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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 17.1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.8185#0119
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3263

Da, wo sich die Wagen am dichtesten dräng-
ten, wo die Blumen wie ein Regen herunter-
fielen zwischen die Räder und zwischen die
Füße, ward gerade die Alte hinübergeführt
ins Gefängniß, die Mutter Fumasoli. Solch

Und auch sie sah nichts von der sinnlosen
Orgie jener Feiernden, die über zertretenen
Blumen und zertretenen Herzen ihren Tanz
aufführt.

Vor ihren Augen war das Bild ihres Giu-

nieder. Eine rothe Geranienblüthe, aus einem
Wagen geworfen und abgelenkt vom Ziel.

Mutter Fumasoli zuckte zurück, strauchelte,
sah ängstlich zur Seite nach dem sie führenden
Polizisten und setzte dann sorgfältig ihren

ein Anoncr für die Festlichen alle! So ui
schickt ist diese Polizei! Zum Glück sähe,
nur Wenige, und schnell kehrten sie sich
Die gebeugte Greisin, die in Ehren alt
worden, und nun, im siebenundsechzig

Jahre noch zur Diebin entartete Mutter

masoli!

seppe, der bei sechzehnstündiger Arbeit täglich
Hungers gestorben.

Was kümmerten sie jene Wagen? Was jene
fremden, in Seide und Gold gekleideten Leute?

Welcher Zusammenhang war zwischen jener
Welt und der ihren?

Da fiel plötzlich etwas zu ihren Füßen

Fuß daneben, so daß er den Zweig nicht be-
rührte. Sie bekreuzte sich wie vor einem
höllischen Blendwerk, — wollte der Teufel
sie hier zum zweiten Male versuchen?

Und gebeugt und wankenden Trittes folgte
sie dem Polizisten ins Gefängniß, um dort
ihre Strafe wegen Diebstahls abzubüßen.
 
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