DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0222
^ Johannes von Miguel. ^
Ungleich sind die Geistesgaben
Zwar vertheilet auf die Köpfe
Der Berliner Staatsminister,
Die zumeist Gamaschenknöxfe —
Aber Liner ist darunter,
Der ist klüger doch als alle,
wenn man glaubt, er sei gefangen,
Schlüpft er sicher aus der Falle.
Miquel ist es, unser alter
Oft bewährter Lxgenosse,
Der sie alle überdauert,
Vom Laxrivi bis zum Boffe.
Der bei Zöllnern heute sitzet
Und bei reichen Gründern morgen,
Der, wenn alles Gel- verputzt ist,
Immer neues weiß zu borgen.
Kürzlich war er arg in Köthen.
Die Kanalschlacht war verloren,
Und sein Schmock, -er Zedlitz hat ihn
Nebenbei noch arg blamoren.
Onkel Chlodwig zürnte heftig,
Und gekündigt das Vertrauen
Hat ihm Zentrum, Recht' und Linke,
Nirgends ließ sich Hilfe schauen.
Doch -er kluge Miquel blickte
Ruhig in den Lärm des Tages,
Nimmer lasten sich verblüffen
Alte Makler seines Schlages,
währen- noch in Leitartikeln
Die Journale ihn bedrohten,
Hat zur Friedenskonferenz er
Pommerns Junker schon entboten.
Air- dann ging es an ein Schachern,
wie er kaum in solchem Maße
Linst zu Frankfurt es gesehen
In der alten Iudengasse.
„wollt ihr Zölle? Sollt sie haben,
Liebesgaben? will ich geben.
Laßt nur Zeit mir. Drückt den Preis nicht.
Unsereiner auch will leben."
Und sie wurden wieder einig
Und -er Miquel ist gerettet,
Denn es hält sich nur am Ruder,
wer die Junker an sich kettet.
Aber sagt, wer muß nun büßen
Der Regierung Noth und Schwäche?
Deutsches Volk, du bist bemogelt,
Deutsches Volk, du zahlst die Zeche. m.K.
Inhalt der Unterhaltung» Beilage.
Ein gefährliches Land. Illustration. — Die alte Wasch-
frau. Frei nach Adalbert von Chamisso. — Deutscher Jahr-
markt. — Ein Beitrag zum Militarismus. Illustration. —
Man muß sich nur zu helfen wissen. Gedicht. — Schwer zu
sagen! Illustration. — Feuerwerker als Erzieher. Von Apo-
stata. — Sozialpolitischer Unterricht. Illustration. — Trans-
vaal und England. Mit 9 Illustrationen.
Hierzu: Kunde von Nirgendwo. 13. Bogen.
Blitzdraht - Meldungen.
Berlin. „Wir haben uns blos versprochen", äußerte
Hohenlohe gegenüber einem Zeitungskorrespondenten, „als
wir die Festlegung des Flottenplans auf sechs Jahre
forderten".
— Einige verlorene Söhne Ostelbiens sollen am Hofe
wieder in Gnaden ausgenommen und ihnen zu Ehren ein
Bock geschlachtet werden. Ob dieser Bock auf den Namen
Hohenlohe oder Bülow hört, kann zur Zeit noch nicht fest-
gestellt werden.
— Im Hause Bismarck, welches in materiellen Dingen
bekanntlich so genau ist, daß es lieber dreimal schwört als
einmal bezahlt, ist ein nachträglicher Mitgifts-Konflikt aus-
gebrochen. Fürst Herbert sieht sich gezwungen, denselben in
Scheidemünze zur Erledigung zu bringen.
— Die „Post" schreibt: Einen schlagenden Beweis für
den überhandnehmenden Terrorismus der Streikenden lieferte
wieder ein Vorfall in einer Brauerei. Daselbst geriethen
einige Ausständige mit den Arbeitswilligen in Streit, bei
welchem einem der letzteren beide Beine bis an den Rumpf
mit blanker Axt abgehanen wurden. Das unglückliche Opfer
sozialdemokratischer Rohheit und Verhetzung kam noch spät
Nachts selbst in unsere Redaktion, um obige Angaben eid-
lich zu bekräftigen.
Wien. Die Eröffnung des österreichischen Parlaments
soll, wie in den Couloirs behauptet wird, lediglich auf Be-
treiben des Vereins zur Hebung des Fremden-
verkehrs erfolgt sein. Man hofft, mit Hilfe dieser Kuriosi-
tät die Saison zu beleben.
— Endlich hat die österreichisch-ungarische Regierung sich
entschlossen, den modernen Zeitverhältnissen mit einem Kultur-
fortschritt Rechnung zu tragen, welcher in allen wohlgesinn-
ten Kreisen mit Beifall und Befriedigung ausgenommen
werden dürfte. Bei der gemeinsamen Armee sowohl wie bei
den ungarischen Honveds soll der preußische Paradeschritt
eingesührt werden. Eljen!
Nom. In den Abruzzen haben sich einige Mitglieder
des „Klubs der Harmlosen" gezeigt. Seitens der italienischen
Briganten ist ihnen das Oberkommando über alle Räuber
Italiens angeboten worden.
Südafrika. Es ist jetzt festgestellt, daß England sich
außer Gold und Diamanten hier auch — Prügel holen kann.
Neues Negielied.
Wie bist du hochbegnadet, Land,
vor allen Nationen,
Daß du das Pulver erfunden hast
Und erzeugst die größten Uanonen!
9 daß doch endlich alles Volk
Einsätze und begriffe.
Daß ihm zu feinem Glück nichts fehlt
Als Schiffe, Schiffe, Schiffe.
Volksschulen liegen da und dort,
So heißt es, sehr im Argen,
weil mit Hreigebigkeit recht wohl
Geht Hand in Hand das Aargen.
Doch lernt den Aatechismus nicht
Die Jugend, und das Gredo*?
Mehr werth als hundert Schulen ist
Lin einziger Torpedo.
Mit Freiheit, Recht und Sicherheit
Soll's auch nicht immer klappen,
Ls Haufen Grdnungswächter oft
wie Paschas und Satrapen.
Den Patrioten drückt das nicht,
Denkt an des Reiches Glanz er,
Lr tauscht das Zuchthaus freudig ein
Kür Panzer, Panzer, Panzer.
Drum wer für die Erweiterung
Der Flotte sich nicht begeistert,
Deß' Denkerschädel ist sicherlich
Verblödet und verkleistert.
Soziale Krage? Arbeiterschutz?
Pah! Kaule llmsturzmarotte —
Des Deutschen höchstes Ideal
Ist eine großmächtige Klotte. *
* Glaubensbekenntniß.
Zustimmlingsadressmzum Rottenplan.
Lingelaufen im Reichsmarineamt.
Die Geheime Schulverbinöung der Huarta des
Gymnasiums zu Inowrazlaw telegraphirt:
„Exzellenz! wir sind die Ihrigen! Denn schiffen
ist nothwendig. Heil! Fritzchen fff
NB. Die drei Areuze sind wegen unseres Vrdi-
narins; der haut immer gleich."
Der Deutsche Schulschwänzerbund depeschirt:
„Der Bund deutscher Schulschwänzer entbietet seinen
hoffnungsvoll jugendlichen Gruß! wir wünschen, daß
der Reichstag zu patriotischer Einsicht kommen und
die neuen Panzer bewilligen wird — schon mit Rücksicht
aus uns, die wir uns für den herrlichen Schiffsjungen-
beruf treu und zielbewußt vorbereiten.
I. A.: Der Gberschwänzer."
Der Indianerverein „Weiße Schlange" in Rix-
öorf bei Berlin äußert sich unter sinniger Benutzung
der sauber ausgerissenen Leite eines Rechnenheftes:
„Mit geschwungenem Tomahawk ein dreifach ge-
heultes Hugh dem Großen Bleichgesichte, dem Vater
der neuen Aanoes!
Der einäugige Sperber, Häuptling."
Die Nationalen Backfische schreiben:
„wir sind unentwegt für die glottc! Die Schiffe
müssen für siebzehn Jahre bewilligt werden. Denn
siebzehn Jahre sind die schönste Zeit, wir hoffen und
wünschen aber auch, daß den Leekadetten die Ver-
sendung von Ansichtspostkarten und der Schnurrbart
instruktionsmäßig zur Pflicht gemacht werden. Anix
und Außhändchen. Miele für viele.
NB. Ls heißt doch Backbord, weil auf der Leite
die Rüche liegt, nicht wahr?
NB. Ansichtskarten, besonders aus Lhina, bitte!
bitte! Unsere Papas sagen, es gäbe so eigene An-
sichten darüber."
Selbst die „Einjährigen" Deutschlands, welche
noch nicht entwöhnt sind, stehen nicht zurück, vor
einigen Tagen erschien eine Lchwarzwälder Amme — in
Nationaltracht natürlich — im Reichsmarineamt, auf
dem Arm ein begeistert greinendes Baby, an dessen
Brustlatz eine Zustimmungsadresse befestigt war, in der
es unter Anderem hieß:
„— schon unsere Gegenwart liegt meistentheils
naß. Linen Soxleth der feuchten Zukunft!"
Ungleich sind die Geistesgaben
Zwar vertheilet auf die Köpfe
Der Berliner Staatsminister,
Die zumeist Gamaschenknöxfe —
Aber Liner ist darunter,
Der ist klüger doch als alle,
wenn man glaubt, er sei gefangen,
Schlüpft er sicher aus der Falle.
Miquel ist es, unser alter
Oft bewährter Lxgenosse,
Der sie alle überdauert,
Vom Laxrivi bis zum Boffe.
Der bei Zöllnern heute sitzet
Und bei reichen Gründern morgen,
Der, wenn alles Gel- verputzt ist,
Immer neues weiß zu borgen.
Kürzlich war er arg in Köthen.
Die Kanalschlacht war verloren,
Und sein Schmock, -er Zedlitz hat ihn
Nebenbei noch arg blamoren.
Onkel Chlodwig zürnte heftig,
Und gekündigt das Vertrauen
Hat ihm Zentrum, Recht' und Linke,
Nirgends ließ sich Hilfe schauen.
Doch -er kluge Miquel blickte
Ruhig in den Lärm des Tages,
Nimmer lasten sich verblüffen
Alte Makler seines Schlages,
währen- noch in Leitartikeln
Die Journale ihn bedrohten,
Hat zur Friedenskonferenz er
Pommerns Junker schon entboten.
Air- dann ging es an ein Schachern,
wie er kaum in solchem Maße
Linst zu Frankfurt es gesehen
In der alten Iudengasse.
„wollt ihr Zölle? Sollt sie haben,
Liebesgaben? will ich geben.
Laßt nur Zeit mir. Drückt den Preis nicht.
Unsereiner auch will leben."
Und sie wurden wieder einig
Und -er Miquel ist gerettet,
Denn es hält sich nur am Ruder,
wer die Junker an sich kettet.
Aber sagt, wer muß nun büßen
Der Regierung Noth und Schwäche?
Deutsches Volk, du bist bemogelt,
Deutsches Volk, du zahlst die Zeche. m.K.
Inhalt der Unterhaltung» Beilage.
Ein gefährliches Land. Illustration. — Die alte Wasch-
frau. Frei nach Adalbert von Chamisso. — Deutscher Jahr-
markt. — Ein Beitrag zum Militarismus. Illustration. —
Man muß sich nur zu helfen wissen. Gedicht. — Schwer zu
sagen! Illustration. — Feuerwerker als Erzieher. Von Apo-
stata. — Sozialpolitischer Unterricht. Illustration. — Trans-
vaal und England. Mit 9 Illustrationen.
Hierzu: Kunde von Nirgendwo. 13. Bogen.
Blitzdraht - Meldungen.
Berlin. „Wir haben uns blos versprochen", äußerte
Hohenlohe gegenüber einem Zeitungskorrespondenten, „als
wir die Festlegung des Flottenplans auf sechs Jahre
forderten".
— Einige verlorene Söhne Ostelbiens sollen am Hofe
wieder in Gnaden ausgenommen und ihnen zu Ehren ein
Bock geschlachtet werden. Ob dieser Bock auf den Namen
Hohenlohe oder Bülow hört, kann zur Zeit noch nicht fest-
gestellt werden.
— Im Hause Bismarck, welches in materiellen Dingen
bekanntlich so genau ist, daß es lieber dreimal schwört als
einmal bezahlt, ist ein nachträglicher Mitgifts-Konflikt aus-
gebrochen. Fürst Herbert sieht sich gezwungen, denselben in
Scheidemünze zur Erledigung zu bringen.
— Die „Post" schreibt: Einen schlagenden Beweis für
den überhandnehmenden Terrorismus der Streikenden lieferte
wieder ein Vorfall in einer Brauerei. Daselbst geriethen
einige Ausständige mit den Arbeitswilligen in Streit, bei
welchem einem der letzteren beide Beine bis an den Rumpf
mit blanker Axt abgehanen wurden. Das unglückliche Opfer
sozialdemokratischer Rohheit und Verhetzung kam noch spät
Nachts selbst in unsere Redaktion, um obige Angaben eid-
lich zu bekräftigen.
Wien. Die Eröffnung des österreichischen Parlaments
soll, wie in den Couloirs behauptet wird, lediglich auf Be-
treiben des Vereins zur Hebung des Fremden-
verkehrs erfolgt sein. Man hofft, mit Hilfe dieser Kuriosi-
tät die Saison zu beleben.
— Endlich hat die österreichisch-ungarische Regierung sich
entschlossen, den modernen Zeitverhältnissen mit einem Kultur-
fortschritt Rechnung zu tragen, welcher in allen wohlgesinn-
ten Kreisen mit Beifall und Befriedigung ausgenommen
werden dürfte. Bei der gemeinsamen Armee sowohl wie bei
den ungarischen Honveds soll der preußische Paradeschritt
eingesührt werden. Eljen!
Nom. In den Abruzzen haben sich einige Mitglieder
des „Klubs der Harmlosen" gezeigt. Seitens der italienischen
Briganten ist ihnen das Oberkommando über alle Räuber
Italiens angeboten worden.
Südafrika. Es ist jetzt festgestellt, daß England sich
außer Gold und Diamanten hier auch — Prügel holen kann.
Neues Negielied.
Wie bist du hochbegnadet, Land,
vor allen Nationen,
Daß du das Pulver erfunden hast
Und erzeugst die größten Uanonen!
9 daß doch endlich alles Volk
Einsätze und begriffe.
Daß ihm zu feinem Glück nichts fehlt
Als Schiffe, Schiffe, Schiffe.
Volksschulen liegen da und dort,
So heißt es, sehr im Argen,
weil mit Hreigebigkeit recht wohl
Geht Hand in Hand das Aargen.
Doch lernt den Aatechismus nicht
Die Jugend, und das Gredo*?
Mehr werth als hundert Schulen ist
Lin einziger Torpedo.
Mit Freiheit, Recht und Sicherheit
Soll's auch nicht immer klappen,
Ls Haufen Grdnungswächter oft
wie Paschas und Satrapen.
Den Patrioten drückt das nicht,
Denkt an des Reiches Glanz er,
Lr tauscht das Zuchthaus freudig ein
Kür Panzer, Panzer, Panzer.
Drum wer für die Erweiterung
Der Flotte sich nicht begeistert,
Deß' Denkerschädel ist sicherlich
Verblödet und verkleistert.
Soziale Krage? Arbeiterschutz?
Pah! Kaule llmsturzmarotte —
Des Deutschen höchstes Ideal
Ist eine großmächtige Klotte. *
* Glaubensbekenntniß.
Zustimmlingsadressmzum Rottenplan.
Lingelaufen im Reichsmarineamt.
Die Geheime Schulverbinöung der Huarta des
Gymnasiums zu Inowrazlaw telegraphirt:
„Exzellenz! wir sind die Ihrigen! Denn schiffen
ist nothwendig. Heil! Fritzchen fff
NB. Die drei Areuze sind wegen unseres Vrdi-
narins; der haut immer gleich."
Der Deutsche Schulschwänzerbund depeschirt:
„Der Bund deutscher Schulschwänzer entbietet seinen
hoffnungsvoll jugendlichen Gruß! wir wünschen, daß
der Reichstag zu patriotischer Einsicht kommen und
die neuen Panzer bewilligen wird — schon mit Rücksicht
aus uns, die wir uns für den herrlichen Schiffsjungen-
beruf treu und zielbewußt vorbereiten.
I. A.: Der Gberschwänzer."
Der Indianerverein „Weiße Schlange" in Rix-
öorf bei Berlin äußert sich unter sinniger Benutzung
der sauber ausgerissenen Leite eines Rechnenheftes:
„Mit geschwungenem Tomahawk ein dreifach ge-
heultes Hugh dem Großen Bleichgesichte, dem Vater
der neuen Aanoes!
Der einäugige Sperber, Häuptling."
Die Nationalen Backfische schreiben:
„wir sind unentwegt für die glottc! Die Schiffe
müssen für siebzehn Jahre bewilligt werden. Denn
siebzehn Jahre sind die schönste Zeit, wir hoffen und
wünschen aber auch, daß den Leekadetten die Ver-
sendung von Ansichtspostkarten und der Schnurrbart
instruktionsmäßig zur Pflicht gemacht werden. Anix
und Außhändchen. Miele für viele.
NB. Ls heißt doch Backbord, weil auf der Leite
die Rüche liegt, nicht wahr?
NB. Ansichtskarten, besonders aus Lhina, bitte!
bitte! Unsere Papas sagen, es gäbe so eigene An-
sichten darüber."
Selbst die „Einjährigen" Deutschlands, welche
noch nicht entwöhnt sind, stehen nicht zurück, vor
einigen Tagen erschien eine Lchwarzwälder Amme — in
Nationaltracht natürlich — im Reichsmarineamt, auf
dem Arm ein begeistert greinendes Baby, an dessen
Brustlatz eine Zustimmungsadresse befestigt war, in der
es unter Anderem hieß:
„— schon unsere Gegenwart liegt meistentheils
naß. Linen Soxleth der feuchten Zukunft!"