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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0039
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2937 -

Der Maulwurfsfänger.

Hobelfgähne. -5x2^

Im Teutoburger Walde
Geht Hermann nächtlich um,

Der schlimme Wurzelnager
Macht ihm den Schädel dumm.

Die Eichen oben rauschen:

„Sei doch kein schlapper Wicht,

Krank sind wohl märkische Eichen,

Die Lippeschen sind es nicht/'

Die gefürchteten amerikanischen Bluthunde
tragen alle schöne Namen, wie Gazelle, Roth-
kehlcheu, Frommhold und Andere. Wie mögen
die Amerikaner zu diesem Gegensatz gekommen
sein? . t .

Was nützt mir meine Vaterlandslieb',

Und würde sie täglich stärker,

Was nützt uür's, daß ich ein Deutscher bin —

Ich bin ja doch kein Märker!

„Ein Journalist ist immer fluchtverdächtig", behauptete ein preußischer
Staatsanwalt. Der Mann nruß es wissen, daß unsere politischen Zu-
stände zum Davonlaufen sind.

Was an Eaprivis Grabe
Zum Lob' ich sagen kann?

Ein Gegner stets uns war er
Und doch ein ehrlicher Mann.

Jetzt wollen sie ein Reichsmuseum für die soziale Praxis errichten,
worin alle Vorrichtungen zum Schutze der Arbeiter ausgestellt werden
sollen. Wozu denn gleich ein ganzes Museum? Das Alles geht doch
bequem in einen Handkoffer hinein!

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Der Lohn.

Ihr s-rr-n, die ihr jetzt das Reichsfchiff lenkt,

Ihr Räthe, Deputirten, Staatsminister,

An deren Lippen heute jubelnd hängt
Der schlafbethörte deutsche Bierxhilister, —

Ihr Herren oben, alle durch die Bank,

Ihr sollt auch unsrer Gunst nicht ganz entrathen:
So nehmet denn von hinnen unfern Dank,

Den Dank der sozialen Demokraten!

Ihr, von der Recke, podbielski, Stumm,

Ihr klugen und polit'schen Hexenmeister,

Die ihr uns aufzwingt das Martyrium,

Das Zeichen aller unterdrückten Geister, —

Erbittet euch den wohlverdienten Lohn
Der Mitarbeit an unserm großen werke,

Denn wir verdanken ja der Reaktion
Und eurer Blindheit unsre eigne Stärke!

Die ihr so lange bohrt und zwackt und drückt,

Bis ihr uns hingebracht zu unserm Ziele.

Bestimmt den Preis selbst, der für euch sich schickt
Und baut auf unsre ehrlichen Gefühle.

wollt ihr ein Denkmal haben? Schön! Ihr kriegt's,
Bevor ihr noch den Wunsch ganz ausgesprochen!
Geht vor die Stadt. 3m Armenfriedhof liegt's:
wer hungersmatt zusammen einst gebrochen,
wen eure Selbstsucht, die nicht Grenzen kennt.
Zertrat am weg zur Rechten und zur Linken —
Seht! Das ist euer ew'ges Monument
Das euch zum Ruhme wird zum Himmel st—eigen!

Dschingiskhan.

Die Leulrnvlh.

Nachdem der Präsident des preußischen Ab-
geordnetenhauses dreinlal geschellt und erklärt
hatte, daß nur die Regierung berechtigt sei, einen
„Eiertanz" aufzuführen, die Abgeordneten aber
nicht, begründeten Szmula und Gamp ihren
Antrag: „Die Leutenoth auf dem Lande und deren
Abhilfe." Beide Sprecher waren darin einig, daß
die Noth ein Vorrecht der Agrarier sei, denn diese
hätten Alles nöthig, — nicht nur hohe Getreide-
preise, sondern auch Leute, die auf den gesegneten
Feldern Ostelbiens die Rente heraus zu scharwerken

hätten. Aber jetzt renne Alles davon; die Knechte
zum vornehmen Kanal- und Eisenbahnbau oder
in die Fabrikfaulenzerei, während die Mägde bei
dem verderblich hohen Stande ihrer Schulbildung
den ganzen Tag auf dem Sopha liegen und fran-
zösische Romane lesen wollten. Das müsse anders
werden. Nieder mit der Schule! Es lebe der

Mist! (Wahnsinniger Beifall auf der Rechten.)

Landwirthschaftsminister v. H a m m e r st e i n:
Die Vorredner haben mir aus der Seele ge-
sprochen. Ja, die Liebe zum Mist fehlt. Und an
Allem ist der Schulmeister schuld. Die alte gute
Sitte, daß der Landmann mit seinem Vieh unter
einem Dache lebte, ist abhanden gekommen. Jeder
Schulmeister wolle jetzt einen besonderen Schweine-
stall haben; das liebe Vieh würde bei der ge-
trennten Lebensweise nicht mehr estimirt und der
Taglöhner nehme sich ein Beispiel daran. Das
kernige Sprichwort: „Es gehen viele geduldige
Schafe in einen Stall", passe heute gar nicht mehr.
Mit Mathematik und Französisch auf die Land-
tinder einzuwirken, heiße nichts anderes, als die
Liebe zur heimischen Kartoffelkultur ertödten.

(Tosender Beifall auf der Rechten.)

Abg. v. Wangenheim: Vor die Null des
Abg. v. d. Grüben setzen mir heute eine fette 1.
Der Landwirthschaftsminister hat mit seiner heu-
tigen Rede Alles wieder gut gemacht. Wir sprechen
ihm unser Vertrauen aus. (v. Hammerstein verbeugt
sich.) Als ein weiteres Mittel zur Abwehr der
Auswanderung vom platten Lande möchte ich
das Hauen empfehlen. Schiverstc Haue dem, der
in die Stadt will; ans Zuchthausstrafe verzichten
wir, da uns dadurch die Leute geraubt werden.

(Lebhaftes Bravo rechts.)

Geheimrath Kügler: Ich muß aber doch den
Schulmeister in Schutz nehmen.... <®etöfe auf
der Rechten.) ,., Wir haben den Schulzwang ...
(„Nicht nothig!" rechts.)... und müssen in Folge dessen
die Kinder unterrichten.... („Herunter mit dem Kerl!"

rechts!)... Die Dorfschulen genügen kaum den be-
scheidensten Ansprüchen... . („Frecher Geselle!" rechts.)
.. . Ja, meine Herren, wenn Sie überhaupt keine
Schule wollen . . . („Rein, nein!" rechts.) . . . dann
führen Sie das platte Land Zuständen entgegen...
(jetzt fliegen faule Aepsei auf Kügler) . .. Zuständen, die
den chinesischen gleichen. (Unbeschreiblicher Lärm. Da-
zwischen Rufe wie „Bosse! Absetzen! Frecher Dachs! Franzose!")

Finanzminister v. Miquel: Zu dieser sach-
lichen Diskussion habe ich nur Weniges zu be-
merken: Es ist festgcstellt ivordcn und dem
stiinme ich von ganzem Herzen bei: Der Groß-
grundbesitz ist der alleinige Kulturträger
unseres östlichen Vaterlandes. Wenn diese
Kultur in Roth ist, so muß geholfen werden. Und
als eines der vornehmsten Mittel zur Abwehr der
ländlichen Arbeiternoth betrachte ich „Erhöhte
Gctreidczölle." (Miguel wird von den Ochsengrasen
ergriffen und im Triumph durch den Saal getragen.)

Linderndes Oel.

Es mag der Schiffer auf dem hohen Meer
Sich vor den sturmgepeitschten Wogen retten,
Indem er Oel herabgießt, daß umher
Sich spiegelklar die Katarakte glätten;

Das Volksmeer aber, leidenschaftentflammt.

Ist keine Salzflnth — ist ein Ungeheuer —

Ein Flammensee, ihr Herrn in Würd' und Amt:
Laßt euer Oel — ihr gießt nur Oel ins Feuer!

Nach einer Meldung

englischer Blätter wird die russische Regierung in
Bälde eine dritte Note in puncto Abrüstungs-
konferenz an die Großinächte versenden. Sollte
ailch das nichts nützen, dann wird das Friedens-
manisest täglich zweimal, in der Morgen- und
Abendausgabe des russischen Reichsanzeigers er-
scheinen.
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