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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0013
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2913

Von unferm Koller.

v. Koller (vorwurfsvoll aus feine geschwollene Backe zeigend, zu Delbrück): Aber,

Herr Professor, hätten Sie mir Ihre Ansicht über die dänischen Aus-
weisungen nicht in einer andern Form mittheilen können?

r^rs- HobrlsMhne.

„Deutschland ist frei!" hält auch die Zungen
Im Zaum die Macht der Polizei,

Ist Posadowsky doch durchdrungen
Davon, daß unser Deutschland frei!

„Deutschland ist frei!" droht auch den „Händen"
Der Arbeit Zuchthaussklaverei,

Läßt sie sich willig nicht verwenden, —

Was macht das? Ist doch Deutschland frei!

„Deutschland ist frei!" mit schrillen Stößen
Trompetet Ihr die Litanei;

Den: „Lümmel Volk" mit Kolbenstößen
Paukt man es ein: „Deutschland ist frei!"

Die Behauptung, daß die Nationalliberalei:
oft ihre Gesinnung verleugnen, ist falsch. Was man nicht hat, kann
inan nicht verleugnen. * * *

Wo man singt» da lass' dich ruhig nieder:

Ausgenoinmeu es sind — Zentrumslieder.

In einen: Orte Nordschleswigs sind alle Nichtdeutschen über die
Grenze geschubst worden, weil sie dänisches Roggenbrot gegessen hatten.
Das Korn war wohl von einem deutschen Landmann gebaut, von einen:
deutschen Müller geinahlen und von einem deutschen Bäcker gebacken,
allein das Saatkorn war nicht deutsch, der fürwitzige Bauer hatte es aus
Dänemark bezogen. * , *

In dem Lande der Zitronen, I Alles, was dort frei herunrläuft,
Sperrt die Ehrlichkeit inan ein, I Wird wohl Dieb und Räuber sein.

Deutschlands Zukunft ist ein sehr schwankender Begriff: sie liegt auf
dem Wasser und steigt und fällt daher mit jeden: Mondwechsel.

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

durchfallen läßt, was durch Abkoininandirung
erzielt wird. Es ist daher nöthig, vor jeder Ab-
stimmung sich genaue Instruktion vom Partei-
führer und womöglich auch von: Staatssekretär
zu holei: und die Ordre strengstens zu befolgen.
Der Lohn bleibt nicht aus, deni: man wird dafür
beim Reichskanzler zu Tisch geladen und hat Aus-
sicht, einstinals ein Ordeirsbändchen zu bekommen.

Das ewige Leben in Sachsen.

Wennste ämal zur Leiche solldest gehn.

Denn lege hibsch ä Lchloß vor deine Libben,
De genndest sonst verleichd dich underschdehn.
An unsre heilge Religion zu dibben.
verschlucke liewer deinen Abschiedsgohl
An gämfe schdandhaft deine Riehrung nieder,
vor Allem aber sag' nicht: „Lebewohl!

In diesem Lähm, da sehn mer uns nich wieder!"

Ls gann ja sinn, daß du derzu ooch weenst,
Loweid nich Dröhnen schon derheeme flössen,
Ls gann ooch sinn, daß de's nich beese meenst.
Uff jeden Kall jedoch biste erschossen.

Mer gann die Morde je ooch so verschdehn.
Als ob sich Lufd ä innrer Zweifel mache:
„Ich gloobe nich an eier Wiedersehn
lln's ew'ge Lähm is änne dunkle Lache."

An daß der Mensch ans ew'ge Lähm nich gloobd.
An an ä Wiedersehen nachen Dode,

Das is in Lachsen eemal nich erloobd —

Mir hieben uns vor so 'ner Heidenmode.

Aee, nee, mei Kreind,'s wärd uns schon gelingen,
Indem mer dich vergnackd un nich von Babbe,
De Religion dir wieder beizubringen,

Un nachher hälfte wenigstens de Glabbe!

Parabel.

Üiine lustige Stubenfliege summte durchs Dim-
mer und — hast du ge sehn? ■— grade in das
solid gearbeitete Ach einer wohlbeleibten Kreuz-
spinne hinein.

Da zappelte stc! Die Spinne aber kam behende
dahergewatschelt, beschaute sich den (Kralen mit

fröhlichem Interesse und begann dann eine zweck-
dienliche Thätigkeit zu entwickeln, indem sie das
unkluge Rliegenwefen mit vielen zähen Fäden
sestelte und umspann.

„Was willst du denn von mir?" jammerte
der arme Arrestant.

„Aärrchen, essen will ich dich!" replizirte
die fleißige Dame freundlich lächelnd.

„Wozu denn?"

„Damit ich Kraft bekomme."

„Warum brauchst du Kraft?"

„Damit ich noch viele Raben spinnen kann,
um deinesgleichen einzufangen und zu verzehren."

„Merkwürdige Logik!" seufzte die Rliege und
versuchte sich freizuzappeln.

Aber die Spinne begann ste wohlgemutst aus-
zusaugen und ließ nur ein armseliges Kadaver-
lein zurück. —

«Lin liebenswürdiger ööerr aus der Kegend
von Saarbrücken, der diesen Vorgang mit inniger
Theilnahme verfolgt hatte, klopfte sich auf den
Rauch und sprach zu seiner Seele: „Alan kann
von der nach Kottes unerforschlichem Aathschluß
so weisen Aatur nie genug lernen. Aber, ohne
mir schmeicheln zu wollen: bas bisher von
uns Geleistete bleibt hinter dem soeben
betrachteten Idealbild kaum zurück."

Dr. 0.

Das Endziel.

Es giebt zu wenig Militär
Auf uns'rer deutsche!: Erden —

Wer in Zivil noch läuft umher,

Muß eingekleidet werden.

Kein Bauer und kein Bürgersmann —

Wie sehr er drob auch fluche.

Kein Küster selbst und kein Kaplan
Entgeht den: bunten Tuche.

Doch folgt das dicke Ende nach.

Mit Schrecken wird man sehen
Die sozialistische Partei
Ganz unter Waffen stehen.

Serenissimus denkt.

„Aeh ... lese gerade... Professor Bruns hat
Versuche . . . äh . . . nüt englischen Hohlspitz-
geschossen au Leichen geniacht und . . . äh . . .
Wunden solle:: furchtbar sein. .. Was beweist
das . . . äh? Armee besteht doch nicht aus
Leichen?" ,

Die Agrarier

gehen dannt um, unter den Juden eine Bewegung
für Aufhebung des Verbots des Schweinefleisch-
Genusses zu veranlassen. Sie hoffen damit den
Preis der Schweine noch höher hinaufzutreiben.

„Das Mitleid ist zu den wilden Bären ge-
flohen", dichtete einst Schiller. Lebte er noch heute,
dann würde er wahrscheinlich hinzusetzen: „ . .. und die
Verantwortlichkeit zu den wilden Säuen!"

Wenn Herr Bosse von der „Freiheit der Wissenschaft"
spricht, so meint er damit natürlich, daß sie vogelfrei
sein solle. *

Der Spitzel gleicht dem Brandleger, der die Ver-
sicherungsprämie gewinnen will.

Die Schwarzen lieben den Fasching nicht, weil er
immer mit Lntlarvungen endigt.

Herr von Roller scheut sich nicht, den deutschen Handel
zu schädigen, indem er Dänemark durch Ausweisung von
Dänen gegen uns aufreizt; die Händel sind ihm, wie
es scheint, wichtiger als der Handel.

Lin Lebenskünstler ist, wer mit dem ortsüblichen
Lagelohn auszukommen versteht.

*

„Und erlöse uns von dem Uebel", sagte Spa-
nien, da nahm ihm Amerika liebevoll seine Rolonien ab.

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