Kopfleiste von H ®. Ientzsch.
Der ©roseben.
(€ine Reflexion.)
0eb' ich diel) jetzt aus meiner Rand,
Ist mir dein HJeg genau bekannt:
UJobin du immer wirst gerollt,
Ob man dich spart oder verteilt,
Ob du der Arbeit saurer Lohn,
Ob Laschengeld wirst für den Sohn,
Ob einer Gb’frau Nadelgeld,
Ob dich ein Leiermann erhält,
Ob man mit dir das Laster kauft.
Und ob man dich verraucht, versauft,
Ob du in einen Opferstock
Kommst, — oder einer Bäurin Rock,
Ob man dich in den Automaten
Ijineinwirft, ob beim Kegeln, Skaten
Man dich gewinnt, verliert — gleichviel —
Dein Weg hat stets dasselbe Ziel:
Wenn ich dich aus den fjänden lasse,
gehst du in Miguels Steuerkasse. . .
M. E.
Vrtnzessiii jfolange.
Lin Zeitmärchen.
Es war einmal eine wunderschöne Prinzessin,
Folange geheißen. Sie hatte den Glauben Nr. 1
und war auch in Werken der reinen Liebe sehr
fleißig.
Da kam ein fremder Kronensohn und sprach:
Lege den Glauben Nr. 1 ab und wähle den Glauben
Nr. 1 d, so setze ich dich mir zur Seite auf meinen
Thron!
Sie that, wie ihr geheißen. Nach einem Jahre
wurde sie Wittwe, blieb aber immer noch die
wunderschöne Prinzessin Folange, fleißig in Werken
der reinen Liebe.
Und es nahte sich ein anderer Kronensohn und
sprach: Lege den Glauben Nr. Id ab und wähle
den Glauben Nr. 1a, so wirst du die Meinige.
Sie wurde die Seinige und ließ ihr Herz zum
zweiten Male umstempeln.
Zum zweiten Male ward sie Wittwe und
immer noch war sie die wunderschöne Prinzessin
Folange, fleißig in Werken der reinen Liebe.
Jahre vergingen. Prinzessin Folange wurde
etwas üppig und „füllig". Der Großmogul sah sie
und begehrte sie zum ersten Weibe, wenn sie nur
auf Allah und seinen Propheten hören wollte. Und
Folange hörte darauf, ließ auch den Glauben 1 a
liegen und fühlte sich glücklich und thätig in
Werken der reinen Liebe.
Und sie wurde noch einmal Wittwe. Da kam
ein reicher Bankier, auch ein Fürst, ein waschechter
Nachkomme König Davids und der Bathseba und
trachtete nach ihr, wenn sie sich ... na, da sie
kein Mann war, bedurfte es keiner besonders au-
greifenden Zeremonien. Folange wurde sein Weib
und lebte glücklich mit ihm bis an ihr seliges
Ende ...
Dir, einen Hymnus, wunderschöne Prinzessin
Folange! Alle die verschiedenen Glaubensmäntel
haben dir nicht geschadet; mehr als eine Glaubens-
marke gilt Thron, wiegt Gold und mehr noch als
diese der uralte ewige Kultus der reinen Liebe!
O. L.
flbro memoria.
Er: Weshalb machst du jeden Tag einen
Knoten ins Taschentuch, Eugenie?
Sie: Damit ich nicht vergesse, daß ich ver-
heirathet bin. f. v. k.
Huf der Hagd nach verbotenen Früchten.
lkacbsteinpelung.
Max (Sohn eines jüngst geadelten Kommerzienraths,
aus der Schule kommend): Papa, radire mir doch aus
meinen Schreibheften das von wieder weg.
Kommerzienrath von Meyer: Aber, Junge!
Max: Ja, ich werde jetzt jeden Vormittag
von den andern über die Bank gelegt und durch-
gebläut... Sie sagen, das sei nothig, um ganz
adlig zu werden! o. l.
aus Sachsen.
Wer ist jener kleine Mann,
Der sich kaum noch fassen kann.
Dessen Herz vor Jubel zappelt.
Dessen Bauch vor Wonne schwabbelt.
Der da tänzelt mehr als geht?
Ist der Arme hirnverdreht?
Voß er etwa bei der „Linde"
Zuviel Wein durch seine Binde?
Vder hat er über Nacht
Linen Haupttreffer gemacht?
Ward die Gattin von gesunden
Zwillingen — Drillingen entbunden?
Nein! Der da so tolle Haxen
Macht, ist Staatsanwalt in Sachsen;
Tobt sich jetzt in voller Wucht aus.
Weil man zwanzig Jahre Zuchthaus —
Wie sein Antrag war — erkannte.
Sie den Streikenden aufbrannte.
—->• Ceeeo.
von I. Zchdnicker.
Im sonnigen Italien war seine Heiinath. Auf
dem Markusplatz in Venedig hatte er die Tauben
gefüttert und mit leuchtenden Augen ihrem Fluge
nachgeschaut.
Der kleine Ceeeo war der achte von sieben
Geschwistern und bei den Seinen war die Armuth
daheim. Aber den Jüngsten focht das nicht an.
Er war genügsam. Die Sonne schien so warm,
der Himmel war so blau und Ceeeo war glück-
lich. Von dem Stück Brod, das die Mutter ihm
mitgab, und das mitunter für den ganzen Tag
ausreichen mußte, hatte er iimner noch etwas für
seine Lieblinge, die Tauben, übrig, und manches
Geldstück fiel dem schönen Knaben in den Hut,
ohne daß er darum gebettelt hätte. Die feinen
Damen strichen ihm liebkosend über das dicht-
gelockte Haar und sahen ihm freundlich in die
nachtdunklen Augen. Mancher Maler nahin ihn
zum Modell, wenn es galt, die stolze Gestalt und
das edle Profil eines römischen Knaben auf die
Leinwand zu zaubern und dann hatte Ceeeos
Fainilie wieder Reis und Früchte genug auf Tage
hinaus.
Da kam eines Tages ein Tedeseo, ein Deutscher,
der sah den Ceeeo, wie er die Tauben fütterte,
die ihn alle so genau kannten, daß sie herbei-
flogen und ihin die Brotkrumen aus dem Munde
nahmen. Der Deutsche war ein sogenannter
Seelenverkäufer, der in Ceeeo ein geeignetes Ob-
Der ©roseben.
(€ine Reflexion.)
0eb' ich diel) jetzt aus meiner Rand,
Ist mir dein HJeg genau bekannt:
UJobin du immer wirst gerollt,
Ob man dich spart oder verteilt,
Ob du der Arbeit saurer Lohn,
Ob Laschengeld wirst für den Sohn,
Ob einer Gb’frau Nadelgeld,
Ob dich ein Leiermann erhält,
Ob man mit dir das Laster kauft.
Und ob man dich verraucht, versauft,
Ob du in einen Opferstock
Kommst, — oder einer Bäurin Rock,
Ob man dich in den Automaten
Ijineinwirft, ob beim Kegeln, Skaten
Man dich gewinnt, verliert — gleichviel —
Dein Weg hat stets dasselbe Ziel:
Wenn ich dich aus den fjänden lasse,
gehst du in Miguels Steuerkasse. . .
M. E.
Vrtnzessiii jfolange.
Lin Zeitmärchen.
Es war einmal eine wunderschöne Prinzessin,
Folange geheißen. Sie hatte den Glauben Nr. 1
und war auch in Werken der reinen Liebe sehr
fleißig.
Da kam ein fremder Kronensohn und sprach:
Lege den Glauben Nr. 1 ab und wähle den Glauben
Nr. 1 d, so setze ich dich mir zur Seite auf meinen
Thron!
Sie that, wie ihr geheißen. Nach einem Jahre
wurde sie Wittwe, blieb aber immer noch die
wunderschöne Prinzessin Folange, fleißig in Werken
der reinen Liebe.
Und es nahte sich ein anderer Kronensohn und
sprach: Lege den Glauben Nr. Id ab und wähle
den Glauben Nr. 1a, so wirst du die Meinige.
Sie wurde die Seinige und ließ ihr Herz zum
zweiten Male umstempeln.
Zum zweiten Male ward sie Wittwe und
immer noch war sie die wunderschöne Prinzessin
Folange, fleißig in Werken der reinen Liebe.
Jahre vergingen. Prinzessin Folange wurde
etwas üppig und „füllig". Der Großmogul sah sie
und begehrte sie zum ersten Weibe, wenn sie nur
auf Allah und seinen Propheten hören wollte. Und
Folange hörte darauf, ließ auch den Glauben 1 a
liegen und fühlte sich glücklich und thätig in
Werken der reinen Liebe.
Und sie wurde noch einmal Wittwe. Da kam
ein reicher Bankier, auch ein Fürst, ein waschechter
Nachkomme König Davids und der Bathseba und
trachtete nach ihr, wenn sie sich ... na, da sie
kein Mann war, bedurfte es keiner besonders au-
greifenden Zeremonien. Folange wurde sein Weib
und lebte glücklich mit ihm bis an ihr seliges
Ende ...
Dir, einen Hymnus, wunderschöne Prinzessin
Folange! Alle die verschiedenen Glaubensmäntel
haben dir nicht geschadet; mehr als eine Glaubens-
marke gilt Thron, wiegt Gold und mehr noch als
diese der uralte ewige Kultus der reinen Liebe!
O. L.
flbro memoria.
Er: Weshalb machst du jeden Tag einen
Knoten ins Taschentuch, Eugenie?
Sie: Damit ich nicht vergesse, daß ich ver-
heirathet bin. f. v. k.
Huf der Hagd nach verbotenen Früchten.
lkacbsteinpelung.
Max (Sohn eines jüngst geadelten Kommerzienraths,
aus der Schule kommend): Papa, radire mir doch aus
meinen Schreibheften das von wieder weg.
Kommerzienrath von Meyer: Aber, Junge!
Max: Ja, ich werde jetzt jeden Vormittag
von den andern über die Bank gelegt und durch-
gebläut... Sie sagen, das sei nothig, um ganz
adlig zu werden! o. l.
aus Sachsen.
Wer ist jener kleine Mann,
Der sich kaum noch fassen kann.
Dessen Herz vor Jubel zappelt.
Dessen Bauch vor Wonne schwabbelt.
Der da tänzelt mehr als geht?
Ist der Arme hirnverdreht?
Voß er etwa bei der „Linde"
Zuviel Wein durch seine Binde?
Vder hat er über Nacht
Linen Haupttreffer gemacht?
Ward die Gattin von gesunden
Zwillingen — Drillingen entbunden?
Nein! Der da so tolle Haxen
Macht, ist Staatsanwalt in Sachsen;
Tobt sich jetzt in voller Wucht aus.
Weil man zwanzig Jahre Zuchthaus —
Wie sein Antrag war — erkannte.
Sie den Streikenden aufbrannte.
—->• Ceeeo.
von I. Zchdnicker.
Im sonnigen Italien war seine Heiinath. Auf
dem Markusplatz in Venedig hatte er die Tauben
gefüttert und mit leuchtenden Augen ihrem Fluge
nachgeschaut.
Der kleine Ceeeo war der achte von sieben
Geschwistern und bei den Seinen war die Armuth
daheim. Aber den Jüngsten focht das nicht an.
Er war genügsam. Die Sonne schien so warm,
der Himmel war so blau und Ceeeo war glück-
lich. Von dem Stück Brod, das die Mutter ihm
mitgab, und das mitunter für den ganzen Tag
ausreichen mußte, hatte er iimner noch etwas für
seine Lieblinge, die Tauben, übrig, und manches
Geldstück fiel dem schönen Knaben in den Hut,
ohne daß er darum gebettelt hätte. Die feinen
Damen strichen ihm liebkosend über das dicht-
gelockte Haar und sahen ihm freundlich in die
nachtdunklen Augen. Mancher Maler nahin ihn
zum Modell, wenn es galt, die stolze Gestalt und
das edle Profil eines römischen Knaben auf die
Leinwand zu zaubern und dann hatte Ceeeos
Fainilie wieder Reis und Früchte genug auf Tage
hinaus.
Da kam eines Tages ein Tedeseo, ein Deutscher,
der sah den Ceeeo, wie er die Tauben fütterte,
die ihn alle so genau kannten, daß sie herbei-
flogen und ihin die Brotkrumen aus dem Munde
nahmen. Der Deutsche war ein sogenannter
Seelenverkäufer, der in Ceeeo ein geeignetes Ob-