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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0068
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. 2964 .——■

• (Ilückllche Iksahrt.

^Oas Scbltc, das wir besonnen rüsten,

Der Dokknung und des /Dutbes voll,

And das zu fernen» scbönern Küsten
Ans durcb die /fceerflutb tragen soll,

Ls bat bereits in allen Landen
Die böcbste, türcbterlicbste Ootb
And jede zfäbrltcbkrett bestanden,

Die einem MellenpMger drobt.

Der Kapitän, ein grauer Streiter,

Der rnbig aut der Drücke stebt
And über dem im Mlnde beiter
Der lange rotbe Mlmpel webt;

Lr kennt nicbt zfnrcbt, er kennt nicbt Grauen,
Der /Dann mit bellem zfalkenblick —

Mir baden trendiges vertrauen
Zu seinem kundigen Geschick,

So komme denn der Sturm geflogen
And tbürme bei der Dlitze Schein
Die wilden, scbaumgekrönten Mögen —

Mir werden ihm gewachsen sein;

Denn unser Sebitt bat teste Kippen
And unbeugsam ist unser /Dutb —
Mir beben nicbt vor starren Klippen,
Ooeb vor der Käserei der zflutb.

And sollte unser /Dast zersplittern
And unser Sebitt in Scheiter gehn,
Mir würden dennoch ohne Zittern
Dem Tod ins finstre Auge sehn.

Mir würden unsre /Dützen schwingen
And todesstolz und ungerührt
Lin letztes trotz'ges Durrab bringen
Dem Adeal, das uns geführt.

Doch werden so wir nimmer enden,
And wider Sturm und zflutb bestehn;
Mir werden unsre zfabrt vollenden
And jubelnd einst vor Anker gehn.
Dann werden sieb die Palmen wiegen
An einem blütbenreieben Strand
And sonnig vor den Klicken liegen
Mtrd das gesuchte scbönre Land!

Inhalt der Unterhaltung» -Beilage.

Der Schutzengel. (Illustration.) — Der Mai-Aufstand in
Dresden. Von Franz Mehring. (Jllustrirt.)

Außerdem liegt dieser Nummer bei: Kunde von
Nirgendwo. 4. Bogen.

wageliea aus der Lex fieinre.

von Jeremias dem jüngeren.

viere arge weit ist voller Sünden,

Das beweist absonderlich die Kunst,
lüo ist lügend noch in ihr zu finden?

Heb! man suchet wahrlich sie umsunsf!

Hein, sie tritt vor uns in schändlich nackter
Unverschämtheit hin, sich brüstend frech;
Jeder wohlerzogene Charakter
wendet sich von solchem Hnblick weg.

Tns Theater kann man gar nicht gehen.
Lieber Kimmei, es ist unerhört,
was für Sachen dort zumeist geschehen —
Hlle Guten sind darob empört.

Tugend und Moral wird da gelästert,

Die Gerechtigkeit in Kotb ersäuft;

Hlle Sünden treten auf wersebwestert,

Bis es eiskalt Einen überläuft.

Den Rekord des $cbeusslicben-so glaubt man
hätten schon die Klassiker erreicht,

Hber Björnson, Tbsen, Gerhard Kauptmann
Uebertrumpften spielend sie und leicht.

Tn den andern Künsten ist’s noch schlimmer,
Dieses zeigt uns jede Gallerie;

Dicht nur tugendhafte Trauenzimmer,

Starke Männer selbst errötben hie.

weit entfernt von Schamgefühl und Takte
Tst die Kunst! 0 Mensch, verhüll' dein Kaupt

Und betrachte nicht das schändlich nackte!
(Das ist höchstens dir zu Baus erlaubt.)

Tilgen soll man streng und unerbittlich
Mit der Trömmigkeit Entrüstungsstrahl
Hlles was nicht ist von Grund aus sittlich,
Denn am höchsten steht uns die Moral.

Dicht erscheinen soll kokett und eitel
Mehr die Kunst in sünd’ger Leidenschaft,
Dein als Tante mit dem Strickstrumpfbeutel,
Sittsam, hochbejahrt und tugendhaft.

Preis drum euch, ihr frommen Seelenhüter,
Lieber, Gröber und ihr Hndern all,

Dass ihr wahret unsre höchsten Güter
Und uns rettet vor dem Sündenfall.

nF

Zur Reichstags-Ausschmückung.

„Das streichen wir ihm an", sagte Lieber;
„Pinsel haben wir genug."

Und also geschah es während der Osterferien,
wo der Reichstag geschlossen war. Lieber und
seine Getreuen haben gemalt, ganze drei Wochen
lang; alle Nacktheiten bis auf die Tonsuren der
Geistlichen sind nun verschwunden und das Haus
hat seine historischen Bilder.

Auf einem als Triptychon gehaltenen Kolossal-
gemälde in der Mitte des Reichstagssaales sieht man,
wie die drei Heiligen: Reichensperger, Mallinckrodt
und Windthorst die schwarzen Schaaren zum Siege
gegen Bismarck führen. Rechts Bismarck in
Canossa, links Frau Heinze, nackte Scherben in
der Schürze hinaustragend.

Die etwas weniger großen Seitengemälde ent-
halten „Die deutsche Marine im Jahre 1910".
Man sieht vor lauter Panzern kein Bild. Auf
der anderen Seite sind die Deutschen dargestellt,
wie sie sich drängen, um ihre Steuern zu bezahlen.

Die sonstigen Kunstleistungen des Zentrums
wollen wir nicht vermißen. Man wird früh genug
dahinter kommen. Dunkel ist es aber geworden
im deutschen Reichspalast, dessen Hauptinschrift
wohl lauten dürfte:

Wer sein Geld nicht loswerden kann.

Der wähle einen Zentrumsmann.

Dl. Satyrikus.

Zwei Frauen.

Zwei Frauenzimmer feit langen Jahren
Liegen einander strks in den Haaren.

Die eine ist rin wackeres Weib,

Die andere hak den Teufel im Leib.

Wenn Dummheit spreizt sich als Verstand,
Wenn Willkür hat das Heft in der Hand,

Wenn Unrecht ist den Schwachen geschehen,
Wenn Themispfaffen das Recht verdrehen,

Wenn Servilismus kriecht im Staube
Vor Krone, Geld sack, Pickelhaube,

Wenn Füchse und Wölfe in Lämmerfellen
Das Volk um feine Rechte prellen:

Das wackre Weib, von edlem Grimme
Entflammt, erhebt laut ihre Stimme,

Gemeinheit und Dummheit geißelt ste,

Bald feurig, bald mit Ironie,

Sagt die Wahrheit deuGroßenundMächligen,
Stellt an den Pranger die Niederträchtigen.

Doch solches das andere Weib verdrießt,
Der Zorn ihr in die Wangen schießt.

Sir keift und zetert über Injurie,

Grberdet sich wir eine Furie.

Möcht' der Rudern gern die Dung' ausreißen,
Mit Maulkorb versehen deslaudes verweisen.

Doch, ob mißhandelt noch so sehr,
Einschüchtern läßt jene sich nimmermehr,

Fährt unentwegt und mulhig fort,

Ihre Geißelzu schwingen in Schrift und Wort,

Und giebl der Feindin in blanken Münzen
Das Empfangene zurück mit Zinsrszinfen,

In flammendem Pathos und feinem Wih. —
Dir Frauen heißen: Kritik und Justiz.
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