres Gleichen,
Wald mutz eS von den Ahnensttzen weichen;

Lu Einem nur sch ei nt'S immer noch zu reichen:

Lu dem Werliner UeichStagS-Aufenthalte.

AlS wäre weichgebettet man auf Uosen,

Schlüpft man vergnügt in seine SonntagShosen,
Datz man im UeichStag, dem diätenlosen,

Lum Wohl deS UeicheS seines AmteS walte.

Blitzdraht-Meldungen.

Berlin. Nach Einführung des Vörsengesetzes wollen sich alle Terminonkels an den
olympischen Wettspielen betheiligen. Jeder Sieger erhält einen ungiltigen Schlußschein mit
dem Porträt des „Vater Plötz".

— Rechtsanwalt Friedmann ist in Berlin eingetroffen und soll sofort nach Erledigung
seiner Privatangelegenheiten zum Kassirer des B u n d e s d e r L a n d w i r t h e ernannt werden,
weil er den Beweis geliefert hat, daß er vorzüglich Geld zu machen versteht.

München. Zum Schluß des Landtages haben die Ultramontanen und die liberale

Wie sie sich hier behausen und ernähren,

Ihr Vrot befeuchtend mit EntbehruugSzähren,

Mer Kann mir. dies Mirakel wohl erklären,

DaS unS befremdlich scheint, ja unergründlich?
Selbst der Vernunft scheint cS zu widersprechen.
Denn überall stehst du sie ehrlich blechen.

Auch einer Flasche wohl daS HälSchen brechen.
Wer gibt unS Aufschlutz schriftlich oder mündlich?

In dieses SäthselS Macht ein Sternlein funkelt.
Die böse Weit, die gar zu gern verdunkelt
DaS Strahlende, sie flüstert, rannt und munkelt,
Datz auf der Hand doch die Erklärung liege,

Datz, wenn Gesetze für die Iunkerklaffe
Man hier ertrotzt, in deS Vertreters Hasse
Für jede tirone, die er flott verprasse.

Ein schöner brauner Eausendmarkschein fliege.

Partei ein großes Versöhnungsfest gefeiert, bei welchem diejenigen Volksfreiheiten auf-
gespeist wurden, welche von der Wirksamkeit der beiden großen Reaktionsparteien noch ver-
schont geblieben sind.

Italien. Die Verlängerung des Dreibundes hat hier nicht den gewünschten Erfolg
gehabt, die Finanzen stehen so schlecht wie vorher, denn es pumpt den Italienern kein
Mensch etwas auf den Dreibund.

Rußland. Nach dem Unglück auf dem Chodinskojfelde machte der Polizetchef einen
Selbstmordversuch; er bewies aber dadllrch nur aufs Neue die völlige Unfähigkeit der
russischen Polizei, die nicht einmal das Geschick hat, sich aufzuhängen:

Belehrung.

Du bist, o Volk, nicht recht gescheidt,

Du lässt dich immer irritiren
Vou Fragen der Alltäglichkeit,

Die große Geister nicht genireu.

Du denkst nur an dein leiblich Wohl,

Du denkst aus Essen, denkst aus Trinken,
lind weißt nicht, wie verheißungsvoll
Dir höhere Genüsse winken.

Auf, laß soziale Fragen ruhn,

Und laß die Reaktion nur schalten,

Du hast ja Besseres zu thun,

Um Deutschlands Wohlfahrt hochzuhaltcn.
Auf koloniale Politik
Mußt einzig du dein Streben wenden.
Sie ist's allein, die noch dir Glück,

Die Ruhm und Ehre dir kann spenden.

Es ist dahin die schöne Zeit,

Da mau in Deutschland konnte siegen,
Da noch für Preußens Tapferkeit
Manch hübsches Läudchen war zu kriegen.
Druin halten Afrika wir hoch,

Drum müssen wir's kolonisiren:

Dort gicbt's etwas zu holen noch,

Dort giebt's noch was zu annektiren.

Wie groß, wie mächtig stehen wir
Dort gegenüber schwarzen Rotten,

Wie schön, wenn die Hereros wir
Besiegen und die Hottentotten!

Wie edel, wenn das Ncgerweib
Verspürt die Wucht der deutschen Hiebe
Und wenn wir in den schwarzen leib
Ihr bläuen echte Christenliebe.

Fragt nicht: „Was haben wir davon?"
Und fragt nicht nach der Opfer Schwere,
Wir thun es nicht uni schnöden Lohn,
Wir thun es einzig für die Ehre.

Wie sind die Thaten ehrenvoll
Der neuen kolonialen Helden!

Von Wehlan, Leist und Peters soll
Einst die Geschichte rühmend melden.

Drum murrt nicht, wenn für Afrika
Gefordert werden Millionen,

Das schöne Geld, es ist ja da,

Was sollten sparen wir und schonen!
Und ob's daheim auch rückwärts geht,
Und ob sich folgen Krach auf Krache,
Wenn nur im Urwald siegreich weht
Die deutsche schivarz-weiß-rothe Flagge!

Ueber das Ehrrechl.

Von Rextilius.

Daß man ein bürgerliches Gesetzbuch mit un-
endlich vielen Paragraphen herausgiebt, muß ich
loben, denn der Deutsche fottn gar nicht genug
Gesetze haben.

Besonders das Kapitel von der Ehe interessirt
mich, denn in der Ehe geht es noch viel zu unbot-
mäßig zu, da ist ein scharfes Gesetz mit vielen
Strafen sehr am Platze.

Leider ist aber dieses Kapitel in der Vorlage
nicht so ausgefallen, wie cs.mein staatserhaltendes,
polizcifrommes Gcniüth eigentlich gewünscht hätte,
und ich habe deshalb verschiedene Ausstellungen
und Verbesscruugsvorschlägc zu machen.

Schon die Bezeichnung „Eherecht" ist verfehlt.
Man soll den Leuten Nicht Vorreden, daß sie irgend
ein Recht hätten, denn sic sind dumm genug, dies
ernst zu nehme» und wirklich an das.Vorhanden-
sein von Staatsbürgerrechten zu glauben. Man
sage also Ehczuchtgesetz und stelle die Eheleute —
weil die Ehe vou Vielen nicht mit Unrecht als
ein Kriegszustand bezeichnet wird — unter die
Militärgerichtsbarkeit.

Will Jemand eine Ehe eingehen, so hat die
Ortspolizei zunächst zu untersuchen, ob ein Be-
dürfniß hierzu vorhanden ist. Sind alle Familicn-
wohnuNgen im Stadtviertel vcrmiethct, die Schulen
genügend frequentirt und die Einwohnerzahl in
den letzten drcioiertel Jahren nicht zurückgcgangen,
so wird die Bedürfnififragc verneint und die Ehe
muß unterbleiben.

Fällt dieses Hinderniß weg, so ist zunächst

der männliche Ehekandidat auf seine Würdigkeit
zu prüfen. Gehört er einer Gewerkschaft, einem
Gesangverein, einem Klub von verdächtiger Ten-
denz oder gar der sozialdemokratischen Partei direkt
au, so wird seine Ehe nicht geduldet und der
Delinquent wegen Versuchs zum Verbrechen der
Anstiftung einer staatsgefährlichen Verbindung
mindestens sechs Monate eingesperrt, außerdem
wird das Brautpaar polizeilich aufgelöst.

Liegt gegen den Bräutigam nichts vor, so ist
noch zu untersuchen, ob die Braut sozialdemokra-
tische Blätter liest, ob sie jemals bei einer Arbeitcr-
festlichkeit getanzt hat und ob sie zuweilen einen
rochen Unterrock oder rothc Strümpfe trägt. Laßt
sie sich Derartiges nicht zu Schulden kommen
und ist auch in politischer Beziehung nichts gegen
sie einzuwenden, so kann das Aufgebot erfolgen.

Es müssen sodann vor der Trauung den
Brautleuten die Kriegsartikel vorgelcscn werden,
mit den besonderen auf die Ehe bezüglichen Ein-
schaltungen. Da ist z. B. die Bestimmung nöthig,
daß die Zahl der zu erwartenden Kinder vom
Magistrat unter Mitwirkung des statistischen Amtes
festgestellt wird. Wer nach Ablauf einer amtlich
bestimmten Frist diese Zahl nicht erreicht oder
überschritten hat, verfällt in strenge Strafe.

Das Recht körperlicher Züchtigung steht nicht
nur dem Manne, sondern auch dem Bezirkspolizci-
inspektor zu, und zwar auf Antrag der Frau auch
über den Mann, sofern derselbe durch Versamm-
lungsbesuch, Broschürenlesen u. s. w. Acrgerniß
gicbt. Ebenso ist der Polizei jederzeit Einsicht in
die Kinderwäsche zu gestatten, falls darin ein
strafbarer Inhalt vermuthet wird.

Wenn ein Ehegatte seine Steuern und Ab-
gaben schuldig bleibt, so kann ihm die Frau
gepfändet werden. Dieselbe wird dann als Pfand-
wcib im Staatsdienste vcrwerthet, bis der Mann
sie entweder einlöst oder der öffentlichen Gewalt
anheimfallen läßt. Im letzteren Falle wird sie
wieder als Jungfrau erklärt und darf mit einem
staatserhaltend gesinnten Manne eine neue Ehe
schließen. Die Kinder der früheren Ehe werden
durch Gerichtsbeschluß eingezogen.
 
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