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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0211
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3109

Serenissimus (das Parteitagsprotokoll von Hannover lesend); Herr Kammer-
junker ! Herr Kammerjunker! Da steht's jetzt deutlich gedruckt ... es
wird doch expropriirt! __

„Mitläufer" werden in bürgerlichen Blättern viele sozialdemo-
kratischen Wähler genannt. Eine Partei, die im Sturmschritt vorwärts
schreitet, kann allerdings keine Mit-Kriecher brauchen.

Hobelspähne.

Ich Hab' mal „blauen Heinrich"

Und „Leichenfinger" geschmaust,

Und Abends auf der Pritsche
Mein Unterzeug gelaust.

Es war im Gefängniß zu Dingsda,

In einer Zelle fein,

Der Paragraph fünfundneunzig
Bracht' hundert Wochen mir ein.

Wenn die Zeitungen nicht zuweilen die Mit-
theilung brächten, daß wir uns in einer Periode
des wirthschaftlichen Aufschwungs befänden, —
die Arbeiter würden von dieser Neuigkeit
nichts erfahren. An den Zahltagen ist davon
nichts zu spüren.

Es schwellen die schlaffen Glieder
Der alten Viktoria,

Der Frieden ist ihr zuwider
Im fernen Afrika.

Man würgt zwei Republiken,
Die Freiheit ist geäfft,

Bald werden die Buren ersticken
Und England macht's Geschäft.

Sollte der Marinismus sich in demselben Teinpo weiter entwickeln
wie bisher, so werden wir bald Mühe genug haben, Deutschlands Zu-
kunft über Wasser zu halten.

Daß Sparen oftmals schädlich,

Man leicht daran erkennt,

Daß bei der Zugs-Entgleisung
Die Sparbüchs ein Mordinstrument.

Die Samoainseln sollen jetzt unter den drei interessirten Mächten
getheilt werden. Nun werden wir das Glück unseres dortigen Besitzes
noch weiter mit getheilten Empfindungen genießen können.

Womit ich verbleibe

Ihr getreuer

Säge, Schreiner.

Der Sohn des Hochlands.

von Rudolf Lavant.

Es fchmfikern die Hörner, der piöroch gellt —

Die Söhne des Hochlands ziehen ins 5fiö.

Es trägt durch die Mmssuty, vorüber am Riff,

Mit der Mähne von Dampf sic das haftende Schiff
Und zeigt sich nach Woche» dem Auge der Straub,
So springen die Rüstigen jauchzend ans Land
Und singen, indem nach deni Transvaal sie zieh»:
„Unser Leben und Blut für die Rönigin!"

Da gebietet denr Marsch der Rolonnc halt
An den Bergen der trotz'gen „Rebellen" Gewalt
Und der Donner rollt und die Rüget pfeift
Und das Roh den erschossenen Reiter schleift,

Und die Büchse des Buren, des lauernden, blitzt,
Denn der Bur ist ein Schütz und die Rugel, die sitzt.
Getroffen zu Tod ruft der Mann auf den Rnicn:
„Unser Leben und Blut für die Rönigin!"

Und es becftcn die Leiber den felsigen Grund,

Fast lauter Todke, kaum Einer wund;

Und ein wogen der feindsichen Linie dann
Und ein wütyendcs Ringen, Mann gegen Mann.
Rein Sohn des Hochlands wählt je die Flucht —
Da—ein Schlag aufdas Haupt von desRolbenswucht,
Und er murmelt, indeh ihm die Sinne entflieh»:
„Unser Leben und Blut für die Rönigin!"

vorbei ist der grimmige Waffengang

Und man scharrt sie ein ohne Sang und Rlang;

wo der Tod sic gefällt, wo das Blei sie traf —

Da fchlummern die Schotten den ew'gen Schlaf.

Rur die Distel» blüh» auf dem Leichenfeld
Und die Buren sagen: „Sie fochten für Geld!

Sie mußte» als Sklaven nach Afrika zieh»

Und morden im Namen der Rönigin!"

Fabelhaft.

von K. Testelaar.

Herr von M. sitzt allein in einem Abtheil
erster Klasse. Er ist in Zivil: eleganter dunkler
Anzug, Glacehandschuhe.

Behaglich in das weiche Polster gelehnt, liest
er in einem Buche. Von Zeit zu Zeit streicht
er seinen wohlgepflegten, schwarzen Schnurrbart.

In B. hält der Zug, ganz kurz, gerade daß
zunr Aus- und Einsteigen genügend Zeit bleibt.

Die Thür des Abtheils wird hastig geöffnet.

Ein hochgewachsener Herr, Offizier in Zivil —
heller Anzug, grauer Filzhut, Glacehandschuhe
— tritt ein. Er trägt einen Spazierstock mit
silbernem Griffe und eine Zeitung, die er eben
gekauft, in der rechten Hand.

„Ah, ich bin überrascht, Baron, Sie hier zu
treffen!"

Herr von M. erwidert den Gruß des Grafen
K. in ebenso freundlicher Weise.

Zwischen den beiden alten Bekannten ent-
wickelt sich folgendes Gespräch:

„Sie sind in Berlin auf Kommando?"

„Ja, und auf sechs Monate!"

„Herrliche Abwechslung! Was? War unlängst
auch in Berlin. Fabelhaft schön da. Zahlte fünf-
undzwanzig Mark pro Tag für das Zimmer. Gar
kein besonderer Preis für Berlin. Und dabei das
komfortabelste und in jeder Hinsicht großartigste
Hotel, das existirt! Die denkbar feinsten Einrich-
tungen, alles im — na, so im englischen Stil.
Fabelhaft!"

So oft er „fabelhaft" sagte, schlug er jedes-
mal, den Mittelfinger auf den Daumen gelegt,
mit der linken Hand einen Takt, als wolle er
damit den Ausdruck seiner Bewunderung noch
steigern.

Herr von M. legte sich wieder zurück und las
in seinem Buche.

Der Andere zündete sich eine Zigarette an
und begann in seiner Zeitung zu lesen.

Nach einer Weile bemerkte er: „In Berlin
streiken die Steinmetzen. Fünfundsechzig Pfen-
nige pro Stunde verlangen sie, fünfundsechzig
Pfennige!"

„Geradezu unverschämt."

„Einfach fabelhaft!"

\L/

/Ts

In der Novelle zum Münzgesetz ist die Erhöhung
des Gesammtbetrags der Reichssilbermünzen von zehn
auf fünfzehn Mark pro Kopf der Bevölkerung vorgesehen.

Ahlwardt ist bemüht, einen kleinen Vorschuß dar-
aus zu erlangen. *

Baron von Ramsch liest in der „Reuen preußischen",
daß hungernde Kleinbauern und Landarbeiter in einzelnen
Distrikten Rußlands den ganzen Winter über schlafen
und sich so über ihren knurrenden Magen hinweghelfen.

„Ra also!" ruft der Herr Baron und läßt sofort
seinen Gutsinspektor holen.


In der Verwaltung der Zuchthäuser sollen bestimmte
administrative Aenderungen vorgenommen und dem Land-
tage unterbreitet werden. Ministerialrath von Leisetritt
hält dem Ghef Vortrag darüber.

„was nun die Zuchthausvorlage betrifft, Exzellenz,
so hat dieselbe-"

Der Herr Minister zieht eine Grimasse, als würde
ihm ein saurer Apfel geboten und bemerkt indignirt:
„Aber, lieber Leisetritt, das ist ja ekelhaft—! Haben
Sie nicht'n andern Ramen dafür?

tzoensbroech, der evangelischeZesuitengraf, hatwieder
eine Broschüre erscheinen lassen: „In eigener Lache und
Anderes".

Ja, es ist eine eigene Lache! wer — Schadchen
hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.
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