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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 16.1899

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https://doi.org/10.11588/diglit.8255#0226
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3124

Wan muß sich nur zu Zelsen wissen.

Die Berliner städtische Schuldeputation hat
an die Rektoren der Gemeindeschulen die Mit-
theilung gesandt, daß sie auch in diesem Winter
die Vertheilung von Frühstück an arme Kinder
während der Unterrichtszeit bestreiten wolle;
doch möge bei der Gewährung desselben in dis-
kreter Weise vorgegangen werden, um nicht die
Begehrlichkeit weniger gut erzogener Kinder
herauszufordern. Auch solle Milch nur an be-
sonders schwächliche Kinder verabreicht werden.

Äs steht, die Arme überschränkend,
versunken tief in Reflexion,

Die Stirne runzelnd, sacht bedenkend.

Die städtische Deputation.

Unübersteiglich scheint die Wippe
Lei diesem Wnd in grauem Zwilch:

Soll man ihm wirklich eine Schrippe
Darbieten, oder etwas Milch?

Wie, — wenn sein Hunger gar nicht ehrlich?
Wenn die Lrziehung minder gut?

Daun macht's die Andern nur begehrlich
Und weckt bei Allen böses Llut!

Man hört ja nicht den Magen knurren, —
(Wer weiß, ob er genügend leer?)

Denn bei dem vielen Stimmensurren
Versteht man kaum sich selber mehr.

Gesetzt den Fall: vom letzten Mahle
Wär' noch darin ein Ueberrest —,

Dann war' Verschwendung ja die Schale
voll Milch sammt Schrippe — o ermeßt!

Und weil aus diesem Irregarten
Aein and'rer Ausweg zu ersehn.

Beschließt, drei Stunden man zu warten —,
Um ja ganz sicher nur zu gehn. ... m. e

Schwer ju sagen!

Vater: Willst Du gehorchen lernen, Du
Bengel! Bin ich Dein Vater oder bin ich es
nicht?

Junge: Ich weiß es nicht, Papa!

Feuerwerker als Erzieher.

Der Nllrokrrhnilrrr oder Runstfeurrwerkrr.

Wir finden den Pyrotechniker Pulvermann
eines schönen Nachmittags emsig mit der Zurüstung
eines „Extra-Gala-Elite-Brillantfeuerwerks" be-
schäftigt, das auf Bestellung der wohllöblichen
Schützengilde in der guten Stadt Schildhausen
auf der Vogelwiese abgebrannt werden soll. Auch
noch als Zivil-Feuerkunsthandwerker bethätigt der
gediente Soldat Pulvermann würdevoll seine auf
Kasernenhöfen erworbene herrenmenschliche Schnei-
digkeit. In nervöser Hast jagt er schnauzend seine
zwei „Lehrlinge" zwischen den Gerüsten hin und her.

Ein recht studirt aussehender alter Herr, der
Justizrath Schluckspccht, auf einem Spaziergang
begriffen, begrüßt den eifrigen Meister. „Nun,
lieber Pulvermann, so fleißig bei der Arbeit?"

„Gehorschamster Diener, Herr Justizrath! Ja,
unsereiner muß sich höllisch plagen. Die Leute,
die Leute! Diese Rotte wird sozusagen immer
fauler, dümmer, unverschämter. Hot' sie derTeufel!
Bomben und Granaten! — entschuldigen Sie, Herr
Justizrath — man möchte aus der Haut fahren!
Zn meiner Zeit war das freilich ganz anders."

„Na, lieber Meister, Sie verstehen es ja, wie ich
sehe, die Kerls in Trab zu bringen. Freut mich. Ja,
das alte Soldatcnblut! Sagen Sie mal, Pulver-
mann, bieten Sie denn heute Abend was beson-
deres ? „Extra - Gala - Elite - Brillantfeuerwerk"
klingt . .. na, sagen mir: ein bischen — viel!"

„Nee, Herr Justizrath, das wird Sie, unter
uns gesagt, so zu sagen man blos so'n Kommiß-
feuerwerk vor's gewehnliche Volk un vor die
Schützcnbrieder. Sie verstehen mir, Herr Justiz-
rath? Ich werde doch meine Perlen nich vor die
Säue werfen! I, wo werde ich! Man muß sich
den Geschmack und den Bildungsgrade des Publi-
kums verakklimatisiren. Sie verstehen mir, Herr
Justizrath? Un dann hat der Familienvater doch
ooch als Geschäftsmann zu rechnen un will bei
die theuren Zeiten so zu sagen was verdienen."

„Da haben Sie völlig recht, mein lieber
Pulvermann. Na, dann auf ein ander Mal.
Adieu!"

„Empfehle mich ganz gehorschamst, Herr Justiz-
rath!"

Abends.

Eine riesige Volksmenge beiderlei Geschlechts
durchwimmelt und umwimmelt die Vogelwiese.
Alle Kneipzelte sind überfüllt. Endlich geht's los.
Ein halbes Dutzend Kanonenschläge erdröhnen
schnell hintereinander. An drei Stellen kommt
nach und nach Rothseuer in Gang. Die Stadt-
kapelle dudelt den Torgauer Marsch, dann unter
dem Geknatter von einem Dutzend verfrühter
Frösche: „Ich bin ein Preuße..." Wieder Kanonen-
schläge, etwas kräftiger als die früheren. Die
freudige Erregung des Volkes wächst sichtbarlich.
In einem Kreise von Honoratioren wird das Ur-
theil laut: „Donnerwetter, der versteht's! Ein
Hauptkerl, der Pulvermann! Wäre übrigens gar
kein übler Stadtverordneter, praktischer Mann,
spielt famosen Skat, ist bekannt wie ein bunter
Hund." — Der Herr Bürgermeister nickt beifällig.

Erneuter Kanonendonner, verstärkt durch die
Böllerartillerie der wohllöblichen Schützengilde,
Rothfeuer, Grünfeucr, Blaufeuer, Raketengarbcn
zischen empor... Tsch... tsch... sch... ff...
sfff... puch, pnch, pnch... Ein, Regen bunter,
anscheinend etwas nothleidender Leuchtkugeln...
Ah... ahhh... ahhhhh... Bum, bum! Zwei
„Erdwürfe" schleudern kleinkalibrige Schwärmer
und Frösche hoch... Tsch... sch... sch... sch...
rrr... ratata... ratatata... brrr... puch, puch,
puch... bum, bum... bum!

Ein Trupp alter Kriegervereinler hat sich zu-
sammengefunden. Die Veteranen begeistern sich
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