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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0223
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Nichts ist dauernd als der Wechsel.

(Siehe die Illustration an gleicher Stelle in Nr. 346.)

'njvG' HobelspAhne.

Englands beste Regimenter
Sind zersprengt und dezimirt,

Ueber stramme Soldateska
Das Milizheer triumphirt.

Seht ihn an, den Transvaal-Buren,
Muthig übt er seine Pflicht,

Aber sreilich — auf den Vater,

Auf die Mutter schießt er nicht.

„Das ist mal eine llebcrraschung!" sagte
Mutter Tirpitz, — da wurde über Nacht
aus ihrem sechsjährigen flotten Jungen ein
— siebzehnjähriger.

Daß an dem großen Schicksalstag So sagt der große Kriegsmann White,
Die Heermacht Englands unterlag Uns aber scheint, die Wichtigkeit
Den groben Bauernbataillonen, Des Falls wird maßlos übertrieben.
War lediglich der Esel Schuld; Man hatte ja der Esel mehr,

Die Beester sind vor Ungeduld Und auch der größte, nämlich er,

Entflohn und zwar mit den Kanonen. War rücksichtsvoll zurückgeblieben.

'

Vergeßlichkeit ist eine Tugend bei Ministern, besonders wenn sie
preußische sind, — sie erspart das Halten von Versprechungen.

Den Recke ersetzt
Herr von Rheinbaben,

Im Reichstag wird er
Kaum mehr Schwein haben.

Ich stehe in dem ungerechten Verdacht, ein Streikbruder zu sein.
Wenn aber heuer die Jasager im Reichstag streiken würden, so würde
ich ihnen ein donnerndes „Steh' fest" zutrinken.

Womit ich verbleibe Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Kntpjr und Konsorten.

Jede Schlschkschisf-Vrrmrhrung
Dringt un« 'nr feine Vrfchrrrung!

Jeder MarinrpMn
Füllt unsre Anise nn.

Juckt Ttrpist mit den Wimpern,

Hört man'« im Ksstrn klimpern!

Jede« Hurratzgeschrei:

Wir machen'« Geschäft dabei!

Jede« „Alldeulfchland hoch!"

Nn« trägt e» Zinsen noch.

Und gar da» Sexennat
Für uns rin Frrlfrn grad!

Werden Mir ;rr waiser stark,

Kriegen Mir noch viel mehr Mark.

Drum schrei'n Mir unverMandt:

„Für Gott, König und Vaterland!« M. E.

Eine flotte Flottenrede.

Gehalten von Herrn v. Tirxitz auf einem Bankett des
Alldeutschen Vereins im Äaiserhof zu Berlin.

Meine Herren! Die Sache, welche uns heute
hier beschäftigt, ist an sich ja vollkommen klar.
Der Reichstag hatte im verflossenen Jahre in
richtiger Würdigung der Bedürfnisse des Volkes
und unserer, auf dein Wasser liegenden Zukunft,
sich den Wünschen der Reichsregierung und meinen
Darlegungen nicht verschlossen und das Flotten-
Sexennat bewilligt. Schon die Thronrede er-
klärte, daß das eine „patriotische Thal" gewesen
sei, welche „die dankbare Würdigung kommender
Geschlechter finden würde". Ich kann mich der
Auffassung nur anschließen und erklären, daß die
Sicherung, wenn nicht die Rettung des Vater-
landes damit umfassend bewirkt ist.

Nun nöthigt mich die verletzende Skepsis ge-
wisser Blätter (H°rt, horty, die Reichsregierung
und mich persönlich von einer böswilligen Ver-
dächtigung zu reinigen. Wir haben nun fast ein
ganzes Jahr schon an dem Sexennat festgehalten
— und dennoch wagt man es, die Reichsregie-

rung sozusagen eines Kontraktbruchs für fähig
zu halten. Das ist unwürdig, meine Herren!
(Lebhafter Beifall.)

Ich für ineine Person muß es als Beanlter
und Offizier auf das Entschiedenste zurückweisen,
daß in meine Worte Zweifel gesetzt und von mir
vollzogene Abmachungen durchbrochen werden
könnten! (Stürmischer Beifall.)

(Der Herr Marineminister trinkt einen Schluck Wasser
und überfliegt dabei ein Telegramm aus Hamburg, das
ihm eben überreicht wird, wobei seine Rechte in nachdenk-
licher, kratzender Bewegung sich hinter seinem Ohre beschäftigt.
Dann aber entschlossen und militärisch straff:)

M. H.! Somit glaube ich, alle ungebührlichen
Zweifel in unsere Vertragstreue zerstreut zu haben.
Lassen Sie mich nun noch mit ein paar Worten
auf die internationale Lage kommen, welche ja
die eigentliche Basis unserer Flottenbestrebungen
ist. Da die Marine gegen den inneren Feind
leider nicht in Betracht kommen kann, hängt sie
mit ihrer ganzen Entwicklung ausschließlich von
der Weltpolitik ab. Unsere Stellung in dem
Völkerkonzert ist nach wie vor eine durchaus
friedliche. Wir haben gar keine andere Aufgabe,
als unsere bedrohten Küsten, unsere über- und
unterseeischen Interessen, verschiedene Handlungs-
häuser und unsere Pachtungen zu schützen. Aber,
m.H., das ist keine so leichte Aufgabe! (Sehr richtig!)
Die internationale Lage stellt wachsende Anforde-
rungen an uns, denen wir uns keinenfalls ent-
ziehen dürfen, wenn wir nicht gezwungen sein
wollen, im Völkerkonzert die Flöte auf den Tisch
des Hauses zu legen oder gar auf deren letztem
Loche pfeifen zu müssen. (Beifall und Heiterleit.)
Und das, m. H., wollen wir doch nicht. Im
Gegentheil. Wir wollen nicht nur auf allen
Löchern der europäischen Konzertflöte, sondern
auch aus allen Kanonenlöchern spielen, wenn
wir es für geboten halten! (Stürmischer Beifall.)
Können wir das aber unter den jetzigen Ver-
hältnissen?! Das, m.H., ist die brennende Frage,
welche ich Ihnen marin ans Herz lege! Wie sieht
es denn um uns aus? Amerika macht die größten
Anstrengungen, eine europäische Seemacht zu

werden. Einige andere Staaten, die ich im
Moment nicht weiß, sind auffallend in dem-
selben Sinne bemüht. Selbst auf den Fidschi-
inseln werden von den Eingeborenen eine größere
Anzahl Kanoes mit ganz neu konstruirten Aus-
legern gebaut. Und kein Mensch weiß, gegen
wen sich all das richtet. Keinenfalls dürfen wir
die Hände in den Schoß legen. Wir müssen
die Augen und Sie den Geldbeutel offen haben!
(Sehr richtig!) Denn was sind angesichts einer
solchermaßen zugespitzten und gefährlichen Situa-
tion die neunzehn Blechkästen, auch Schlacht-
schiffe genannt, welche das Sexennat uns be-
willigt? Nichts, gar nichts, m. H.! Diese Schiffe
genügen nicht einmal zu einer anständigen Parade
im Kieler Hafen, viel weniger denn, um uns
als Weltmacht zu behaupten! (Sehr richtig!) Das
Mindeste, was wir unter diesen Verhältnissen
verlangen inüssen, ist die Vervierfachung der ge-
sammten Schlachtflotte. Die Reichsregierung wäre
sich ihrer Verantwortung nicht bewußt, wenn
sie auch nur einen Schornstein, einen Klüver-
baum von dieser Forderung abließe. Der Reichs-
tag wird sie bewilligen müssen, wenn ihm die
Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft des deut-
schen Vaterlandes am Herzen liegt! (Tosender Beifall.)

Der Reichstag wird jetzt wieder Veranlassung
nehinen, meine bindenden Erklärungen in Ziveifel
zu ziehen. Aber hinter mir steht die Nation, stehen
Sie. (Rektor Ahlwardt: Sehr richtig!) Die Vorlage ist
ja noch gar nicht eingebracht, aber das macht
nichts bei unserem plötzlichen und elektrischen
Betrieb, — in wenigen Tagen wird sie in allen
Einzelnheiten begründet sein und der Genius
Deutschlands wird die Köpfe erleuchten und die
Herzen erwärmen für des großen Deutschlands
große Zukunft! (Lang anhaltender stürmischer Beifall.)

DieAbg.Lehr undHassc beginnen „Deutsch-
land, Deutschland über Alles!" zu singen. Auf
Ahlwardts Intervention wird jedem Verse der
Refrain „Von vorne" und „Von hinten" ab-
wechselnd zugefügt, was eine großartige Wirkung
und Begeisterung erzeugt.

'Ejjr Soeben ist in unserm llerlag erschienen: Zur Erinnerung an Heinrich Heines hundertsten Geburtstag: Cenfknzlied

_2_I („]n lHarseillerbyinnen-tUeise“) für vierstimmigen Männerchor von Aendelin ÜJeissbeitner. Partitur 20 Pfg.
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