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§err t>. Abel lieh sich den Humor nicht
„zernichten. „Man wird schon sehen, was
für ein Geschmeiß nach mir kommt", kicherte er.
* , .
„T Der liberalen Esel gab es genug, welche den
Anvruch erner bayerischen Morgenröthe prophe-
ävn,■ . n Protestant, der Herr v. Maurer,
^blt die Mission, dieselbe heraufzuziehen.
Mitglied des Staatsraths hatte er die
-Verleihung des Staatsbürgerrechts an Lola
„die größte Kalamität" genannt, welche den
Staat treffen könnte; als Haupt deS neuen
Kabinets Unterzeichnete er das Dokument. Der
König siedelte aus sein Lustschloß Brückenau
über; die Favoritin folgte seinen Spuren,
doch ritten, unwirsches katholisches Volk von
ihr abzuwehren, Kürassiere neben ihrem Wagen.
Ländliche Stille war freilich das Letzte, wonach
ste sich sehnte. Sie bedurfte des tobenden
Lärms, des raffinirten Genusses. Teufeleien
waren ihre Passion. Nach München zurück-
gekehrt, trieb sie es liederlicher als zuvor.
Das Zentrum des Widerstandes ward die
Universität. Weil Herr v. Abel vormals das
Unterrichtswesen geleitet hatte, siel im Senate
der Antrag, ihm eine Dankadresse zu schicken.
Das königliche Gutachten erfolgte rasch: Ein
Büschel Professoren und Dozenten wurde von
dem Katheder weggeblasen, unter ihnen der
belrebte Philologe Ernst Lasaulx. Ihm brach-
ten tue Studenten am 1. März 1848 ein Vivat;
dann rückten sie zu Lola hin und grüßten sie
mit einem „Pereat, du Hu—mmel!" Eben
zechend und halb besoffen, schleuderte die Ge-
feierte ihr Champagnerglas hinunter und wäre
nicht Infanterie und Kavallerie sofort zur
Stelle gewesen, es hätte sich der Krawall ge-
steigert. Da tauchte die Gestalt des Königs
auf; er passirte unangefochten und trat ein.
Da er Nachts herauskam, „wurde auch ihm
sein Antheil an der Serenade. Es umschollen
ihn Rufe, die man erräth, nicht druckt".
Unter der Studentenschaft hatte es längst
gegährt. Ihres abgereisten Protektors sicher,
gelüstete Lola, in welcher die Geilheit bockte,
nach frischen Jünglingen, und der Herr Minister
v. Bercks, ihr Trabant, warb eine akademische
Leibwache für sie. An einem späten Abend
beobachteten Studenten, daß Lola in ihrem hell
erleuchteten Salon zwischen zwei Burschen der
„Palatia" saß, die Mütze des Einen auf ihren
Locken. Entrüstet rapportirten sie diese Ent-
weihung der Farben und die Pfälzer schlossen
die beiden Ritter aus, worauf diese einen be-
sonderen Verband, die „Alemannia", schlossen.
Die spanische Fliege summte dem König scharf
um die Ohren und der „Palatia" ward in
höchstem Auftrag geboten, die Ausgestoßenen
wieder aufzunehmen; andernfalls werde die
Universität aus München wegverlegt. Da die
Zumuthung nicht verfing, organisirten sich die
Alemannen; sie kneipten im Hintergebäude
von Lolas Haus, kriegten kokette Mützen und
nette Gewandung von ihr geschenkt und die
Gute that an den Jungen, vornehmlich am
Senior Peißner, auch sonst viel Liebes. Im
Januar 1848 gab's einen pompösen Kommers,
auf welchem Minister v. Bercks, als Ehren-
philister zugegen, die Alemannen als Ausbund
des Fleißes, der Sittsamkeit und Humanität
schilderte, sie einer verdorbenen Jugend als
Muster empfahl. Das hatte noch gefehlt. Wo
fortan in einem Hörsaal sich diese Muster-
knaben blicken ließen, hob unbarmherziges
Pfeifen und Grunzen'an; die Dozenten ver-
hüteten Weiteres nur mit Mühe und da
während der Vorgänge Professor Görres starb,
ward seine Bestattung zur Demonstration.
Lola schaute zu und zischte, sie werde schon
für Räumung sorgen. Die Gereiztheit wuchs.
In die Studenten fuhr die echte Habererlust,
sowie Alemannen sichtbar wurden. Man raufte
täglich ausgiebiger und am 9. Februar 1848
litt es Lola nicht mehr in ihrem reizenden
Käfig. Die Sorge für ihre Gardisten führte
sie nach den Arkaden des Hofgartens; sie ward
erkannt und die wuchtigsten Kosenamen des
altbayerischen Kalenders prasselten auf sie
nieder; man stieß und puffte und beschmutzte
sie und schließlich legte sich eine solide Tatze
auf ihre Wange. Nach kouragirter Gegenwehr
in die Theatinerkirche fliehend, entzog sie sich
weiteren Handgreiflichkeiten. Kürassiere deckten
ihren Rückzug?
Der König vergalt den Schlag in Lola's
Antlitz mit sofortiger Schließung der Universi-
tät. Durch Ansprachen, aus denen die Loyalität
tropfte, lenkte der Rektor die Studenten von
Exzessen ab; allein nun waren Gevatter Schnei-
der, Schuster und Zimmervermiether wild ge-
* Im Volke kursirte ein Lola Montez-Vaterunser, das
folgenden Wortlaut hatte:
Lola Montez, leider Gott noch die Unsere, die du bald
lebst in, bald um München, bald in China, bald in Sendling,
die du das Volk nennst eine Kanaille, und die du selbst eine
Kanaille bist, du Verpesterin der Ruhe und Ordnung, der
Sitte und Zucht, deS Vertrauens und der Liebe, du Teufel
ohne Hörner und Schweif, aber mit sonst allen Teufelskünsten
und Attributen, du Babylonische, die nirgends fast mehr leben
kann, weil sie dich schon überall hinausgehauen, verwünscht
sei dein Name, zerrissen dein Adelsbrief, verdammt bist
du von den Guten und von den Schlechten, von Gros; und
Klein, von Nieder und Hoch! Zukomme dein Häusel der
Sp. oder V., wenn sie sich nicht schämen hineinzugehen, zu-
komm' dein Geld nicht den Großen, die haben Geld genug,
nicht den Gendarmen, sondern den rechten Armen, die
ihre Zähne ausbeißen, nicht an Brot, sondern an gerechtem
Ingrimm über
deine Prasserei und
Unverschämtheit;
dein Wille geschehe,
du sollst herein,
komm nur herein,
daß sie dich kriegen,
sie schlagen dich gar
gern mit Trem-
meln todt, denn
du verdienst kein
ehrliches Ende und
keine Ruh auf Er-
den, vom Himmel
ist bei dir keine
Rede! Friß und
schwelg und laß
dich nur bald sehen,
dann hast du uns
gegeben unser täg-
lich Brot, als ist
Auflauf und Spek-
takel um einer da-
hergelaufenen
Metze wegen. Ver-
gieb uns unsere
Schuld, wenn wir
dich nicht genug
noch durchgewalkt
haben und verach-
ten, und haß uns
nur wieder, auf
daß wir dich recht
hassen lernen; kein
Versprechen, kein
Geld und Gut, kein
gestickter Kragen
und Orden ver-
führt uns, deine
Partei zu nehmen,
mach dir also keine
Müh', komm und
las; dich massakri-
ren oder bleib
draußen und laß
dich anderswo todt-
schlagen, aber bleib
uns vom Leib, da-
zu hoffet man's zu
bringen durch Ge-
walt der Pflaster- .
steine und den festen
Willen der Stände,
auf daß wir er-
löst sind von dir
und der Pest und
allen dranhängen-
den Uebeln. Amen.
worden. Die Ordre berührte die Tasche — ein
reizbares Glied. Die Häupter der Universität
wußten die Minister zu überzeugen, daß, wenn
die Studien nicht unterbrochen werden und
die Alemannia verschwinde, Eintracht, des
Himmels bester Segen, wiederkehre. Die Mi-
nister bezwangen des Herrschers Trotz und als
die zweite bürgerliche Deputation angewackelt
kam, erfuhr sie, „Ludwig!" habe Alles bewilligt;
sogar auf seine Lola verzichte er, sie werde
gleich abrutschen. Da krachten Lebehochsalven,
man weinte, man schmatzte sich ab und um-
armte sich.
Lola's Abzug war ein Schmaus, den Nie-
mand sich entgehen lassen wollte. Die Masse
rückte vor ihr Haus. Bald fährt ein dürftiger
Fiaker vor — mit frenetischem Jubel begrüßt.
Nach vergeblichem Harren schwenkt er ab und
es erscheint ein zweiter. Lola tritt auf den
Balkon, sieht rings höhnisch um und eilt
dann nach dem Garten. Obwohl Steine auf
sie einsausen, parirt sie tapfer, bis ein Lakai
sie um die Taille faßt, durch einen Korridor
zum Wagen trägt und hineinschiebt. Der
Kutscher peitscht die Pferde und im rasenden
Galopp geht's fort. Das Volk stürmt nun-
mehr die Villa, zertrümmert, was ihm vors
Rohr kam, bemächtigt sich auch eines Stoßes
Bettelschriften, von Patrioten an das „fremde
Mensch" gerichtet, als plötzlich Ludwigs Stimme
ertönte: „Schont mein Eigenthum!" Sofort
ward's still, die Köpfe entblößten sich. „Heil,
unserm König Heil" wird intonirt und, wäh-
rend er schweigend von dannen schreitet, auch
von Jenen andächtig gesungen, die unmittelbar
zuvor rasten; es flössen sogar Thränen. Das
paßte zu dem komischen Jahre. Herr v. Abel
erzählte freilich später in Paris, ein Unbe-
kannter habe einen Spiegel am Haupte des
Königs zerschmettert; blutüberströmt und im
Zustande der Ohnmacht sei dieser nach dem
Palais transportirt worden.
An ein jähes Scheiden dachte Lola keines-
wegs. Vom königlichen Jagdschloß Bluten-
burg aus, wo sie Quartier genommen, schlüpfte
sie nach München zurück. Ehrenphilister
v. Bercks gewährte heimlich Unterkunft und
der König verkehrte mit ihr. Da Gerüchte
kreisten, machte der Magistrat durch Plakate
bekannt, die Gräfin Landsfeld sei, polizeilich
bewacht, nach Lindau abgereist. Im Allge-
meinen entsprach dies der Wahrheit. Nur
gönnte sich die Dame, die als Gepäckstück
auch Senior Peißner mit führte, Zeit und
Lola Montez flüchtet vor dem Volke.
§err t>. Abel lieh sich den Humor nicht
„zernichten. „Man wird schon sehen, was
für ein Geschmeiß nach mir kommt", kicherte er.
* , .
„T Der liberalen Esel gab es genug, welche den
Anvruch erner bayerischen Morgenröthe prophe-
ävn,■ . n Protestant, der Herr v. Maurer,
^blt die Mission, dieselbe heraufzuziehen.
Mitglied des Staatsraths hatte er die
-Verleihung des Staatsbürgerrechts an Lola
„die größte Kalamität" genannt, welche den
Staat treffen könnte; als Haupt deS neuen
Kabinets Unterzeichnete er das Dokument. Der
König siedelte aus sein Lustschloß Brückenau
über; die Favoritin folgte seinen Spuren,
doch ritten, unwirsches katholisches Volk von
ihr abzuwehren, Kürassiere neben ihrem Wagen.
Ländliche Stille war freilich das Letzte, wonach
ste sich sehnte. Sie bedurfte des tobenden
Lärms, des raffinirten Genusses. Teufeleien
waren ihre Passion. Nach München zurück-
gekehrt, trieb sie es liederlicher als zuvor.
Das Zentrum des Widerstandes ward die
Universität. Weil Herr v. Abel vormals das
Unterrichtswesen geleitet hatte, siel im Senate
der Antrag, ihm eine Dankadresse zu schicken.
Das königliche Gutachten erfolgte rasch: Ein
Büschel Professoren und Dozenten wurde von
dem Katheder weggeblasen, unter ihnen der
belrebte Philologe Ernst Lasaulx. Ihm brach-
ten tue Studenten am 1. März 1848 ein Vivat;
dann rückten sie zu Lola hin und grüßten sie
mit einem „Pereat, du Hu—mmel!" Eben
zechend und halb besoffen, schleuderte die Ge-
feierte ihr Champagnerglas hinunter und wäre
nicht Infanterie und Kavallerie sofort zur
Stelle gewesen, es hätte sich der Krawall ge-
steigert. Da tauchte die Gestalt des Königs
auf; er passirte unangefochten und trat ein.
Da er Nachts herauskam, „wurde auch ihm
sein Antheil an der Serenade. Es umschollen
ihn Rufe, die man erräth, nicht druckt".
Unter der Studentenschaft hatte es längst
gegährt. Ihres abgereisten Protektors sicher,
gelüstete Lola, in welcher die Geilheit bockte,
nach frischen Jünglingen, und der Herr Minister
v. Bercks, ihr Trabant, warb eine akademische
Leibwache für sie. An einem späten Abend
beobachteten Studenten, daß Lola in ihrem hell
erleuchteten Salon zwischen zwei Burschen der
„Palatia" saß, die Mütze des Einen auf ihren
Locken. Entrüstet rapportirten sie diese Ent-
weihung der Farben und die Pfälzer schlossen
die beiden Ritter aus, worauf diese einen be-
sonderen Verband, die „Alemannia", schlossen.
Die spanische Fliege summte dem König scharf
um die Ohren und der „Palatia" ward in
höchstem Auftrag geboten, die Ausgestoßenen
wieder aufzunehmen; andernfalls werde die
Universität aus München wegverlegt. Da die
Zumuthung nicht verfing, organisirten sich die
Alemannen; sie kneipten im Hintergebäude
von Lolas Haus, kriegten kokette Mützen und
nette Gewandung von ihr geschenkt und die
Gute that an den Jungen, vornehmlich am
Senior Peißner, auch sonst viel Liebes. Im
Januar 1848 gab's einen pompösen Kommers,
auf welchem Minister v. Bercks, als Ehren-
philister zugegen, die Alemannen als Ausbund
des Fleißes, der Sittsamkeit und Humanität
schilderte, sie einer verdorbenen Jugend als
Muster empfahl. Das hatte noch gefehlt. Wo
fortan in einem Hörsaal sich diese Muster-
knaben blicken ließen, hob unbarmherziges
Pfeifen und Grunzen'an; die Dozenten ver-
hüteten Weiteres nur mit Mühe und da
während der Vorgänge Professor Görres starb,
ward seine Bestattung zur Demonstration.
Lola schaute zu und zischte, sie werde schon
für Räumung sorgen. Die Gereiztheit wuchs.
In die Studenten fuhr die echte Habererlust,
sowie Alemannen sichtbar wurden. Man raufte
täglich ausgiebiger und am 9. Februar 1848
litt es Lola nicht mehr in ihrem reizenden
Käfig. Die Sorge für ihre Gardisten führte
sie nach den Arkaden des Hofgartens; sie ward
erkannt und die wuchtigsten Kosenamen des
altbayerischen Kalenders prasselten auf sie
nieder; man stieß und puffte und beschmutzte
sie und schließlich legte sich eine solide Tatze
auf ihre Wange. Nach kouragirter Gegenwehr
in die Theatinerkirche fliehend, entzog sie sich
weiteren Handgreiflichkeiten. Kürassiere deckten
ihren Rückzug?
Der König vergalt den Schlag in Lola's
Antlitz mit sofortiger Schließung der Universi-
tät. Durch Ansprachen, aus denen die Loyalität
tropfte, lenkte der Rektor die Studenten von
Exzessen ab; allein nun waren Gevatter Schnei-
der, Schuster und Zimmervermiether wild ge-
* Im Volke kursirte ein Lola Montez-Vaterunser, das
folgenden Wortlaut hatte:
Lola Montez, leider Gott noch die Unsere, die du bald
lebst in, bald um München, bald in China, bald in Sendling,
die du das Volk nennst eine Kanaille, und die du selbst eine
Kanaille bist, du Verpesterin der Ruhe und Ordnung, der
Sitte und Zucht, deS Vertrauens und der Liebe, du Teufel
ohne Hörner und Schweif, aber mit sonst allen Teufelskünsten
und Attributen, du Babylonische, die nirgends fast mehr leben
kann, weil sie dich schon überall hinausgehauen, verwünscht
sei dein Name, zerrissen dein Adelsbrief, verdammt bist
du von den Guten und von den Schlechten, von Gros; und
Klein, von Nieder und Hoch! Zukomme dein Häusel der
Sp. oder V., wenn sie sich nicht schämen hineinzugehen, zu-
komm' dein Geld nicht den Großen, die haben Geld genug,
nicht den Gendarmen, sondern den rechten Armen, die
ihre Zähne ausbeißen, nicht an Brot, sondern an gerechtem
Ingrimm über
deine Prasserei und
Unverschämtheit;
dein Wille geschehe,
du sollst herein,
komm nur herein,
daß sie dich kriegen,
sie schlagen dich gar
gern mit Trem-
meln todt, denn
du verdienst kein
ehrliches Ende und
keine Ruh auf Er-
den, vom Himmel
ist bei dir keine
Rede! Friß und
schwelg und laß
dich nur bald sehen,
dann hast du uns
gegeben unser täg-
lich Brot, als ist
Auflauf und Spek-
takel um einer da-
hergelaufenen
Metze wegen. Ver-
gieb uns unsere
Schuld, wenn wir
dich nicht genug
noch durchgewalkt
haben und verach-
ten, und haß uns
nur wieder, auf
daß wir dich recht
hassen lernen; kein
Versprechen, kein
Geld und Gut, kein
gestickter Kragen
und Orden ver-
führt uns, deine
Partei zu nehmen,
mach dir also keine
Müh', komm und
las; dich massakri-
ren oder bleib
draußen und laß
dich anderswo todt-
schlagen, aber bleib
uns vom Leib, da-
zu hoffet man's zu
bringen durch Ge-
walt der Pflaster- .
steine und den festen
Willen der Stände,
auf daß wir er-
löst sind von dir
und der Pest und
allen dranhängen-
den Uebeln. Amen.
worden. Die Ordre berührte die Tasche — ein
reizbares Glied. Die Häupter der Universität
wußten die Minister zu überzeugen, daß, wenn
die Studien nicht unterbrochen werden und
die Alemannia verschwinde, Eintracht, des
Himmels bester Segen, wiederkehre. Die Mi-
nister bezwangen des Herrschers Trotz und als
die zweite bürgerliche Deputation angewackelt
kam, erfuhr sie, „Ludwig!" habe Alles bewilligt;
sogar auf seine Lola verzichte er, sie werde
gleich abrutschen. Da krachten Lebehochsalven,
man weinte, man schmatzte sich ab und um-
armte sich.
Lola's Abzug war ein Schmaus, den Nie-
mand sich entgehen lassen wollte. Die Masse
rückte vor ihr Haus. Bald fährt ein dürftiger
Fiaker vor — mit frenetischem Jubel begrüßt.
Nach vergeblichem Harren schwenkt er ab und
es erscheint ein zweiter. Lola tritt auf den
Balkon, sieht rings höhnisch um und eilt
dann nach dem Garten. Obwohl Steine auf
sie einsausen, parirt sie tapfer, bis ein Lakai
sie um die Taille faßt, durch einen Korridor
zum Wagen trägt und hineinschiebt. Der
Kutscher peitscht die Pferde und im rasenden
Galopp geht's fort. Das Volk stürmt nun-
mehr die Villa, zertrümmert, was ihm vors
Rohr kam, bemächtigt sich auch eines Stoßes
Bettelschriften, von Patrioten an das „fremde
Mensch" gerichtet, als plötzlich Ludwigs Stimme
ertönte: „Schont mein Eigenthum!" Sofort
ward's still, die Köpfe entblößten sich. „Heil,
unserm König Heil" wird intonirt und, wäh-
rend er schweigend von dannen schreitet, auch
von Jenen andächtig gesungen, die unmittelbar
zuvor rasten; es flössen sogar Thränen. Das
paßte zu dem komischen Jahre. Herr v. Abel
erzählte freilich später in Paris, ein Unbe-
kannter habe einen Spiegel am Haupte des
Königs zerschmettert; blutüberströmt und im
Zustande der Ohnmacht sei dieser nach dem
Palais transportirt worden.
An ein jähes Scheiden dachte Lola keines-
wegs. Vom königlichen Jagdschloß Bluten-
burg aus, wo sie Quartier genommen, schlüpfte
sie nach München zurück. Ehrenphilister
v. Bercks gewährte heimlich Unterkunft und
der König verkehrte mit ihr. Da Gerüchte
kreisten, machte der Magistrat durch Plakate
bekannt, die Gräfin Landsfeld sei, polizeilich
bewacht, nach Lindau abgereist. Im Allge-
meinen entsprach dies der Wahrheit. Nur
gönnte sich die Dame, die als Gepäckstück
auch Senior Peißner mit führte, Zeit und
Lola Montez flüchtet vor dem Volke.