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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 13.1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.8183#0202
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2276 -

-H» Die Lordsee-Flscher. *<*-

Nach einer wahren Begebenheit.

Die Mordsee tobt in ihrer wilden Ary
Die Fischer rüsten sich zur schweren Fahrt.

Da kommt ein Trupp vornehmer Herrn gegangen;
€»t schreitet stolz voran Freiherr von Langen,

Der eifrige VerVess'rer der Gesetze. —

Die Fischer ordnen emsig ihre Metze.

Der Freiherr spricht: „Sagt mal, ihr guten Leute,
Mr guält euch üei dem Lösen Wetter heute

Wie alle Tage; und was bringt es ein 7
Mit dem Verdienst könnt' es wohl besser sein,

Wenn wir euch mit des Schutzzolls scharfen Waffen
Die fremde Konkurrenz vom Halse schaffen!" —

Drauf tritt ein alter, wetterharter Mann
An unfern Freiherrn wucht'gen Schritts heran,

Und er erwidert: „Mein, ihr hohen Herrn,

Mit solcher Weisheit bleibt uns lieber fern!

Von Schutzzoll sprecht ihr, Heritt Das ist nicht gut.
Mr wißt wohl nicht, wie es den Armen thur,

Wenn er am Hering auch noch sparen soll.

Ach sag': der Teufel hole euren Lok!

Viel lieber wollt' ich in den Tod jetzt steuern,
Als armen Leuten ihre Most vertheuern!" —

Da schallt's im Thore: „Vater, du hast Recht!
Uonnn, laß' sie stehn! Mein, lieber todt als schlecht!"

Die Fischer fahren ab, und Herr van Langen
Und seine Freunde stehlt noch ganz befangen.

Dann sind sie still verdrossen heimgekehrt;

So gründlich wurden sie noch nie belehrt.

Mädlers „Glaubensbrkenntnih!''

Der Forscher steht an seinem Teleskop.

Lein Blick durchwanderte den Zternenhimmel
Lchon manche Nacht, und immer wieder staunte
Zein edler Geist des Weltbaus Wunder an;
Und alles, was er Großes in sich trug.

Zein treuer Fleiß, sein Zinn für Pünktlichkeit.
Zein weltumspannend Denken, und vor allem
Die Liebe zu den Menschen, die er alle
Einweihen möcht in diese hohen Wunder. —
Das alles glänzt vom Himmel ihm entgegen
Im ewig majestät'scheu Lternenlicht.

Er grüßt es andachtsvoll, er nennt es Gott.
Und ehrt es als den großen Weltenmeister.
Der alle jene Herrlichkeit erschuf.

Zu schlichten Versen prägt er sein Empfinden
Und preist die Zchöpfermacht der ew'gen Liebe.
Die keinen Zorn, kein kleinlich Wesen kenne.
Wie Menschen es der Gottheit angedichtet. —

Das Lied ging damals frei durch die Zensur. —
Ls war im Jahre achtzehnhundert dreißig! —
Und wurde später in den ersten Jahren
Des neuen Deutschen Reichs von einem Pred'ger
Als der Erbauung dienend abgedruckt. —

Doch jetzt! Die Zeitung, die das Lied jüngst brachte
Wird wegen Gotteslästerung belangt.

Lo schreite fort, du preußisch-frommer Geist!
Bald zu dem deutschen Volke sagt man dann:
Du warst das Volk der Dichter und der Denker.

* Das Gedicht „Ein Glaubensbekenntniß" von dem berühmten
Astronomen Mädler, das in früheren Jahren in Deutschland
überall unbeanstandet erscheinen konnte, wurde jüngst von
einem Blatt in Halberstadt abgedruckt. Eine Reihe von Geist-
lichen und Beamten denuuzirte das Blatt, woraus die Staats-
anwaltschaft in Halberstadt eine Anklage wegen Gotteslästerung
erhob.

Fürsten - Geschichte.

Der Geschichtsunterricht in unseren Schulen
ist insofern noch äußerst mangelhaft, als den
Kindern selten gebührend klar gemacht wird, wie
weit die Fürsten aller Länder und Epochen ihrer
jedesmaligen Zeit voraus gewesen sind. Es ist
ein großes Verdienst der ..Kölnischen Zeitung",
hier eine empfindliche Lücke ausgefüllt zu haben,
indem sie berichtet, daß der Zar Peter der
Große sich in jüngeren Jahren als Monteur
und Lokomotivführer ansgebildet hat. Das ist
zwar eine ebenso unbestreitbare wie wichtige That-
sache, aber nur eine unter vielen, die gleichfalls
der Vergessenheit entrissen und namentlich in den
Schulen mit Nachdruck vorgetragcn zu werden
verdienen. Es seien darum noch einige der be-
deutenderen in Folgendem zusainmengestellt.

Kaiser Jnstinian, der berühmte Reformator
des Rechtswescns, hätte es sicher nicht so weit
gebracht, wenn er nicht in Leipzig Jura studirt
hätte. Er war übrigens ein flotter Student und
zeichnete sich, was ja auch selbstverständlich ist,
sowohl im Biertrinken wie auf der Mensur in
hohen; Maße aus.

Karl der Große diente ein halbes Jahr
als Sekondelieutenant bei den Garde-Kürassieren
in Berlin. Er wurde hier als schneidiger und
frommer Kamerad allgemein geschätzt. Bei Tische
wie auf dem Exerzierplatz schlug er eine scharfe
Klinge und war als Gegner sehr gefürchtet. Ein
stehender Ausspruch war bei ihm: „Und wenn
es mein eigener Bruder wäre, ich schonte ihn
nicht!" Da er ziemlich breit von Figur war, so
wurde der Thron später für ihn und seinen
Bruder Karlmann zu eng, und darum machte
er mit der Konsequenz, die von jeher seinen
Charakter ausgezeichnet hatte, seinen Wahl-
spruch wahr.

Friedrich Barbarossa intcressirte sich als
Kronprinz lebhaft für die Sprengarbeiten mit
Dynamit in den Bergwerken. Als er in alten
Tagen auf seine Jugcndliebhaberei zurücksiel, ging

einmal der Schuß nicht los, und er blieb im
Berge eingeschlossen, wo er heute noch sitzt.

Weniger bekannt als das Angeführte dürften
folgende geschichtliche Thatsachen sein. Als König
David die Burg Zion bauen wollte, war er
vorher bei Krupp in Essen, um sich die besten
Festungsgeschütze auszusuchen und gleichzeitig den
größeren König, den Millionenfürstcn, anzn-
ptiinpen, allerdings, wie mait sagt, ohne Erfolg.

Dem erhabenen Beispiel des Zaren Peter
eiferte vor allen König Agamemnon nach.
Bevor er mit seiner Griechenflottc nach Troja
fuhr, machte er ein paar Reisen auf einem Doppcl-
schraubendampfer über den Ozean als Kohlen-
trimmer.

Alle die genannten und unzählige andere
Herrscher hätten unmöglich ihrer Zeit so kühn
vorauseilen können, wenn nicht die Fürsten von
Haus aus andere, höher begabte Wesen mären
als wir gewöhnlichen Menschenkinder.

Am Nordpol.

Von des Nordpols Eisgestaden
Kam uns wunderbare Kunde,

Mittels Flaschenpost befördert
Auf des Golfstroms lauen Fluchen:

„An den .Wahren Jacob', Stuttgart."

„Diesmal haben wir gezittert,

Diesmal war uns wirklich bange,

Als des Nordens kühner Recke,

Als der rauhe Fridtjof Nansen
Unfern eis'gen Wall umstürmte,

Um den Eintritt zu erzwingen
In das unentdeckte schöne
Letzte Paradies der Erde,

In des Nordpols freies Reich.

Nun — o Glück! — es ist mißlungen.

Denn des Eismeers Schrecken schützten
Unsre glückliche Oase
 
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